Wie Rosenblätter im Wind: Mittsommerhochzeit (German Edition)
seiner Abreise, dass er sich diese Fragen stellte. Er befand sich auf dem Weg nach Kronborg Slott, der Residenz der schwedischen Königsfamilie, die auf der Insel Lovö nahe Stockholm im See Mälaren lag. Hier würden am 19. Juni, also in gut zwei Monaten, die Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit der Kronprinzessin mit ihrem ehemaligen Tanzlehrer und Inhaber einiger Tanzstudios mit Niederlassungen in Stockholm und Umgebung stattfinden. Doch damit hatte Mårten nichts zu tun, er folgte lediglich der Einladung zu einer Spendengala.
Ausgerechnet er, der sich bereits vor zwei Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte.
Das Ganze war, wenn man es genau betrachtete, vollkommen absurd. Abgesehen vom alten Thorbjörn, der schon seit einer gefühlten Ewigkeit für ihn arbeitete und sich im Laufe der Zeit zu einem väterlichen Freund entwickelt hatte, vermied er den Kontakt zu anderen Menschen völlig. Schon jetzt wünschte er sich zurück zu der alten Mühle, ein paar Kilometer außerhalb von Stockholm, die er damals, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, gekauft und aufwendig restauriert hatte.
Nein, er wollte nicht hier sein, ganz gewiss nicht. Die Einladung war von allerhöchster Stelle gekommen, und trotzdem hätte er sie normalerweise einfach ignoriert. Den Ausschlag für seine Entscheidung, ihr schließlich dennoch Folge zu leisten, hatte auch nicht die Tatsache gegeben, dass es sich um die Spendengala einer gemeinnützigen Organisation handelte, für die er sich bereits seit vielen Jahren engagierte. Jedenfalls nicht ausschließlich. Es lag vor allem an dem Namen, der unter dem Einladungsschreiben stand, das ihm vor etwas mehr als zwei Wochen ins Haus geflattert war.
Ein Name, der einige lang verdrängte, unliebsame Erinnerungen in ihm hervorgerufen hatte.
Milla Rosenblad.
Wie konnte sie es wagen, sich nach allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, an ihn zu wenden? Hinzu kam, dass alle Welt wusste, dass er nichts mehr mit dem Musikgeschäft zu tun hatte! Die Zeiten, in denen er eine Person des öffentlichen Lebens gewesen war, lagen weit hinter ihm – auch wenn einige Vertreter der Presse das noch immer nicht zu begreifen schienen.
Er würde Milla gewiss nicht den Gefallen tun und den blendend gelaunten Entertainer spielen. Dieser Teil von ihm war vor fast auf den Tag genau zweieinhalb Jahren gestorben. Damals, als …
Er schüttelte den Kopf, wie um die Geister der Vergangenheit zu vertreiben, die ständig in seiner Nähe lauerten. Sie warteten nur auf einen Augenblick der Schwäche, um über ihn herzufallen. Doch dies war weder der richtige Ort noch der passende Zeitpunkt, und so schob er die Erinnerungen so weit wie möglich fort – wohl wissend, dass er ihnen immer nur für kurze Zeit entkommen konnte.
Stattdessen schürte er seine Wut auf Milla, die ihm auf gewisse Weise sogar half, denn sie lenkte ihn von den Geschehnissen ab, die sein Leben nun schon seit geraumer Zeit überschatteten. Wieder und wieder tauchten die Bilder vor seinem geistigen Auge auf, die Bilder von dem Augenblick, als …
Nein, nicht schon wieder! Angespannt fuhr er sich mit der Hand durch sein dichtes schwarzbraunes Haar und zwang sich, wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Er musste endlich damit aufhören, ständig über die Vergangenheit nachzugrübeln. Was passiert war, konnte nichts und niemand auf der Welt mehr ändern. Besser, er akzeptierte die Dinge so, wie sie nun einmal lagen.
Überrascht stellte er fest, dass der Dampfer die Insel Lovö fast erreicht hatte. An ihrem Nordostufer hob sich die hellgelbe Barockfassade von Schloss Kronborg prächtig gegen den strahlend blauen Frühlingshimmel ab. Die lange Front des dreistöckigen Hauptgebäudes mit ihren zahllosen Fenstern, Erkern und Torbögen spiegelte sich im Wasser des Sees. Oben auf dem Dach, dessen Schindeln grünlich im Sonnenlicht schimmerten, flatterte an einem Fahnenmast die schwedische Nationalflagge – das Zeichen dafür, dass die königliche Familie anwesend war.
Wie ein Schloss aus den Geschichten seiner Kindheit wirkte es auf Mårten.
Es war einmal vor langer, langer Zeit …
Doch die Tage, in denen sein Leben an ein Märchen erinnert hatte, waren längst vorüber. Besser, er fand sich endlich damit ab.
Er würde Milla sagen, was er von ihrer Einladung hielt, und anschließend auf schnellstem Wege wieder nach Hause zurückkehren.
Als das Schiff am Pier anlegte, atmete er noch einmal tief durch und straffte die Schultern.
Dann ging er
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