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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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das?« Sie hob den Blick, sah ihn an.
    »Weil dieses Wesen, ob Ungeheuer oder Engel, noch da ist, um dich zu beschützen«, flüsterte er und küsste sie sanft. »Und weil Dinge, die wirklich wichtig sind, niemals wirklich verloren gehen …«
    Agnes’ Knie gaben nach, und sie musste sich setzen. Sein Mund streifte ihre Lippen, sanft und warm. Sie schmiegte sich an ihn, in seine Arme, an seine Brust, seine Haut. Vor ihren Augen tanzten Sterne, heller als das Bild des Engels. Sisela miaute von ihrem Ruhelager in luftiger Höhe, doch Agnes hörte es kaum. Im Gegensatz zu Brendan, der den Kopf hob und nach oben schaute, nachdem er sie noch einmal geküsst hatte.
    »Hallo du«, rief er. Sisela blickte mit ihren grünen Augen zu ihm herab. »Bist du unsere Anstandsdame?«
    »Sie mag dich«, meinte Agnes.
    »Das beruht auf Gegenseitigkeit.« Brendan streckte vorsichtig die Hand nach oben aus. Siselas Barthaare zuckten, und sie schnurrte, als er ihren Kopf tätschelte.
    »Magst du Katzen?«
    »Ich mag diese Katze.«
    »Du bist ihr früher schon einmal begegnet, habe ich recht?«
    »Ein- oder zweimal«, erwiderte Brendan leise. »Sie saß auf der Mauer.«
    »Wann denn?« Agnes spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten. Sie hatte gewusst, dass irgendetwas nicht stimmte, dass Brendan Sisela nicht zum ersten Mal begegnet war – schließlich hatte er das Bild von ihr auf der Mauer gemalt.
    Doch in diesem Augenblick wurde die Fliegengittertür zugeknallt, und Regis stürmte auf bloßen Füßen herein. Sie grinste, als sie Agnes und Brendan sah.
    »Ein männliches Wesen in unserem Zimmer! Nicht zu fassen!«
    »Hallo Regis«, sagte Brendan.
    »Kinder, es ist allerhöchste Eisenbahn. Falls du es vergessen haben solltest, Agnes, unser Vater kommt zum Abendessen, und bis dahin bleibt nicht mehr viel Zeit. Wir haben noch alle Hände voll zu tun – Muscheln auslösen, Kuchen backen! Also, marsch an die Arbeit!«
    »Ich gehe besser.« Brendan sah Agnes an, hielt ihr Gesicht in seinen Händen; seine blauen Augen sprühten, sie spürte es durch und durch.
    »Na gut«, sagte sie. »Aber du schuldest mir den Rest der Geschichte.«
    Er sah sie an, und sie wünschte sich, er könnte für immer bleiben. »Ich freue mich darauf, sie dir zu erzählen«, sagte er.
    Als er den Raum verließ, konnte Agnes sich kaum rühren. Sie berührte die Stelle, an der er neben ihr auf dem Bett gesessen hatte; sie war noch warm.
    Oben auf dem Regal schnurrte Sisela, als erinnerte sie sich mit Behagen an die Geschichte, die sie mit Brendan verband und die Agnes Rätsel aufgab.
    Agnes schaute Regis an, die Brendan nachsah. Dann blickten sich die Schwestern an.
    »Dad kommt wirklich nach Hause«, sagte Agnes. »Ich kann es kaum glauben.«
    »Denkst du, es wird wieder so wie früher?«
    »Wie früher?«
    »Als wir klein waren und Mom und er sich liebten. Als wir glücklich waren. All diese Dinge; glaubst du, sie kehren zurück?«
    »Ich glaube, dass sie nie verschwunden waren.«
    »Ehrlich?« Regis runzelte die Stirn, wünschte sich so sehnlich, daran zu glauben, dass Tränen in ihre Augen traten.
    »Ehrlich«, flüsterte Agnes und spürte immer noch Brendans prickelnde Berührung auf ihrer Haut, als sie aufstand, um ihre Schwester zu umarmen. »Weil Dinge, die wirklich wichtig sind, nicht verloren gehen.«

[home]
    17. Kapitel
    H onor war genauso nervös wie vor langer Zeit bei den Sommerbällen. Obwohl sie das alles nur den Mädchen zuliebe tat, wählte sie ihre Garderobe sorgfältig aus – ein enganliegendes Kleid aus blauer Seide, schlicht und ärmellos. Der Abend war warm und das Kleid luftig. Dass Blau Johns Lieblingsfarbe war, hatte nichts damit zu tun. Dazu trug sie eine Halskette aus Jadeperlen, einen breiten silbernen Armreifen und blaue Riemchenschuhe. Doch dann zog sie die Schuhe wieder aus. Das Abendessen hatten sie im Sommer immer barfuß eingenommen.
    Als sie die Küche betrat, waren die Mädchen bereits vollzählig bei der Arbeit. Regis stand am Spülbecken, eine grüne Schürze über dem pinkfarbenen Sommerkleid, löste gekonnt junge Venusmuscheln aus und arrangierte sie kunstvoll auf einem silbernen Tablett. Cece, in marineblauen Shorts und blassgelbem Top, rührte die Cocktailsoße an und rümpfte die Nase, weil sie zu viel Meerrettich genommen hatte. Und Agnes, die ein weißes Baumwollkleid trug, saß am Küchentisch und richtete Käse und Kräcker an. Der Duft des Himbeerkuchens, der aus dem Ofen drang, erfüllte den Raum, und Honor

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