Wie Samt auf meiner Haut
ungerührt.
»Die Größe
der Papierschnipsel«, sagte Lucien, »zeigt an, wie erfreut die Dame über dein
Angebot war.«
Jason sah
ihn düster an. »Was hat sie gesagt?«
»Sie sagte
– ich zitiere – ›Er kann sich seine guten Absichten an den Hut
stecken.‹«
Jason hörte
es zähneknirschend. »Und?«
»Sie trug
mir auch auf, dir ihren Dank auszudrücken. Sie sagte, sie hätte euer letztes
... Beisammensein ... sehr genossen.«
»Was?«
»Das hat
sie gesagt.«
Jason
schlug mit der Faust auf den Tisch. »Dieses kleine Biest. Ich schwöre, sie ist
anders als alle anderen Frauen, die ich je kennengelernt habe.«
»Da kann
ich nicht widersprechen. Und es wundert mich überhaupt nicht, daß sie dein
Hilfsangebot ablehnte, obwohl sie nach allem, was du sagtest, das Geld dringend
braucht.«
»Das steht unbestritten fest.«
»Hast du
noch immer die Absicht, ihr zu helfen?«
»Ich muß es tun, da ich es ihr schuldig
bin.«
»Und was
gedenkst du zu tun?«
Jasons
Miene verdüsterte sich noch mehr, als er auf und ab Iief, dann am Fenster
stehenblieb, um seine ruhelose Wanderschaft sogleich wieder aufzunehmen.
Schließlich hielt er inne und wandte sich Lucien zu. »Ich werde das einzige
tun, was mir zu tun übrigbleibt – und wozu mich dieser kleine Teufelsbraten
zwingt. Ich werde Velvet heiraten.«
Litchfields
dichte, schwarze Brauen schossen in die Höhe. »Hast du nicht gesagt, du wärest
nicht interessiert ...«
»Bin ich
auch nicht. An meiner Ansicht über die Ehe ändert sich nichts, aber mit einer
Heirat wäre Velvets Problem gelöst.« In seiner Wange zuckte ein Muskel. »Dazu
kommt noch etwas.«
»Und das
wäre?«
»Als ich
gestern ihr Haus verließ, bemerkte ich einen Mann in der Dunkelheit, der bei
meiner Ankunft noch nicht da war. Das bedeutet, daß er sich nach Velvets
Heimkehr dort postiert haben muß.«
»Du
glaubst, daß er ihr folgte?«
»Ich weiß
es nicht. Als ich mich davonschlich, achtete ich jedenfalls darauf, von ihm
nicht gesehen zu werden. Der Mann hat das Haus aus irgendeinem Grund
beobachtet. Mein Instinkt sagt mir, daß Velvet herumgeschnüffelt und Fragen
über Avery gestellt hat. Und das bedeutet, daß sie in großer Gefahr schwebt.«
»Ich werde
veranlassen, daß unser Mann die Sache in die 1 land nimmt. Mal sehen, was er
herausfindet.«
»Gute Idee.
In der Zwischenzeit werde ich mit Velvet sprechen.« Da kam ihm plötzlich ein
Gedanke, der ihn wie ein Stich durchzuckte. Was, wenn sie seinen Antrag abwies?
Wenn sie es vorzog, Balfour zu heiraten? Er hätte es ihr nicht verdenken
können. Eine Hochzeit mit Balfour war für sie tatsächlich viel sinnvoller. Er
selbst wollte ja keine richtige Ehe und dachte nicht daran, sich an das
Ehegelöbnis zu halten.
Doch wurde
er ein unbehagliches Gefühl nicht los, wenn er daran dachte, daß er sich bei
ihr womöglich einen Korb holen würde.
Velvet blieb einen Moment vor dem großen
Ankleidespiegel stehen und drehte die weiße Visitenkarte des Marquis of
Litchfield hin und her. Die für sie interessante Mitteilung befand sich auf
der Rückseite. Lord Hawkins stand da, mit dunkelblauer Tinte, in
schwungvoller Männerhandschrift.
Jason war
gekommen und wartete unten im Salon. Warum er sie aufsuchte, konnte sie sich
nicht vorstellen.
Die Karte
zitterte in ihren Händen. Jason war da, und sofort war sie atemlos, und ihre
Haut erglühte rosig. Immer übte seine Nähe diese Wirkung auf sie aus. Insgeheim
verwünschte sie ihn, während sie sich gleichzeitig sehnlichst wünschte, sie
könnte ähnliche Reaktionen bei ihm bewirken.
Velvet
knickte die Karte zur Hälfte und dann noch einmal. Verdammt – wußte er denn
nicht, in welche Gefahr er sich begab, wenn er sich in der Öffentlichkeit
zeigte? Es bestand immer die, wenngleich geringe, Möglichkeit, daß er von
jemandem gesehen wurde, der sich an ihn erinnerte.
Am liebsten
hätte sie ihn erwürgt. Andererseits sehnte sie sich nach seinen heißen Küssen –
beides zugleich. Warum war er gekommen? Warum hatte er sich wieder in Gefahr
begeben?
Sie warf
die geknickte Karte auf die Silberschale, auf der sie gebracht worden war.
Nachdem sie ein letztes Mal ihre Erscheinung im Spiegel überprüft und ihr gelbes
Seidenkleid glattgestrichen hatte, schritt sie in den Salon.
Zuerst sah
sie ihn gar nicht, da sie erwartet hatte, er würde vor dem Kamin sitzen. Ein
rascher Blick zeigte ihr, daß er am anderen Ende des Raumes stand, vor einer
Reihe goldgerahmter Porträts, Bilder ihrer Mutter
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