Wie man sie zum Schweigen bringt
ein, dass Väinölä und Pirinen womöglich mit dem nächsten Bus kamen und ihn an der Haltestelle stehen sahen. Wahrscheinlich hätte ich ihm besser ein Taxi nach Hause spendiert. Es war ein einsamer Weg von Kuitinmäki nach Henttaa, nur wenige Autos überholten mich. Abdis Messer lag schwer in meiner Jackentasche. Ich hatte ihm verschwiegen, dass auch ich immer ein Messer in der Handtasche hatte. Bisher hatte ich es erst einmal gebraucht. Die Nacht roch angenehm nach frischem Laub, aber ich erschrak sogar vor dem vertrauten Rauschen des Windes in den alten Bäumen an der Vähän-Henttaantie.
Wieder schlief ich unruhig. Ich träumte von einer Messerstecherei zwischen Skinheads und Punkern, an der auch Abdi und Petri Ilveskivi beteiligt waren.
NEUN
Am nächsten Morgen fragte ich bei der Bereitschaft nach, ob während der Nacht jemand zusammengeschlagen worden war, und atmete erleichtert auf, als der Diensthabende verneinte. Ich brachte Abdis Messer in die Asservatenkammer, wo es auf unbekannte Zeit liegen würde. Während der Morgenbesprechung schweiften meine Gedanken immer wieder zu Jani Väinölä ab, der sicher nicht lange auf freiem Fuß bleiben würde. Er war einer derjenigen, die immer einen Feind brauchen, um zu wissen, wer sie sind. Gegen Schwarze, gegen Kommunisten, gegen die EU. Als man Antti gebeten hatte, bei der Kommunalwahl zu kandidieren, hatten wir einen vergnüglichen Abend damit verbracht, uns die verrücktesten Wahlslogans auszudenken, zum Beispiel »Nieder mit der Plastiktüte und dem Motorsport«. Schließlich hatte er jedoch beschlossen, die Kandidatur auszuschlagen. Ich war erleichtert gewesen, denn ich musste mir am Arbeitsplatz ohnehin allerhand anhören, weil mein Mann Mitglied im Naturschutzbund war. Das Dezernat für Berufs und Gewohnheitskriminalität, kurz Begeka genannt, wusste überraschend viel über ihn. Eines Tages würde ich jemanden aus der EDV-Abteilung dazu anstiften, wie ein Hacker in die Datenbanken des Begeka und der Sicherheitspolizei einzudringen, um zu erfahren, was dort über Antti gespeichert war.
Abgesehen von dem Mordfall Ilveskivi, hatten wir gute Fortschritte erzielt. Mela war äußerst zufrieden mit sich selbst, denn die Schlägerei in Leppävaara war im Handumdrehen aufgeklärt worden, was er auf seine überragenden detektivischen Fähigkeiten zurückführte. In Wahrheit war es ein lächerlich einfacher Fall gewesen, zudem kannte Lahde, Melas Partner, die Beteiligten von früheren Zwischenfällen gleicher Art. Trotzdem ließ ich dem jungen Kollegen die Freude, denn Erfolgserlebnisse sind im Polizeidienst dünn genug gesät.
»Ich versuche immer noch, Laura Laevuori zu erreichen«, sagte Wang, als ich nach dem Stand der Ermittlungen im Fall Ilveskivi fragte. Es dauerte einen Moment, bis ich mich erinnerte, dass es sich um die Nachwuchsautorin handelte, die Kim Kajanus zurzeit des Anschlags fotografiert haben wollte.
»Die DNA-Ergebnisse von Ilveskivis Leiche sollen heute Nachmittag vorliegen«, erklärte Koivu müde. »Vielleicht ergibt sich daraus eine Spur . «
Ich fragte mich, wie ich meinen Leuten Kampfgeist einimpfen sollte, der mir selbst abging, und kam zu keiner Lösung. Unmittelbar nach der Sitzung klingelte mein Handy.
»Kallio«, meldete ich mich und trat auf den Flur, wo weder das Klappern der Kaffeetassen noch Lahdes tiefe Seufzer zu hören waren.
»Suvi Seppälä hier, hallo! Habt ihr meinen Marko schon geschnappt? «
»Nein, wieso? «
»Scheiße, Mann! « Ihre Stimme brach, ich hörte sie schluchzen.
»Irgendwas stimmt da nicht . «
»Du hast also noch immer nichts von ihm gehört? «
»Nein! Und… Er bringt mich um, wenn er erfährt, dass ich mit den Bullen rede, aber… Er ist noch nie so lange weggeblieben, ohne sich zu melden… In Kotka ist er nämlich nicht. Ich hab gelogen . «
»Bist du jetzt bei deinem Kurs? «
»Zigarettenpause. Wenn's sein muss, kann ich mich aber absetzen . «
»Kannst du aufs Präsidium kommen? Frag am Eingang nach mir . «
»Ich bin gleich da«, sagte sie und legte auf.
Meine Hände zitterten vor Aufregung, schnurstracks ging ich in Koivus Zimmer, um ihm von Suvis Anruf zu berichten. Wir beschlossen, sie zu dritt zu befragen, Koivu, Wang und ich. Suvi hatte aus ihrem Datsun offenbar das Letzte herausgeholt, denn schon eine Viertelstunde später saß sie in meinem Büro.
»Du möchtest also deine Aussage über die Ereignisse am letzten Dienstag ändern? «, fragte ich
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