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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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ihn nie erlebt hatte. »Du hast deinem Dezernat diesen neuen Ermittlungsstrang hoffentlich noch nicht präsentiert? «
    »Nein. Ich habe lediglich Koivu und Wang gebeten, Suvi Seppälä ein Foto von Rahnasto zu zeigen .  «
    »Am besten widerrufst du den Befehl«, sagte Taskinen und sah an mir vorbei zum Fenster hinaus. Als ich keine Antwort gab, wandte er mir das Gesicht zu. Es war grau wie gefrorene Hefe.
    »Maria, hast du mich gehört? Ich werde mich bei Koivu erkundigen, ob du den Befehl widerrufen hast. Du wirst doch deine Untergebenen nicht zum Lügen anstiften? «
    »Natürlich nicht .  «
    Ich würde den Auftrag zurückziehen, aber niemand konnte mich daran hindern, selbst zu Suvi zu gehen. Ich betrachtete Taskinens sauber geschnittene Nägel und sein schmales Kinn. Ich mochte ihn unglaublich gern. Warum tat er mir das an, gerade jetzt, wo ich seine Unterstützung gebraucht hätte?
    »Wer hat angeordnet, die Ermittlungen im Fall Ilveskivi einzustellen? «
    »Das kann ich nicht…« Taskinen schrak unmerklich zusammen und fuhr fort: »Das haben wir gemeinsam beschlossen, der Polizeichef, sein Vize und ich. Gut, dass du mit deiner Rahnasto-Theorie zuerst zu mir gekommen bist. Bei der obersten Leitung hättest du damit unnötig Staub aufgewirbelt. Lass Honkavuoris Gerede auf sich beruhen. Wenn du mit dem Rauschgiftdezernat und dem Begeka zusammenarbeitest, wird sich früher oder später auch der Tod von Marko Seppälä aufklären. Ich verstehe ja, dass du unter Druck stehst und Ergebnisse vorlegen willst. Hast du schon mit dem Polizeipsychologen über den Bombenanschlag gesprochen? «
    »Ich geh heute Nachmittag zu ihm .  «
    »Gut .  « Taskinen stand auf und erwartete ganz offensichtlich, dass ich mich verabschiedete. Ich blieb jedoch sitzen, ich hätte gern etwas gesagt, wusste aber selbst nicht, was. Taskinen humpelte zum Fenster, sein Bein schien ihm starke Schmerzen zu bereiten. »Ich muss gleich nach Otaniemi, an der Polizeihochschule findet ein Seminar über Immigrations und Asylfragen statt. Die brauchen wenigstens einen, der liberalere Auffassungen vertritt .  « Er lachte gezwungen.
    »Dann geh doch zu deinem Seminar! « Ich stieß meinen Stuhl so heftig zurück, dass er über den glatten Linoleumbelag rutschte und gegen den Couchtisch stieß. Taskinen war mit einem Satz bei mir und legte seine Hand auf meine Schulter. Da er mich um fast zwanzig Zentimeter überragte, wirkte die Geste zwangsläufig herablassend.
    »Maria, jeder kann sich mal irren. Nimm es nicht zu schwer .  «
    Ich schüttelte seine Hand ab und stürzte auf den Flur. Meine Kehle war wie zugeschnürt, mein Herz raste wie nach einem Lauf in hügeligem Gelände. Wie dumm war ich doch gewesen! Auch Vorgesetzte haben Chefs, und Taskinens Bosse wollten ihre guten Beziehungen zur Stadtführung nicht aufs Spiel setzen.
    Koivu war bei einer Vernehmung, ich erreichte ihn am Handy.
    »Aha, also kein lustiges Bilderraten mit Suvi Seppälä? «, fragte er.
    »Nein. Wo ist Rahnastos Foto jetzt? «
    »Auf meinem Schreibtisch .  «
    Er gab mir die Erlaubnis, das Bild zu holen, die Tür sei nicht abgeschlossen. Ich stürmte hinein, ohne anzuklopfen, weil ich annahm, das Zimmer sei leer. Doch zu meiner Überraschung saß Puupponen am Computer und wurde bei meinem Anblick ganz blass vor Schreck.
    »Entschuldige bitte, ich wusste nicht, dass du hier bist«, sagte ich und schnappte mir Rahnastos Foto. Am liebsten hätte ich es zerrissen, ich hatte unbändige Lust, etwas zu zerschlagen und zu zerstören. Wenn der Termin beim Psychologen nicht gewesen wäre, hätte ich den Sandsack im Fitnessraum bearbeiten müssen.
    »Schreibst du das Protokoll von Jarkolas Vernehmung? «, fragte ich, um den Eindruck zu erwecken, ich kümmerte mich um meine Untergebenen, dabei interessierte es mich absolut nicht, was Puupponen tippte.
    »Was? Nein. Ich hab nur was… Schreibt man ›Tipp‹ mit einem ›p‹ oder mit zwei? «
    »Mit zwei. Sehr lobenswert, dass du es mit der Rechtschreibung so genau nimmst«, sagte ich, machte auf dem Absatz kehrt und ging in mein Zimmer. Ich hatte eine Reihe E-Mails erhalten; während ich sie beantwortete, legte sich meine Wut. An ihre Stelle schlich sich Scham, die es mir schwer machte, zum Essen in die Kantine zu gehen, obwohl ich hungrig war. Es kam mir vor, als hätte mir jemand mit Lippenstift das Wort »Loser« auf die Stirn geschrieben. Eine Hauptkommissarin, die sich nicht aufraffen konnte, in der Nacht aufzustehen

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