Wie man sie zum Schweigen bringt
verkaufen. Sie bieten uns Vorkaufsrecht . «
Sein Gesicht war blass und grimmig, zwischen den Augenbrauen hatten sich zwei senkrechte Falten gebildet.
»Wie viel verlangen sie? «, fragte ich und strich Iida die dunklen Locken aus der Stirn. Sie lief ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein, die »Mumins« fingen gerade an.
»Als Erstes wird der Bauzustand überprüft, dann legt der Makler seine Schätzung vor. Größere Schäden hat das Haus wohl nicht. Es braucht einen neuen Anstrich und ein paar kleinere Reparaturen, aber das Grundstück ist immerhin einen halben Hektar groß, und dem Bebauungsplan nach reicht das Baurecht noch für ein zweites Haus. Dazu kommt die ruhige Lage. Die Erbengemeinschaft wird mindestens anderthalb Millionen verlangen, die Preise sind wahnsinnig in die Höhe gegangen . «
»O Gott, was für ein Tag! Heute geht aber auch alles schief«, seufzte ich und holte eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank.
Zum Glück lag noch Paella in der Tiefkühltruhe. Ich stellte sie zum Auftauen in die Mikrowelle und suchte im Gewürzschränkchen nach frischem Safran, der zusammen mit einem Schuss Weißwein das Gericht aufpeppen würde.
Antti legte die Arme um mich, wir wiegten uns im Takt des Muminliedes, während die Mikrowelle surrend die Paella vom Eis befreite. Abwechselnd tranken wir aus der Flasche, die sich rasch leerte. Wir wussten beide nicht, was wir sagen sollten. Anderthalb Millionen Finnmark waren eine ungeheure Summe. Wir hatten etwa zweihunderttausend Mark gespart, vor anderthalb Jahren hatten wir die letzte Rate unserer Studiendarlehen bezahlt. Wenn wir über eine Million Mark Kredit aufnahmen, konnten wir Mutterschaftsurlaube und Sabbatjahre abschreiben.
In stillem Einverständnis ließen wir die Sache ruhen, leerten aber beim Abendessen die Weißweinflasche auf unseren Kummer. Der leichte Schwips stellte sich wie eine Brandmauer zwischen mich und meine Probleme, und es wäre leicht gewesen, die Mauer mit ein paar Whiskys zu verstärken, doch ich wehrte mich gegen die Versuchung. Lieber spielte ich mit Iida Kaufladen, ihr derzeitiges Lieblingsspiel, merkte allerdings immer wieder, dass ich nicht mehr wusste, was ich gerade gekauft hatte. Als die Kleine schlief, las ich in Petri Ilveskivis Unterlagen, aus denen hervorging, dass Bebauungsplanung keine einfache Sache war. Petri hatte sich für das U-Bahn-Projekt interessiert und es offenbar vorsichtig in der Fraktion der Grünen verteidigt, in der die Meinungen weit auseinander gingen.
Neben der geplanten U-Bahn-Trasse hatte Petri sich besonders intensiv mit der Bauleitplanung für sein Wohngebiet Latokaski und mit dem Teilplan für den Zentralpark befasst. Er hatte sich für eine dichte Bebauung mit Einfamilienhäusern eingesetzt, die die Erhaltung größerer, geschlossener Grünzonen ermöglichte.
In den Unterlagen fanden sich auch Memoranden über die Erschließung des Gebiets Laajalahti. Der Technologiekomplex in Otaniemi drängte auf Erweiterung, doch es gab keinen Baugrund mehr. Die Bucht vor Keilaniemi wurde bereits aufgefüllt, aber in Petris Ordner befand sich auch ein Entwurf, der die Auffüllung der Bucht zwischen den Inseln Karhusaari und Hanasaari vorsah. Espoo war stolz auf seine Meereslage, doch in letzter Zeit schien man auch die letzten öffentlichen Ufergebiete privatisieren zu wollen. Karhusaari stand allerdings unter Naturschutz, dort konnten weder Bürohäuser noch Luxusvillen gebaut werden.
Ich schlief über den Unterlagen ein, kein Wunder nach dem Wein am frühen Abend. Als Antti mich wachrüttelte, schaffte ich es gerade noch, mir die Zähne zu putzen und das Nachthemd anzuziehen. Am nächsten Morgen erwachte ich schon vor sechs Uhr. Es war so hell, dass ich nicht mehr einschlafen konnte. Also stand ich auf, trank ein Glas Orangensaft und ging nach draußen, um eine Runde zu joggen.
Bis auf den spärlichen Verkehr auf der Turkuer Autobahn waren noch keine von Menschen erzeugten Geräusche zu hören. Dafür lärmten die Vögel umso lauter. Ich musste zweimal hinsehen, bevor ich meinen Augen traute: Am Waldrand stand ein Elch, sicher ein vorjähriges Kalb, das sich beim Äsen verirrt hatte. Als er mich bemerkte, verharrte er reglos und blähte die Nüstern. In den Tälern hingen noch Nebelschwaden, die Maiglöckchen hatten ihre äußeren Blätter geöffnet und zeigten ihre grünen Blütenknospen. Am Wegrand leuchteten Sumpfdotterblumen.
Antti und Iida schliefen noch, als ich zurückkam. Ich setzte
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