Wie Samt auf meiner Haut
wohlplazierter Kanonenschüsse, ehe endlich die weiße Flagge gehißt
wurde und die Valiant ihr Bramsegel einholte und längsseits ging.
»Lassen Sie
die Passagiere an Deck antreten«, befahl Drury dem Kapitän der Starfish. »Sie
sollen an Steuerbord Aufstellung nehmen.«
Black
Dawson, der neben Jason stand, starrte aufmerksam hinüber. »Sieh dir das an,
Freundchen.« Ein dicker Ellbogen stieß ihn
in die Rippen. »Siehst du die Röcke? Seit drei Monaten hatte ich keine mehr.
Sieht aus, als wäre die Trockenzeit zu Ende.«
Jason
überfiel Übelkeit. Am Schanzkleid stand ein halbes Dutzend bleicher Frauen.
Wortlos ließ er den stämmigen ersten Maat stehen und ging auf der Suche nach
Drury heckwärts.
»Ihre Leute
wollen den Frauen Gewalt antun. Sie müssen es verhindern.«
Der Kapitän
warf ihm über seine Pfeife hinweg einen Blick zu. »Hawkins, du bist nicht dafür
geschaffen. Warst es nie. Ich hätte dich nicht mitnehmen sollen.« Er drehte
sich um und sah zu seiner Besatzung hin, die bereitstand, die Starfish zu
entern, sobald die Enterhaken griffen und die Schiffe miteinander verbanden.
Kapitän
Drury zog den Pfeifenstiel zwischen den Zähnen hervor. »Tut mir leid, mein
Junge. Ich bin zwar der Captain, kann meine Leute aber nicht davon abhalten,
sich zu nehmen, was ihnen zusteht. Außerdem sind die meisten Frauen verheiratet.
Ein bißchen Bettsport wird ihnen nicht schaden. Die kennen einen Mann zwischen
ihren Beinen.«
»Aber es
war mehr als Bettsport«, sagte Jason zu Velvet, während die Erinnerung an das
Entsetzen von damals ihn wie einen schweren Brecher erfaßte. »Sie zerrten die
Frauen an Deck und rissen ihnen die Kleider vom Leib. Die Männer, die sie
verteidigen wollten, wurden mit Entermessern und Säbeln von oben bis unten
aufgeschlitzt und den Fischen zum Fraß ins Wasser geworfen.«
Velvet ließ
einen leisen Laut hören, und die Hand, die seine festhielt, zitterte. Dennoch
zwang er sich fortzufahren, die Szene zu beschreiben, die sich auf Deck
abspielte, eine Szene wie aus Dantes Inferno, die ihn bewog, den Kapitän
anzufle hen, er solle dem wüsten Treiben Einhalt gebieten, ehe er selbst
vergebens einen Versuch unternahm, der damit endete, daß er bewußtlos in seinem
eigenen Blut auf dem schwankenden, eigenen blankgescheuerten Deck landete.
Stunden
später rissen ihn wüstes Gelächter und Gegröle aus seiner Ohnmacht. Die Männer
hatten die Rumfässer aus dem Frachtraum der Starfish heraufgeholt und
sich vollaufen lassen.
Sein
Schädel brummte, sein Sichtvermögen war getrübt, dennoch rappelte er sich auf
und starrte über Bord. Die Starfish trieb wie ein Gespensterschiff auf
der rauhen See, ihr Deck war verlassen. Alle Männer hatte man sofort über Bord
geworfen, während die Frauen erst von der Besatzung mißbraucht worden waren,
ehe man sie ins Wasser kippte.
Jason, der
eine Platzwunde am Kopf und eine tiefe Schramme seitlich im Gesicht
davongetragen hatte, stand neben dem Kapitän und starrte zum blutigen Deck der Starfish. Sein getrübter Verstand konnte das Geschehene nicht fassen.
Und in diesem Moment sah er sie. Ein Mädchen, nicht älter als elf oder zwölf,
ein zartes, durchscheinendes Geschöpf mit großen, erschrockenen Augen und
langem, kastanienbraunem Haar. Black Dawson hatte sie unter Deck gefunden, wo
sie sich irgendwo im Rumpf des Schiffes versteckt hatte, das er eben in Brand
gesetzt hatte.
Nun
schleppte er das Mädchen triumphierend zu seinen Gefährten, ihre schlanke
Gestalt wie eine kostbare Prise schwenkend, eine, die er selbst zu genießen
gedachte, ehe er sie an die anderen weiterreichte.
Jason stürzte
blindwütig vor, kaum imstande, an sich zu halten. Drurys Hand umklammerte ihn
wie ein Schraubstock.
»Du kannst
nichts tun.«
Jason
starrte den Mann an, den er einst als Freund betrachtet hatte. »Sie müssen
ihnen Einhalt gebieten. Sie ist nur ein Kind.«
Der Kapitän
schüttelte den Kopf. »Zu spät. Wenn es dir ein Trost ist – du hattest recht.
Wir hätten das Schiff nicht aufbringen sollen. Ich bedaure es sehr, aber es
ist nun mal geschehen.«
»Aber das
Mädchen ...«
»Sie werden
sie nehmen, einer nach dem anderen. Und dann werden sie sie ins Wasser werfen
wie die anderen. Jetzt sind sie im Blutrausch. Versuchst du, sie aufzuhalten,
wird es dein Tod sein, und dem Mädchen wird es nichts nützen.«
»Nein! Man
kann nicht zulassen, daß sie die Kleine töten!« Jason schüttelte entsetzt den
Kopf. »Sie ist doch noch ein Kind!« Er drehte
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