Wie redest du mit mir
ungleich verteilt. Wir sprechen deshalb von »einseitiger Dominanz«. Wie bei vielen anderen Paaren mit einseitiger Dominanz meint es auch in unserem Beispiel die dominierende Person mit dem Partner keinesfalls böse. Sie fühlt sich nicht nur für sich und die Beziehung, sondern auch für den Partner verantwortlich und entscheidet dementsprechend für beide. Wenn mir jegliche Verantwortung abgenommen wird, so kann ich das eine Zeit lang sogar als ganz angenehm empfinden. Bald jedoch wird das Gefühl, entmündigt zu werden, vorherrschen, und ich werde meinen dominierenden Partner in allem und jedem boykottieren, so gut ich nur kann. Umgekehrt wird sich mein Partner unverstanden und schließlich restlos überfordert fühlen. Das ist wohl die größte Gefahr für Beziehungen wie die der Nudel-Holzens: Beide geraten unter Druck, fühlen sich vom jeweils anderen getäuscht und ziehen sich schließlich enttäuscht und tief frustriert aus ihrer Partnerschaft zurück. Umso wichtiger ist es also, dass solche Paare möglichst frühzeitig Gefühle wie die oben beschriebenen nach allen Gesprächsregeln der Kunst zum Ausdruck bringen. Nur so lässt sich mehr Ausgewogenheit herstellen, die wiederumdringend nötig ist, um Partnerschaft auf Dauer befriedigend erleben zu können.
Als drittes Paar gibt es noch Viktor Hick und Viktoria Hacker, bereits aus der Eröffnung bekannt, und ein klassisches Hick-Hack-Paar. Hier scheinen Macht und Einfluss in der Beziehung auf beide gleich verteilt zu sein. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch schnell deutlich, dass dieses Gleichgewicht ziemlich instabil ist. Beide verhalten sich nämlich so, als müssten sie sich dem Partner gegenüber mit aller Kraft durchsetzen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten, um nicht in ihrem »Paarkampf« als Verlierer dazustehen. Wohlgemerkt: Auch wenn die letzten Sätze recht negativ klingen, Viktor und Viktoria mögen sich trotz allem sehr gern. Und beide leiden unter diesem (wett-)kampfmäßigen Verhalten. Genau das ist auch die große Gefahr in solchen Beziehungen, da ein Großteil dieser Kämpfe ausgesprochen verletzend ausgetragen wird. Jede Verletzung aber reißt Wunden, die die gegenseitige Liebe langsam aber sicher schwinden lassen. Die wichtigste »Beziehungs-Arbeit« für die beiden – und alle ebenso gearteten Paare – wird darin bestehen, eine positivere, weniger verletzende Form des Gesprächs zu entwickeln. Nur so wird sich bei beiden das nötige Vertrauen herausbilden können, die dahintersteckenden Gefühle selbst wahrzunehmen und dann auch dem anderen mitzuteilen.
Doch schauen wir uns zunächst einmal unsere drei Paare etwas genauer an. Gewisse Ähnlichkeiten mit Ihnen bekannten Personen – eventuell sogar mit Ihnen selbst – wären durchaus nicht rein zufällig.
4. 1. 1. Friedemann Heger und Clementia Pfleger und die Idealisierung
Friedemann ist 33 Jahre alt. Er stammt aus einem kinderreichen Elternhaus. Seine vier Geschwister (zwei Brüder und zwei Schwestern) und er hatten unter den Wutanfällen ihres Vaters viel zu leiden. Besonders wenn dieser abends völlig frustriert von seiner Fließbandarbeit heimkam, ging es bei Hegers recht lautstark zu. Seine Mutter, deren »böse Zunge« in der ganzen Nachbarschaft gefürchtet war, war die ideale Kampfpartnerin für Friedemanns jähzornigen Vater. So flogen während der zahlreichen elterlichen Auseinandersetzungen nicht nur sprichwörtlich die Fetzen. Friedemann als der Älteste hatte alle Hände voll zu tun, seine vier Geschwister vor diesen unberechenbaren Ungewittern einigermaßen zu schützen. Und nur der »vornehmen Zurückhaltung« der Nachbarn war es zu »verdanken«, dass die fünf Kinder nicht behördlicherseits vor ihren eigenen Eltern in Schutz genommen wurden.
Auch stellte Friedemann sich schon sehr früh die Aufgabe, zwischen seinem Vater und seiner Mutter zu vermitteln; eine Aufgabe, an der jedes Kind zwangsläufig scheitern muss. Es war sehr schmerzlich für ihn, einsehen zu müssen, dass er seinen Eltern nicht aus ihrem Teufelskreis der Gewalt heraushelfen konnte. Aber eines schwor er sich damals: Falls er jemals eine eigene Partnerschaft eingehen oder sogar eine eigene Familie gründen sollte, dann würde er alles anders machen. Jede Form von Wut und Aggression würde er gewissenhaft aus dem eigenen Hause herauszuhalten wissen. Wofür gibt es denn schließlich Boxhandschuhe und die dazugehörigen Sandsäcke, oder deutsche Autobahnen ohne
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