Wie Samt auf meiner Haut
lieber
Balfour heiraten würdest?«
Sie sah
etwas in seinen Augen, finstere Schatten, eine dunkle
Verzweiflung, die ihn ganz auszufüllen schien und in die sich gleichzeitig so
viel Bedauern mischte, daß sie ihren Blick abwandte. »Das sagte ich nicht, ich
sagte nur, daß ...«
»Vermutlich
hast du recht.« Er starrte auf den Fußboden. »Balfour ist gewiß in dich
verliebt. Von ihm könntest du Kinder haben, und er würde der Ehemann und Vater
sein, der ich nie sein werde.«
Velvet
glaubte, ihr Herz würde brechen. O Gott, was war nur mit ihm passiert, daß er
so empfand? »Lord Balfour liebt mich nicht. Er ist sehr wahrscheinlich in Mary
Stanton verliebt.«
»Warum will
er dann ...«
»Es handelt
sich um eine rein geschäftliche Vereinbarung, wie du es nennst.«
Die
Anspannung in seinen Schultern ließ nach. Der Blick seiner blauen Augen ließ
sie nicht los und schlug sie so in den Bann, daß sie sich nicht abwenden
konnte. »Wenn dem so ist, solltest du lieber mich heiraten. Sobald ich fort
bin, kannst du dir in aller Ruhe einen richtigen Ehemann suchen, einen, der
dich so liebt und schätzt, wie du es verdienst.«
Wieder
wurde ihre Kehle schmerzhaft eng. Er liebte sie nicht, doch war sie ihm nicht
gleichgültig. Das war mehr, als Avery oder Balfour für sie empfanden. »Jason,
ich muß wissen, warum du so über die Ehe denkst.«
Seine
Kinnmuskeln spielten. Das Dunkle in seiner Seele schlug wie eine Woge über ihm
zusammen. Er rieb die Narbe an seinem Handrücken, als würde seine Haut noch
immer brennen. »Ein Mann wie ich heiratet nicht, Velvet. Er hat weder Frau
noch Kinder. Ein Mann wie ich wüßte gar nicht mehr, wie man ein normales Leben
führt.« Er sah sie an, und der Schmerz in seinem Blick rührte tief in ihrem
Inneren etwas an. »Ich war über acht Jahre außer Landes. Ich habe Dinge
gesehen, die kein Mensch jemals sehen sollte, habe Dinge getan, die ich mein
Leben lang bereuen werde.«
Und du hast
gelitten, dachte sie mit einem Blick in sein verzweifeltes Gesicht, wie kein
Mensch leiden sollte.
»Ich könnte
dir nie ein Ehemann sein, Velvet, könnte nie Vater deiner Kinder sein. England
ist ein zivilisiertes Land, und ich bin kein zivilisierter Mensch mehr.«
»Jason ...«
Sie streckte die Hand nach ihm aus, er aber wich einen Schritt zurück.
»Velvet,
gib mir eine Antwort. Wird es Balfour sein oder ich?«
O Gott ...
ihr gesunder Menschenverstand riet ihr, vor Jason Sinclair so weit und so
schnell davonzulaufen wie nur möglich. Er würde ihr mit Sicherheit wehtun.
Schon jetzt zerriß sein Schmerz ihr das Herz, als wäre es ihr eigener.
Lauf
davon! riet Velvet
ihr Verstand. Ihr Herz aber flüsterte ihr die Worte zu, die sie schließlich
aussprach. »Jason, ich wähle dich. Ich werde dich heiraten, wann du willst.«
Seine
Düsternis verschwand. Unsicherheit trat an ihre Stelle. »Litchfield kann uns
eine Sondergenehmigung verschaffen. In drei Tagen bist du Lady Hawkins. Und
wenn die Woche um ist, wirst du eine reiche Frau sein.«
Eine reiche verheiratete Frau, dachte Velvet voller Bitterkeit. Verliebt in einen
Mann, der ihre Liebe nicht erwiderte. Frau eines Mannes, der nie heiraten
wollte und von vornherein die Absicht hatte, sie zu verlassen. Verheiratet mit
einem Mann, der Gefahr lief, wegen Mordes am Galgen zu enden.
Sie
versuchte ein Lächeln, doch in ihrem Inneren herrschte verzweifelte Leere.
Avery Sinclair saß vor der
goldmarmorierten Wand von Lord Briarwoods elegantem Salon. Seine Jagdbeute Mary
Stanton stand ein
Stück weiter, in ein Gespräch mit einer ihrer Freundinnen vertieft, während
ihr Blick einem hochgewachsenen Mann an der Terrassentür galt: Christian
Sutherland, der stattliche Earl of Balfour.
Avery ballte
unwillkürlich seine Hände zu Fäusten. Mary hatte Balfour von Anfang an sehr
attraktiv gefunden und seine Werbung nur ihrem Vater zuliebe abgewiesen, der an
einem Mann, den man den »wüsten Earl« nannte, wenig Gefallen fand. Zudem war
Sir Wallace geradezu besessen von der Idee, seine Tochter als Duchess of
Carlyle zu sehen.
Avery
fixierte Mary, die es bemerkte und ihren Blick errötend von Balfour losriß.
Blaß, bis auf den rosigen Hauch, der nun über ihre Wangen huschte, sah sie
heute in ihrem weißen, mit eisblauen Rosetten verzierten Kleid bezaubernd aus.
Das Gewand brachte ihre hellblauen Augen und das silbergoldene Haar sehr
vorteilhaft zur Geltung. Es betonte die Aura der Unschuld, die sie umgab, und
Avery spürte, wie ihm seine Hose zu eng
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