Wie man sie zum Schweigen bringt
Schwalben den Krähen, die sich als Herren aufspielten. Immer fand sich einer, der die Vögel füttern wollte, und ein anderer, der versuchte, sie für seine Katze zu fangen.
Letzten Endes war ein Besuch im Gefängnis für mich verhältnismäßig leicht. Als Polizeibeamtin im Dienst brauchte ich nicht einmal eine oberflächliche Durchsuchung über mich ergehen zu lassen. Man führte mich in eine nach Schweiß riechende Vernehmungszelle, deren angeschlagene Sperrholzmöbel ebenso gut im Büro einer wenig erfolgreichen Firma hätten stehen können. Unglaublich, dass ich nur ein paar hundert Meter von Salo entfernt war. Ich hatte kein Tonband mitgenommen, mein alter Notizblock musste genügen. Wenn Mikke wirklich etwas wusste, würde ich Muukkonen einschalten.
Ein Wärter öffnete die Tür und führte Mikke Sjöberg herein. Er trug keine Handschellen. Nach Auskunft des Gefängnisdirektors war er ruhig, litt jedoch zeitweilig unter schweren Depressionen. Er war noch magerer als vor anderthalb Jahren und hatte seine Seglerbräune verloren. Ich stand nicht auf und gab ihm nur kurz die Hand, doch ich nahm alles wahr: die Fingerknöchel, über denen sich die Haut spannte, die hellbraunen Haare, die auf Ohrlänge gewachsen waren. Die blaugrauen Augen wichen meinem Blick aus. Erst als der Wärter gegangen war, sah Mikke mich an.
»Na, was weißt du? Schieß los«, sagte ich und erwiderte seinen Blick.
»Hast du den Anschlag gesund überstanden? Und deine Familie? In der Zeitung stand nur, Personen seien nicht zu Schaden gekommen . «
»Unsere Katze hat die Bombe ausgelöst und Splitter abbekommen. Sie wird aber wieder gesund . «
»Du siehst müde aus. Probleme bei der Arbeit? «
»Das Übliche. Und wie geht es dir? «
Er zuckte die Achseln und verzog den Mund. »Habt ihr euer Boot schon zu Wasser gelassen? «
»Antti und mein Schwager mit seinen Söhnen haben es am Wochenende vor. Aber ich bin in Eile. Was weißt du über die Bombe? «
Mikke beugte sich vor, und ich fürchtete sekundenlang, er werde mich bei den Händen fassen, doch er stützte nur die Ellbogen auf und legte das Kinn auf die Hände.
»Um hier nicht verrückt zu werden, gehe ich möglichst oft in den Fitnessraum. Glaubst du übrigens, dass ich in der Bewährungsfrist Tagestouren mit dem Segelboot machen darf? Na, jedenfalls, vor ein paar Tagen hatte im Fitnessraum ein Aufseher Dienst, der sich nicht weiter darum kümmert, was abgeht. Ich war gerade beim Bankdrücken, als Salo hereingestürmt kam und anfing, die Gewichte auf den Boden zu schmeißen. Der Wärter ist stillschweigend gegangen. Ich dachte, er wollte Verstärkung holen, aber nein. Plötzlich war niemand mehr da außer mir, Salo und seinen treuesten Vasallen. Ich habe immer versucht, mich aus allem herauszuhalten, aber in dem Moment habe ich überlegt, ob ich Salo auf die Füße getreten war, ohne es zu wollen, und ob er mich jetzt zusammenschlagen würde. Aber die Männer haben mich überhaupt nicht bemerkt. Ich habe versucht, nicht zuzuhören, und einfach weitertrainiert. Hier ist es gesünder, nichts zu sehen, nichts zu hören und nichts zu sagen . «
Er grinste plötzlich, rund um seine Augen erschienen Lachfältchen. Sie waren tiefer als bei unserer letzten Begegnung.
»Dann hörte ich plötzlich, wie Salo deinen Namen nannte. Ich wusste nicht, dass du auch auf seiner Abschussliste stehst. In dem Zeitungsbericht wurde nichts davon erwähnt . «
»Das hätte Salo nur geschmeichelt . «
»Ich finde ihn unerträglich. Er schien wütend zu sein, weil ihm jemand mit dem Anschlag auf dich zuvorgekommen war. Er sprach von einem Jani Väinölä. Wuss…«
»Was? Väinölä? « Ich sprang auf.
»Warte doch mal. Dieser Väinölä hat offenbar noch eine Reststrafe abzusitzen und steht gerade wegen einem neuen Delikt vor Gericht. Salo sagte, er könne es kaum erwarten, dass Väinölä wieder zurückkommt. Er würde ihm ordentlich den Marsch blasen. Da habe ich mich entschlossen, ein Risiko einzugehen und zu fragen, ob er von dir gesprochen hätte. Ich habe ihn wissen lassen, wer mich geschnappt hat. Haben dir vorgestern Abend nicht die Ohren geklungen? «
»Ich glaube nicht. Höchstens ein bisschen . «
Ich lächelte unwillkürlich, doch das lag nur an meiner Aufregung.
Väinölä steckte also hinter dem Anschlag? War er derart wütend auf mich, weil ich ihn daran gehindert hatte, Abdi zu verprügeln?
»Väinölä hatte geprahlt, er hätte einen fetten Job an Land
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