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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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einer Band nichts verloren. Offenbar war ich mit meiner Bassgitarre damals wirklich eine Ausnahmeerscheinung gewesen. Zum Glück würde Iida sich nicht als Freak zu fühlen brauchen, wenn sie eines Tages in einer Band mitspielen wollte.
    Ich ging zur Bushaltestelle. Es war bewölkt und deutlich kühler als in den letzten Tagen. Da der letzte Bus nach Henttaa schon um halb zehn gefahren war, wollte ich die Linie 121 nach Kuitinmäki nehmen, wo ich mein Fahrrad abgestellt hatte. An der Haltestelle wartete bereits ein etwa 15-jähriger Somali, der genau wie ich zusammenzuckte, als zwei Männer aus dem Park auf der anderen Straßenseite kamen. Den kleinen, dicken Glatzkopf erkannte ich schon an der Art, wie er ging, und als das Licht einer Straßenlampe auf die beiden fiel, wusste ich auch, wer der andere war. Jani Väinölä und sein Kumpel Pirinen.
    Ich zog mich in den Schatten zurück, denn auf eine Begegnung mit Väinölä legte ich keinen Wert. Ohne Rücksicht auf hupende Taxis überquerten die beiden Männer die Straße, blieben stehen und klopften ihre Taschen ab. Im selben Moment kam ein gut gekleideter Mann mittleren Alters an die Haltestelle, hielt jedoch wohlweislich Abstand von den beiden Skinheads. Pirinen wollte sich gerade eine Zigarette anzünden, als Väinölä eine Idee hatte: »Scheiße, warum sollen wir unsere eigenen Kippen rauchen, die Lakritzstange hat bestimmt welche .  « Er trat auf den Somali zu, der zwar nicht kleiner, aber mindestens dreißig Kilo leichter war. Als auch noch Pirinen hinzutrat, schien der Junge in sich zusammenzuschrumpfen.
    »He, Nigger, rück die Glimmstängel raus. Oder verstehst du kein Finnisch? «
    Der elegante Mann zog sich unauffällig zurück, er wollte sich nicht einmischen. Als Privatmann konnte er sich das erlauben, aber ich war Polizistin.
    »Lasst ihn in Ruhe«, sagte ich und trat ins Licht. Im selben Moment blitzte etwas auf: Der Junge hatte ein Messer gezückt.
    »Verpisst euch! «, zischte er. Von mir nahm niemand Notiz, bis ich mich zwischen die Männer drängte.
    »Väinölä, lass den Jungen in Ruhe! «
    »Was piepst denn da für 'ne Tussi…« Väinölä drehte sich um und grinste, als er mich sah.
    »Die Kommissarin hat scheint's Ausgang. Wie siehst du denn aus? Biste Undercover? «
    »Gib mir das Messer«, sagte ich zu dem Somali. »Ich bin von der Polizei .  «
    Der Junge sah mich verwundert an. Es fiel ihm offensichtlich schwer, mir zu glauben, doch schließlich gehorchte er.
    »Und ihr zwei haut jetzt ab! «, befahl ich Pirinen und Väinölä.
    »In 'nem freien Land wird man ja wohl an der Haltestelle stehen dürfen! Wir haben nix getan, ist doch kein Verbrechen, 'ne Zigarette zu schnorren. Aber der da, der hat ein Messer gezogen .  «
    »Wenn ihr nicht sofort verschwindet, könnt ihr die Nacht in der Zelle verbringen«, sagte ich und griff nach meinem Handy. Allein würde ich mit den beiden nicht fertig werden, aber sie würden es vermutlich nicht wagen, in aller Öffentlichkeit eine Polizistin zusammenzuschlagen.
    »Komm mir nicht dauernd in die Quere, das ist ungesund«, knurrte Väinölä böse, bevor er abzog.
    »Und du? «, fragte ich den Jungen, dem meine Anwesenheit ganz offensichtlich unangenehm war, »wohin fährst du? «
    »Nach Hause .  «
    »Und wo ist das? «
    »In Kivenlahti .  «
    »Wann fährt dein Bus? «
    »Um zwölf nach .  «
    »Meiner kommt gerade um die Ecke! Fahr mit mir bis Tapiola, da kannst du umsteigen .  «
    Der Junge warf mir einen misstrauischen Blick zu, stieg aber mit ein. Ich setzte mich zu ihm auf die Rentnerbank.
    »Wie heißt du? «
    »Abdi .  « Er starrte beharrlich auf seine Schuhspitzen.
    »Ich heiße Maria. Warum hast du das Messer gezogen? Du weißt doch sicher, dass es verboten ist, eine Stichwaffe bei sich zu haben? «
    »Die hätten mich sonst zusammengeschlagen .  «
    Darauf gab es kaum etwas zu erwidern. Abdi würde sich morgen ein neues Messer kaufen, denn allein war er sonst schutzlos. Die meisten somalischen Jugendlichen bewegten sich darum auch nur in größeren Gruppen.
    Bis zum Verkehrskreuz Otaniemi saßen wir schweigend nebeneinander, dann nahm ich meine Visitenkarte aus der Brieftasche.
    »Ich bin die Chefin des Gewaltdezernats bei der Espooer Polizei. Wenn du bedroht wirst, wende dich lieber an mich, als eine Messerstecherei anzuzetteln. So was geht meistens schief .  «
    Abdi gab keine Antwort, nahm aber die Karte an sich, bevor er in Tapiola ausstieg. Erst da fiel mir

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