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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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beschaffen! Ich schlage vor, wir schicken Väinölä in seine Zelle und lassen ihn über das Wochenende schmoren. Ich sehe zu, was ich aus den Freudenmädchen rausholen kann. Große Hoffnungen mach ich mir allerdings nicht .  «
    Ich ging noch einmal mit in den Vernehmungsraum, wo Hakala das Protokoll fertig schrieb. Väinölä lag halb auf dem Tisch, mit den Armen vor dem Gesicht. Sein Körper zuckte unkontrolliert, über den faltigen Nacken lief Schweiß.
    »Sollen wir einen Arzt holen? Er könnte dir was gegen die Zuckungen geben«, sagte ich. Väinölä hob den Kopf. Seine rot geäderten Augen sahen mich misstrauisch an.
    »Willst du mich verarschen? «
    »Nein .  «
    »Bist du Mutter Teresa, oder was? «
    »Ein Mensch«, antwortete ich. »Davon sind dir in deinem Leben wahrscheinlich nicht viele begegnet. Und wenn meiner Tochter was passiert wäre, würde ich jetzt auch nicht menschlich mit dir umspringen. Aber was soll's, du lernst sowieso nichts mehr dazu .  «
    »Ich hab nicht gewusst, dass du ein Kind hast! «, brüllte Väinölä und donnerte die Faust auf den Tisch. Hakala sprang auf, bereit zum Eingreifen. »Der Typ hat nur von deinem Mann gesprochen, einer von diesen verdammten langhaarigen Hippiepazifisten. Von Blagen hat er nichts gesagt! Ein niedliches kleines Mädchen, danke bestens für das Foto. Ich hab sie tot daliegen sehen, wie ich letzte Nacht phantasiert hab. Deine Leute haben ihre Sache gut gemacht! « Wieder legte er den Kopf auf die Arme und jaulte wie ein hungriger Windhund.
    »Dann haben wir die gleichen Albträume«, sagte ich leise und ging. Ich bat den Aufsichtsbeamten, den Polizeiarzt zu Väinölä zu schicken.
    Zum Mittagessen ging ich mit Puustjärvi und Puupponen in die Kantine. Puupponen sprudelte geradezu vor dummen Witzen. Er hatte einige Tage zuvor in einem Lokal eine Frau kennen gelernt, die ihm erzählt hatte, sie sei Anthroposophin und wolle am nächsten Tag zu einem Arzt der gleichen Geistesrichtung gehen, der durch Betrachtung ihres Ätherleibs die Ursache ihrer chronischen Nackenschmerzen feststellen werde.
    »Ich hab gesagt, wenn ich heute Abend genug Bier trinke, hab ich morgen auch einen Ätherleib, aber sie hat nicht mal gelächelt, sie ist einfach gegangen«, grinste er. Ich wäre fast an meiner Lasagne erstickt. Auf dem Flur in unserem Dezernat kamen mir Koivu und Wang entgegen.
    »Hör mal, Anu, was um Himmels willen habt ihr Väinölä gestern gesagt? «
    Sie lächelte verschmitzt, der schwarze Zopf schwang ihr von der Schulter auf den Rücken.
    »Wir haben ihm nur ein bisschen Angst gemacht. Wir haben ihm erzählt, Salo wäre fuchsteufelswild, weil er ihm mit dem Anschlag zuvorgekommen ist. Er warte nur darauf, ihn in der Haftanstalt in die Finger zu kriegen. Offenbar hatte Salos Spezi Jarkola ihm das auch schon gesagt, denn er wurde ganz blass. So weiß wie die finnische Fahne«, lachte sie.
    »Das hat dir anscheinend Spaß gemacht«, sagte ich verblüfft.
    »Rate mal, wie oft Typen wie er mich schon als schlitzäugige Hure beschimpft haben? Natürlich hab ich es ihm mit Vergnügen heimgezahlt! Liisa hat ihm versprochen, der Richter würde ihn vielleicht in ein anderes Gefängnis einweisen, wenn er kooperativ sei. Väinölä hatte solche Angst um seine Haut, dass er ihr alles abgekauft hat .  «
    »Und das Foto von Iida? Was habt ihr damit gemacht? «
    »Ich hab es ihm vor die Nase gehalten und gesagt, dieses Mädchen holt oft morgens die Zeitung. Bisher hat er ja noch keinen umgebracht. Ich wusste nicht, was dabei herauskommen würde, aber offenbar hat das Foto genau die richtige Wirkung gehabt .  «
    »Ich bin euch beiden was schuldig«, lachte ich. »Nächsten Donnerstag, nach dem Fußballspiel. Eis, Bier oder beides? «
    Anu, die nie mehr als ein Glas trank, sagte, sie wolle beides. Meine Freude über Väinöläs Geständnis war gedämpft. Leute wie er waren nur durch Drohungen und Druck zu beeinflussen, und wenn wir bei der Polizei zu diesen Mitteln griffen, setzten auch wir die Kette der Gewalt fort. Aber gab es andere Möglichkeiten?
    »Ich hab die Nase gestrichen voll von diesen Väinölä-Typen. Immer dasselbe: Vater unbekannt, Mutter setzt sich nach Schweden ab, das Kind kommt ins Waisenhaus, dann zu Pflegeeltern und mit siebzehn ins Jugendgefängnis. Wem soll man da die Schuld geben? In diesem Land hat doch jeder die freie Wahl. Behauptet jedenfalls die Handyreklame .  «
    »Manche haben sie ja«, meinte Anu, dann zog Koivu sie mit sich.

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