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Wie redest du mit mir

Wie redest du mit mir

Titel: Wie redest du mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Thurmaier , Joachim Engl
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Ähnliches.
    Und dann gibt es noch einen besonders gemeinen Trick, um dem armen Sprecher den Rest zu geben. Dieser Trick scheint auf den ersten Blick das genaue Gegenteil vom »Cool-Bleiben« zu sein. Wir nennen ihn »Gefühlsaussagen als Waffe einsetzen«. Wie gesagt: Auf den ersten Blick scheint es das genaue Gegenteil vom »Cool-Bleiben« zu sein, wenn jemand auf die Worte des Sprechers mit einem Wein- oder Schreikrampf, einem Wutausbruch oder einem pathetisch inszenierten Verzweiflungsakt reagiert.
    Selbst wenn diese heftig geäußerten Gefühle tatsächlich im Ansatz empfunden werden, wird die massive Art und Weise ihrer Äußerung den jeweiligen Sprecher erheblich unter Druck setzen und ihn nicht gerade zum Weitersprechen ermutigen.
    Daneben gibt es die vielleicht noch häufigere Form, dass diese Gefühlsäußerungen nur aufgesetzt, ja sogar richtig in Szene gesetzt werden, um den Sprecher in die Enge zu treiben. Hier wird die Parallele zum »Cool-Bleiben« besondersdeutlich. Denn ob ich auf den Sprecher überhaupt nicht reagiere oder ob ich mir überlege, welches Gefühl ich wie inszenieren soll, um ihn in meinem Sinne zu beeindrucken, kommt beinahe auf das gleiche heraus. In beiden Fällen zeige ich nicht, was wirklich in mir vorgeht, verunsichere den Sprecher dadurch und ermutige ihn nicht gerade weiterzumachen.
    Stellen Sie sich einen Sprecher vor, der sich schweren und heftig klopfenden Herzens durchgerungen hat, seinem Partner etwas »Unangenehmes« aber für den Bestand der Partnerschaft sehr wichtiges mitzuteilen (z.   B., dass die vor Jahren gemeinsam ausgehandelte Regelung, jetzt noch keine Kinder zu bekommen, für ihn jetzt keine Gültigkeit mehr hat) und der mit dieser Selbstöffnung an einen Zuhörer gerät, der eine der vorgestellten Varianten des »Cool-Bleibens« spielt. Anstatt für seinen Mut und seine Offenheit gelobt zu werden, wird er dafür bestraft. Die Gefahr besteht, dass er sich in Zukunft hüten wird, das auszusprechen, was in ihm vorgeht. Der Zuhörer hat somit einen kurzfristigen Sieg errungen. Er muss sich momentan nicht mit dem Thema des Sprechers auseinandersetzen. Doch zu welch hohem Preis werden solche Siege erkauft?
    Eine Partnerschaft, in der wichtige Gefühle und Bedürfnisse aus Angst vor Bestrafung durch den anderen nicht mehr angesprochen werden, ist zwangsläufig zum Scheitern verurteilt.
    Dritte Weghör-Regel: Ich weiß eh’ schon, was du sagen willst
    Von dieser Weghörregel gibt es wieder etliche Varianten, die alle dazu dienen, dem Sprecher zu signalisieren, dass ich mich entweder nicht für das Gesagte interessiere, dass mich das alles langweilt, weil ich es eh’ schon kenne, oder dass ich das alles schon viel besser weiß.
    Der geübte Weghörer kann sich unter anderem auch dadurch auszeichnen, dass er vorgibt, dem Sprecher, wenn es sein muss auch stundenlang, zuzuhören, dabei zwischendurch auch brav nickt und »mhm« sagt – so vermeidet er den »Pokerface«-Effekt, ab und zu auch mal ein »ist ja toll«, »nein aber auch«, »was du nicht sagst«, »na du bist mir aber auch einer« oder ähnliches mehr fallen lässt – so vermeidet er den »Cool-Bleiben«-Effekt – ohne wirklich zu verstehen, was der Sprecher meint. Das wichtigste dabei ist: Bloß keine Fragen stellen. Wenn z.   B. der Sprecher komplizierte Zusammenhänge erklärt, für deren Verständnis Ihnen noch eine ganze Menge an zusätzlichen Informationen fehlt, dann fragen Sie bloß nicht nach. Sie könnten sich ja eine Blöße geben, und der Sprecher könnte denken: »Was, nicht einmal das weiß der?« Das wäre doch sehr peinlich, und deshalb nicken Sie verständnisvoll, auch wenn Sie rein gar nichts mehr verstehen und dies Ihnen eigentlich leid tut. Denn das wichtigste ist, das Gesicht zu wahren.
    Oder ein noch schwerwiegenderes Beispiel, in dem es für den echten Weghörer noch wichtiger ist, bloß nicht nachzufragen: Stellen Sie sich vor, der Sprecher erzählt ganz Persönliches von sich. Sie sind daran sehr interessiert, insgeheim bewundern Sie auch den Sprecher, wie der »aus sich herausgehen« kann. Doch ein paar Stellen sind Ihnen noch unklar. Sie wüssten gar zu gerne, wie der Sprecher sich in den beschriebenen Situationen genau gefühlt hat, was dabei in seinem Kopf vorging. Und Sie würden ihn am liebsten danach fragen. Tun Sie das bloß nicht! Denn Gefahr ist in Verzug. Der Sprecher könnte Ihr Interesse und Ihre Anteilnahme spüren. Ja, es könnte sogar so weit kommen, dass er nun

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