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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sich in den Rebstöcken und Steinmauern verfangen. Disteln mit stacheligen Stielen und silbergrünen Blättern schimmerten im Morgenlicht. Goldammern attackierten mit ihren Schnäbeln die purpurfarbenen Korbblüten, rissen sie auf und gaben den zarten Flaum dem Wind preis. In den Feldern und Wiesen war das Leben erwacht: Vogelgezwitscher und das Zirpen der Grillen drang herüber.
    Schwester Bernadette hatte in der Nacht zuvor kaum ein Auge zugetan. Sie hatte schlecht geträumt und war, da sie nicht wieder einschlafen konnte, bis zur Laudes auf dem Anwesen spazieren gegangen. Ihr Bruder war ebenfalls die ganze Nacht auf den Beinen gewesen – er hatte wieder an seinem Steinkreis gearbeitet. Nun saß sie am Schreibtisch ihres Büros und versuchte gerade, die Lehrpläne aufzustellen, als es klopfte.
    Schwester Gabrielle steckte den Kopf durch die Tür. »Tom Kelly ist hier. Er muss Sie unbedingt sprechen; Sie möchten bitte zur Grotte kommen.«
    »Gleich.«
    »Er sagt, es sei dringend …«
    Verärgert sah Bernie sie an, dann legte sie seufzend ihren Füllfederhalter aus der Hand und schob den Stuhl zurück. Mit raschen Schritten durchmaß sie den langen Gang des Klosters. Als sie an der Hauskapelle vorbeikam, warf sie einen kurzen Blick hinein – nicht um ihren Mitschwestern nachzuspionieren, aber sie wusste gerne, wer sich wo aufhielt. Zwei Novizinnen in weißem Habit knieten vor dem Altar, und hinten in der letzten Bank saß noch jemand, ganz allein. Honor.
    Dieser Anblick alarmierte Bernie. Sie hatte Honor in den letzten Tagen nicht oft im Gottesdienst gesehen. Bernie sah ihre Schwägerin an und wäre gerne zu ihr gegangen, aber Tom hatte gesagt, es sei dringend. Deshalb setzte sie ihren Weg fort, trat durch die Tür des Ganges ins Freie und schlug den Weg über die Felder ein.
    Als sie sich dem Kamm des Hügels näherte, blickte sie auf den Strand hinab. Die Steine, die Tom ausgelegt hatte, schimmerten in der Morgensonne. Aus dieser Höhe konnte sie erkennen, dass sie keine konzentrischen Kreise bildeten, sondern verschachtelte Linien, Wege, die hin und her führten, mit nur einem Zugang zum Zentrum. Was John gebaut hatte, war ein verschlungenes, kunstvoll angelegtes Labyrinth.
    Als sie den Westhang des Hügels hinunterging, die Morgensonne hinter sich lassend, umfing sie die Kühle des Schattens. Und als sie den Steinbogen der natürlichen Höhle passierte und die Blaue Grotte betrat, fröstelte sie leicht, eine willkommene Abwechslung nach der Hitze, die draußen herrschte.
    Tom hatte ihr den Rücken zugewandt, den Blick starr auf die Wand gerichtet. Die Statue der Jungfrau Maria befand sich zu seiner Rechten; jemand hatte ihr frisch geschnittene Rosen zu Füßen gelegt. Bernie nahm sich vor, später eine Vase mit Wasser herzubringen. Sie stand reglos da, betrachtete Toms Hinterkopf. Wenn sie jetzt kehrtmachte und ging, würde er nicht einmal bemerken, dass sie überhaupt da gewesen war.
    »Hallo Bernie«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    »Woher wusstest du, dass ich es bin?«
    Er blickte über seine Schulter, zog spöttisch eine Augenbraue hoch. »Das weiß ich immer.«
    »Schwester Gabrielle sagte, du müsstest mich dringend sprechen.«
    »Wir hatten einen weiteren ungebeteten Besucher, der sich dort verewigt hat.« Er deutete auf die Steinmauer. »Oder es war wieder derselbe …«
    Bernie trat neben ihn, um die Worte zu entziffern.
    LEGE MICH WIE EIN SIEGEL AUF DEIN HERZ
,
WIE EIN SIEGEL AUF DEINEN ARM
.
DENN LIEBE IST STARK WIE DER TOD
.
    Die neue Inschrift war unmittelbar unter der ersten in den Stein geritzt worden, wenngleich nicht sehr tief. Bernie streckte die Hand aus, berührte sie mit den Fingern. Sie wusste, dass es ein hartes Stück Arbeit gewesen war, die Worte anzubringen.
    »Was sagst du dazu, ehrwürdige Schriftgelehrte?«, fragte Tom.
    »Diese Zeilen stammen aus derselben Quelle wie die ersten. Ein Zitat aus der Bibel, aus dem Hohelied Salomons.«
    »Kennst du die Zeilen auswendig?«
    »Ich kenne sie«, erwiderte Bernie leise.
    »Altes Testament. Feuer und Schwefel. Ein Gott, der Blitz und Donner herniederfahren lässt und die Heuschreckenplage schickt, um die Sünder zu strafen, nicht wahr?«
    »Das Hohelied ist ein Liebesgedicht.« Bernie hätte die Diskussion gerne beendet, ohne ihm zu verraten, dass sie in diesen Versen lange Zeit Trost und Zuflucht gefunden hatte. Es war die einzige Lektüre gewesen, die sie damals verkraften konnte, weil sie die Tiefe ihrer eigenen Liebe und

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