Wie man sie zum Schweigen bringt
ist bestimmt unser Nachbar. Wenn er besoffen ist, kommt er manchmal hier angetanzt. Er bildet sich wahrscheinlich ein, ich brauchte männliche Gesellschaft, nachdem Marko nicht mehr ist. Ich sag ihm…« Suvi öffnete die Tür und flüsterte mir wütend ins Ohr: »Es fing gerade an zu laufen, er hat zugegeben, dass er Marko gekannt hat . «
Ohne mich um ihre abwehrend ausgestreckten Arme zu kümmern, ging ich hinein und winkte Liisa, mir zu folgen. Reijo Rahnasto saß mit Besitzermiene im Wohnzimmer, doch bei unserem Anblick entgleisten seine Gesichtszüge. Er stand auf, brachte aber kein Wort heraus.
»Guten Abend, Herr Rahnasto«, sagte ich und reichte ihm die Hand, die er teilnahmslos drückte. »Polizeimeister Rasilainen und ich schauen nur kurz vorbei, um zu sehen, wie es Suvi geht. Ich wusste gar nicht, dass Sie die Familie Seppälä kennen . «
Rahnasto setzte sich, überlegte es sich dann anders und stand wieder auf.
»Soll ich Kaffee kochen? Ich hab auch noch Kuchen und Kekse von der Beerdigung«, bot Suvi mit gekünstelter Freundlichkeit an.
»Ich wollte gerade gehen«, sagte Rahnasto schnell.
»Ach nein, Reijo, noch nicht. Wir haben noch so viel zu bereden. Du hast doch gerade gesagt, du hast Marko gekannt. Mir ist auch eben erst klar geworden, dass er oft von dir gesprochen hat . «
An Rahnastos Hals pochte eine Ader, auf dem Kragen seines hellgrauen Jacketts lagen Schuppen. Eine Brille hätte ihm gut gestanden, sie hätte die Tränensäcke verborgen und seinem glatten Gesicht Charakter gegeben. Kein Wunder, dass Jani Väinölä seinen Auftraggeber nicht recht beschreiben konnte. Rahnasto hatte keine auffälligen Merkmale.
»Ich habe ihn nicht gekannt, ich bin ihm nur einmal begegnet. Wir verkehren in unterschiedlichen Kreisen . «
»Marko hat mir etwas ganz anderes erzählt. Du hast ihm einen gut bezahlten Job verschafft. Sogar ein Handy hat er von dir gekriegt«, beharrte Suvi. Ihre Augen glänzten dunkel, die Nasenspitze war weiß wie nach einem langen Skilauf in der Kälte.
»Das stimmt nicht. Ich muss jetzt wirklich gehen«, sagte Rahnasto. Er stand mit dem Rücken zum Fenster, durch das Jukka Airaksinen neugierig ins Zimmer starrte. Konnte er dort draußen hören, was gesprochen wurde?
»Warum bist du überhaupt gekommen, wenn du Marko nicht gekannt haben willst? «, bohrte Suvi nach.
»Als du sagtest, du seist eine Witwe mit drei kleinen Kindern, bekam ich Mitleid. Ich wollte mich erkundigen, ob ich als Stadtverordneter etwas für dich tun kann . «
Seine Stimme war gleichzeitig ölig und heiser, es war die Stimme eines Menschen, der es gewöhnt ist, jede Situation zu meistern.
»Du hast versprochen, mir etwas abzukaufen - das hier«, sagte Suvi und zog ein ganz normales Etui für Handys aus der Tasche ihrer Jeans. Auf schwarzem Kunstleder stand in Goldbuchstaben »Nokia«, darunter prangte ein kleineres Logo, das blauweiße Zeichen von Rahnasto Industrial Security Service.
»Das Ding ist kaputt. Marko hatte mich gebeten, es auf der Ledernähmaschine im Kurs zu reparieren, aber ich hab's vergessen. Es hat die ganze Zeit in meinem Arbeitskorb gelegen. Woher sollte Marko einen Handybeutel mit dem Logo deiner Firma haben? «
»Wahrscheinlich hat er ihn gestohlen, darauf soll er sich doch so gut verstanden haben! «, brüllte Rahnasto und ging zur Tür. Suvi lief ihm nach, ich versuchte sie zurückzuhalten. Sie hatte schon genug angerichtet, indem sie Reijo Rahnasto fast unser ganzes spärliches Arsenal präsentierte. Um unsere minimalen Indizien umzupusten, brauchte es keinen Staranwalt.
Suvi klammerte sich an Rahnastos Arm, wobei sich sein Jackett öffnete und den Schultergurt eines Holsters freilegte. Er machte sich mit geübtem Griff von ihr los, doch sie ließ sich nicht so leicht abschütteln. Sie warf sich ihm an den Hals, als wollte sie ihren Geliebten umarmen. Da rastete er aus und schleuderte sie gegen die Wand, bevor Liisa Rasilainen und ich dazwischengehen konnten. Suvi sackte auf den Boden und fing an zu weinen.
»Das war ihre eigene Schuld, Sie haben ja gesehen, wie sie mich angegriffen hat«, sagte Rahnasto und strich sich über das Gesicht, in dem Suvis Ring einen tiefen Kratzer hinterlassen hatte.
»Ja, wir haben es gesehen. Am besten fahren wir aufs Präsidium, die Sache klären«, gab ich kühl zurück.
»Ich lass meine Kinder nicht allein! «, fauchte Suvi. »Ich hab nichts getan. Aber den müsst ihr einbuchten! Er hat Marko umgebracht! « Es
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