Wie Samt auf meiner Haut
nicht, als er geradeaus in die
Dunkelheit starrte.
»Ach, du
lieber Gott.« Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen. Velvet stellte die
Kerze mit zitternden Händen auf den Boden und näherte sich ihm behutsam. An
seiner Seite niederknieend, legte sie die Arme um seinen Nacken und drückte
ihre Wange an seine.
»Jason,
mein Geliebter. Ich bin es, Velvet. Alles wird gut.« Noch immer sagte Jason
nichts und stierte nur vor sich hin. »Jason, bitte ... ich bin es, Velvet.«
Da rührte
er sich fast unmerklich. Sie spürte, wie er einen tiefen Atemzug tat, dann noch
einen und immer mehr Luft in seine Lungen zwang. Er blinzelte mehrmals, dann
schüttelte er den Kopf, als müsse er sich von einem Traum losreißen. Sie rückte
ab und sah ihm ins Gesicht, sah, daß sein Blick die Umgebung erfaßte.
»Velvet ?«
»Ja,
Liebling, ich bin da.« Sie wischte die Tränen weg, die ihre Wangen benetzten,
beugte sich vor und küßte ihn auf die Lippen. »Geht es dir gut?«
Seinem
tiefen, verzweifelten Seufzer folgte Kettengerassel. »Velvet, du hättest nicht
kommen sollen.«
»Jason, wo
warst du, als ich eintraf? Was hast du gesehen?«
Sein Blick
erfaßte sie im Kerzenlicht, eindringliche blaue Augen, die in seinem von tiefen
Furchen durchzogenen Gesicht leuchtend hervortraten. »Die Vergangenheit«,
sagte er einfach. »Der Grund, weswegen du nicht hättest kommen sollen.«
»Ich mußte
kommen. Ich mußte dich sehen. Ich mußte mich vergewissern, daß alles in Ordnung
ist. Du bist mein Mann, Jason.« Sie hielt seinen Blick fest. »Und ich liebe
dich. Ich scheute mich, es dir zu sagen, aber jetzt ... jetzt sollst du es
wissen. Ich liebe dich. Schon lange.«
Seine
Halsmuskeln zuckten, doch er sagte kein Wort. Dann fiel sein Kopf vornüber. Als
er ihn langsam wieder hob, sah sie, daß sein Kinn dunkel verfärbt war und seine
Lippen aufgeplatzt und geschwollen.
Er streckte
die Hände aus und umfaßte ihr Gesicht. »Ich wollte nie, daß du mich liebst. Ich
versuchte es dir beizubringen, versuchte, dich gegen die Liebe zu mir zu
schützen. Es tut mir leid, wenn ich dir Schmerzen bereitet habe und daß ich
dich mit Kummer belastete.«
»Mir tut es
nicht leid. Ich liebe dich. Mir ist jeder gemeinsame Augenblick lieb und wert.
Ich bete um deine Freilassung, damit wir wieder zusammensein können.«
Er
schüttelte den Kopf. »Dazu wird es nicht kommen. Auch wenn ein Wunder geschieht
und ich hier lebend herauskomme, ist es zwischen uns aus. Was wir teilten, ist
Vergangenheit.«
»Nein, sag
das nicht. Ich ...«
»Du liebst
mich nicht. Du bildest es dir nur ein. Der Mann, den du liebst, existiert
nicht. Nicht mehr. Schon lange nicht mehr.«
»Das ist
nicht wahr. Du bist genau der Mann, für den ich dich halte, und noch viel
besser.«
Ohne ihre
Worte zu beachten, tastete er mit seinem Finger ihre Unterlippe entlang,
federleicht. »Ich war sehr selbstsüchtig, Herzogin. Ich hätte dich nie
anfassen dürfen, hätte dich auch nie heiraten dürfen. Ich hätte dich vielmehr
in Ruhe lassen sollen. Dann wäre dir kein Leid geschehen.« Jason blickte sich
in der stinkenden, rattenverseuchten Zelle um, sah Velvet an seiner Seite auf
dem Strohsack knien, und sein Herz wurde schwer. Sie hatte an einem Ort wie
diesem nichts zu suchen, hätte gar nicht wissen sollen, daß es dergleichen gab.
Er war der
Grund ihres Hierseins. Es war seine Schuld – wieder einmal.
Er strich
mit dem Finger ihr Kinn entlang und wünschte, er hätte ihr nicht wieder wehtun
müssen, wünschte, er hätte ihr die Wahrheit ersparen können, doch dafür war es
jetzt viel zu spät.
»Du
möchtest wissen, was ich sah, während ich hier in der Dunkelheit hockte? Du
möchtest die Wahrheit wissen? Nun, du sollst sie erfahren, Velvet. Dann wirst
du endlich diesen gottverdammten Ort verlassen und froh sein, mich niemals
wiederzusehen.«
26
Acht
lange Jahre waren
seither vergangen, und doch kam ihm vor, alles sei erst gestern gewesen. Es war
Ende Mai geschehen. Drei qualvolle Jahre in Georgia lagen hinter ihm, eine Zeit
voll sengender Hitze, Ungeziefer und Schwerstarbeit, eine Zeit auch, in der ihn
blindwütiger Haß verzehrte. Er wollte seine Freiheit und war bereit, alles zu
tun, um sie zu erringen.
Immer
wieder hatte er Fluchtversuche unternommen, doch die Bluthunde hatten ihn
unweigerlich aufgespürt. Man hatte ihn ausgepeitscht, fast zu Tode geprügelt,
aber auch das hatte ihn nicht aufhalten können, da er zur Flucht entschlossen
war.
Beim
vierten Mal mußte
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