Wie man sie zum Schweigen bringt
gesehen hatte.
Am nächsten Tag war es immer noch warm. Ich betrachtete den neuen Briefkasten, den Antti und ich am Abend aufgestellt hatten. Mit seinem glänzenden Rot stach er scharf von unserem alten Haus ab. Am Sonntag hatten wir die Wohnungsinserate gelesen und auf dem Rückweg aus Inkoo eine Doppelhaushälfte in Masala besichtigt, die wir uns leisten konnten. Allerdings war der Gedanke, Wand an Wand mit Nachbarn zu leben, nicht gerade verlockend. Für den Sommerurlaub hatten wir nur einen einzigen Plan: eine neue Wohnung zu finden. Der Sachwalter der Erbengemeinschaft, der unser jetziges Zuhause gehörte, hatte aus der kleinen Nachricht in der Zeitung geschlossen, bei der Hauptkommissarin, auf die ein Bombenanschlag verübt worden war, müsse es sich um mich handeln, und besorgt angerufen. Seine Sorge galt allerdings nicht uns: Er wollte wissen, ob das Grundstück Schäden davongetragen hatte.
»Der große Vogelbeerbaum hat einige Splitter im Stamm, mal sehen, ob er es übersteht«, hatte Antti gesagt, und der Sachwalter hatte erleichtert aufgeatmet.
Ich hatte gegenüber der Presse keinen Kommentar abgegeben, sondern alle Nachfragen an die Ermittler vom Kriminalamt weitergeleitet. Wir hatten uns darauf geeinigt, den Vorfall möglichst herunterzuspielen. Mit seinen Drohungen und Anschlägen versuchte Salo, seine Position als einer der Anführer im Knast zu stärken, und dabei wollten wir ihm nicht auch noch Hilfestellung leisten.
Am Montagabend besuchten Antti, Iida und ich Einstein, der noch sehr müde wirkte. Er trug einen Verband um den Bauch und einen Plastiktrichter um den Hals, der ihn daran hinderte, die Wunde zu lecken. Mit seiner Halskrause sah er aus wie der Hofkater von Elisabeth I. Falls keine Komplikationen auftraten, sollte er am nächsten Wochenende entlassen werden. Es tat mir schrecklich Leid, die kläglich miauende Katze in ihrem Maschendrahtkäfig zurückzulassen. Wenn es um Iida gegangen wäre, hätte ich das Krankenhaus keine Sekunde lang verlassen. Am Morgen hatte ich mit Helvi, ihrer Tagesmutter, gesprochen und sie gebeten, mich sofort anzurufen, falls sie in der Umgebung ihres Hauses etwas Verdächtiges beobachtete. Es ärgerte mich maßlos, dass ich sie mit meiner Furcht anstecken musste, die unweigerlich auch auf die Eltern ihrer anderen Schützlinge übergreifen würde. Salo hätte sein Vergnügen daran gehabt.
Als ich am Dienstag zur Arbeit kam, hatte Eija Hirvonen bereits ein Foto von Rahnastos Kleintransporter aufgetrieben. Ich hatte vor, es Mela zu geben, der am wenigsten zu tun hatte. Für ihn wäre es eine gute Gelegenheit, den Umgang mit älteren Zeugen zu üben, und die Gewissheit, dass eine sichere Identifikation uns einen großen Schritt voranbringen würde, konnte seinem Selbstbewusstsein nur gut tun. Doch während der Besprechung überlegte ich es mir anders: Ich wollte zuerst mit Taskinen sprechen. Die Ermittlungen über den Mord an Marko Seppälä traten immer noch auf der Stelle. Puustjärvi überprüfte Pistolen, die zu der gefundenen Kugel passten, aber das würde uns kaum weiterbringen, da Drogenhändler in aller Regel illegale Waffen benutzten.
Nach der Besprechung bat ich Koivu und Wang zu mir. Koivu war sommerlich gekleidet, er trug weiß-blau gestreifte Shorts, aus denen die starken Oberschenkel und die blassen Knie schüchtern hervorlugten.
»Ihr habt heute Nachmittag Zeit, oder? Dann fahrt bitte zu Suvi Seppälä und zeigt ihr ein Foto von Reijo Rahnasto. Vielleicht kann sie ihn ja identifizieren . «
»Rahnasto? Meinst du den Kommunalpolitiker? Mit dem haben wir doch schon gesprochen, als wir die Ausschusskollegen von Ilveskivi befragt haben. Er wusste nichts«, sagte Koivu.
»Da wäre ich mir nicht so sicher . «
»Warum hast du uns den Auftrag nicht bei der Besprechung erteilt? «
»Weil«, fing ich an, vollendete den Satz aber nur in Gedanken: Weil ich nicht weiß, wem ich trauen kann. Auf dem Schießstand und auf der Herrentoilette wird allerhand geredet.
»Ich hab's einfach vergessen, aber ihr tut nichts Regelwidriges. Es geht um den Mord an Seppälä . «
Koivu nickte, wechselte aber mit Wang einen skeptischen Blick.
»Okay, Chefin«, sagte er, wobei er das letzte Wort merkwürdig betonte. Es wäre mir lieber gewesen, er hätte mir offen gesagt, was ihm gegen den Strich ging, doch er schwieg. Die beiden gingen Seite an Seite hinaus, offenbar hatte sich ihr Verhältnis wieder eingerenkt.
Muukkonen rief an, um mir zu berichten, dass
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