Wie Samt auf meiner Haut
wurde.
Er verschob
seine Stellung im Stuhl ein wenig, um die Spannung zu erleichtern, und lächelte
vor sich hin, als er an den Abend dachte, an das Vergnügen, das es bedeutete,
Balfour seine Beute abzujagen. Er zog seine goldene Taschenuhr aus der Tasche
seiner safrangelben Brokatweste und sah nach, wie spät es war. Als ein
livrierter Diener mit einem Silbertablett den Raum betrat, lächelte er
befriedigt. Der große, hagere Mann ließ seinen Blick suchend über die Gäste
wandern und ging dann direkt auf Mary zu.
Zwanzig
Minuten später saß sie Avery gegenüber in seiner eleganten schwarzen Karosse,
auf dem Schoß eine Reisedecke. Ihr sanftes Schulmädchengesicht war gezeichnet
von Sorge um ihren angeblich kranken Vater. Bislang hatte sein Plan perfekt
geklappt.
Das Gefährt
holperte über die letzte gepflasterte Straße der Stadt und gelangte auf die
Landstraße. Marys leise verängstigte Stimme übertönte trotzdem das Räderrollen
und das Klirren des Pferdegeschirrs.
»Ich
verstehe das einfach nicht. Auch wenn mein Vater erkrankt ist, finde ich es
sonderbar, daß er wünscht, ich solle mich an Sie wenden. Es ist für ihn sehr
ungewöhnlich, Fremde in Familienangelegenheiten einzubeziehen. Ich kann mir
nicht vorstellen, warum er es tut.«
»Meine
Liebe, mich kann man ja wohl kaum als Fremden bezeichnen, da ich bald Ihr Gatte
sein werde. Ich muß sagen, daß ich mich sehr geehrt fühle, weil Ihr Vater mich
schon als Familienmitglied ansieht.«
Mary
überlegte. »Das muß wohl so sein, aber wenn dem so ist, warum dann diese
Geheimhaltung? Seine Nachricht war ganz sonderbar – ich sollte es außer Ihnen
niemandem sagen.« Sie schüttelte den Kopf. »Und warum wünscht Vater, daß wir
ohne Anstandsdame fahren?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich bin in so
großer Sorge, Durchlaucht. Es muß etwas Schreckliches passiert sein. Eine
andere Erklärung gibt es nicht für ein so ungewöhnliches Verhalten.«
Avery griff
nach ihrer zitternden Hand und drückte sie beschwichtigend. »Meine Liebe, Sie
dürfen sich diesen Sorgen nicht hingeben, sonst wird das alles zuviel für Sie.
Bald werden wir den Gasthof erreichen, in den man Ihren Vater geschafft hat,
und Sie werden erfahren, was sich wirklich zugetragen hat und wohin dies alles
führt.«
Und genauso
kam es auch.
Aber erst
als sie ihr Ziel erreichten, eine kleine strohgedeckte Herberge an der
Landstraße. Erst als sie in Sorge die Treppe zu dem Raum hinaufgeeilt war, in
dem sie ihren erkrankten Vater vorzufinden glaubte.
Erst als
Avery sie aufs Bett geworfen, ihr die Kleider vom Leib gerissen hatte und
brutal in sie eingedrungen war. Inzwischen hatte sie ihre verzweifelte
Gegenwehr aufgegeben und lag einfach da wie eine leblose Puppe, gegen Tränen
des Schmerzes und der Demütigung ankämpfend, während er sich ächzend auf ihr
abmühte.
Als er
schließlich fertig war, zog er sein erschlafftes Glied zwischen ihren
blutverschmierten Schenkeln hervor und verkündete ihr, daß sie am Morgen mit
einer Sondergenehmigung getraut würden.
»Tut mir leid,
meine Liebe«, sagte er ohne einen Funken Aufrichtigkeit, »aber du hast mir
keine andere Wahl gelassen.« Sein befriedigtes Grinsen bereitete ihr Übelkeit.
»Leider war meine Leidenschaft einer langen Verlobungszeit nicht gewachsen.«
Mary hatte das Gefühl, sich im nächsten Moment übergeben zu müssen.
Sie schloß
ihre vom Weinen geröteten Augen, um seinen Anblick nicht länger ertragen zu
müssen, und lag steif und starr da, während er seine Breeches zuknöpfte und zur
Tür ging, um mit größter Unbefangenheit hinaus auf den Gang zu treten.
Als sie
sein gemeines Lachen auf der Treppe zum Schankraum hörte, wußte Mary, was ihr
Vater nicht wußte – daß der Mann, den sie nun heiraten mußte, ganz anders war,
als ihr Vater sich ihren zukünftigen Gemahl vorgestellt hatte.
In ihre
Kissen schluchzend, wünschte Mary sich sehnlichst, sie hätte auf ihr Herz
gehört, anstatt sich in ihre Pflicht als Tochter zu fügen. Sie wünschte sich,
sie hätte einen Mann gewählt, den sie liebte und der ihre Liebe erwiderte und
sie glücklich machen würde.
Lord
Balfours gut geschnittenes Gesicht kam ihr in den Sinn. Sie hatte sich zu dem
Earl vom ersten Augenblick an hingezogen gefühlt. Er war überaus liebenswürdig
zu ihr gewesen und hatte mit umsichtiger Besorgnis auf die Sanftheit reagiert,
die er in ihr ahnte. Er schien ihre innere Einsamkeit zu spüren, so wie sie
seine spürte.
Aber ihr
Vater
Weitere Kostenlose Bücher