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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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war zutiefst gerührt angesichts der Geschäftigkeit, die herrschte.
    »Oh nein!« Cece blickte auf ihr T-Shirt hinunter. »Ich habe mich bekleckert.«
    »Komm, Schatz.« Honor lotste sie zum Spülbecken. »Das kriegen wir schon wieder hin.«
    »Soll ich mich umziehen?«, fragte Cece, als Honor das kalte Wasser aufdrehte und begann, den Flecken wegzureiben. »Ich möchte bei unserer ersten Begegnung nicht mit einem nassen Flecken herumlaufen!«
    »Das ist nicht eure erste Begegnung«, meinte Regis. »Du hast ihn andauernd gesehen, von Geburt an bis zu deinem siebten Lebensjahr und später, bei den Besuchen in Portlaoise, und diese Woche hast du –«
    »Du weißt schon, was ich meine.« Cece klang, als wäre sie einer Panik nahe. »Ich möchte hübsch für ihn aussehen, damit er mich mag!«
    »Dich
mag?
«, sagte Honor, die gerade die letzten Spuren des Flecks beseitigt hatte. »Er
liebt
dich.«
    »Und wenn nicht? Er kennt mich doch kaum! Was ist, wenn er findet, dass ich nicht so klug bin wie Regis oder so hübsch wie Agnes? Ich muss mich umziehen.«
    Sie rannte aus der Küche, schenkte Honor und ihren Schwestern, die sie zurückhalten wollten, keine Beachtung. Honors Nerven waren zum Zerreißen gespannt, doch ein Blick auf ihre Töchter genügte, um zu wissen, dass sie ihrer Jüngsten nachgehen musste. Als sie das Zimmer der Mädchen betrat, hatte Cece bereits sämtliche Schubladen aufgerissen und kramte fieberhaft darin – zerrte alle möglichen Oberteile heraus und warf sie aufs Bett. Keines erschien ihr gut genug. Völlig aufgelöst, brach sie in hemmungsloses Schluchzen aus.
    Honor schloss sie in die Arme. Cece zitterte, war am Boden zerstört. Honor drückte sie an sich. »Du bist doch unsere Kleine!«, flüsterte sie ihr ins Ohr. »Er liebt dich, genau wie ich.«
    »Aber er
kennt
mich doch gar nicht«, schluchzte sie.
    »Natürlich kennt er dich.«
    »Wie denn? Er war doch so lange
weg!
«
    »Du bist seine Tochter. Schon allein deswegen liebt er dich.«
    »Er liebt Regis, weil sie so klug und witzig ist und weil sie weder Tod noch Teufel fürchtet, genau wie er. Und er liebt Agnes, weil sie ein Engel ist, genauso wie du.« Das Bild, das sich Cece von ihr machte, verblüffte Honor, aber sie reagierte nicht, sondern hielt sie schweigend fest. »Aber was ist mit mir? Warum sollte er mich liebhaben?«
    »Weil du Cecilia Bernadette Sullivan bist. Unser Nesthäkchen. Sein Nesthäkchen. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag, als du zur Welt gekommen bist. Er war bei der Geburt dabei …« Honor lächelte, aber sie musste einen Moment innehalten, um sich wieder zu fangen. Sie sah Johns Augen vor sich, sein Lächeln, als er seine jüngste Tochter in den Armen gewiegt hatte. »Und weißt du, was er gesagt hat?«
    Cece schüttelte den Kopf. »Nein. Was?«
    »Er hat dir in die Augen geschaut und gesagt: ›Ich habe auf dich gewartet.‹«
    »Wirklich?«
    »Ja. Das waren genau seine Worte.«
    »Aber wie konnte er auf mich warten? Er kannte mich doch gar nicht.«
    »Trotzdem wusste er genau, wer du bist. Und ich auch. Deshalb lieben wir dich, jetzt und für immer. Du bist Cece, mit einer ganz eigenen, unverkennbaren Persönlichkeit, ohne die uns etwas fehlen würde.«
    »Er kommt!«, rief Regis von unten herauf. »Er durchquert gerade den Weingarten! Beeilt euch!«
    »Sie hat recht«, sagte Honor. »Also … wie wäre es, wenn du dir jetzt ein Oberteil aussuchst?«
    »Das da?« Cece hielt ein blau-weiß gestreiftes T-Shirt hoch.
    »Perfekt.« Plötzlich sah Cece sie bestürzt an.
    »Oh nein! Jetzt bist du auch noch klatschnass, und das ist meine Schuld.«
    Honor sah, dass ihr Kleid nass von Ceces Tränen war. Ihr Magen verkrampfte sich; die Sorge um ihre Töchter bewahrte sie stets aufs Neue davor, sich mit ihren eigenen widersprüchlichen Gefühlen auseinandersetzen zu müssen. Was war, wenn John wieder in den Kreis der Familie zurückkehrte und abermals Unheil über sie brachte? Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte, und hätte am liebsten Reißaus genommen.
    »Mom, dein Kleid«, sagte Cece.
    »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf.« Honor tätschelte ihr aufmunternd die Schulter.
    Als sie die Küche betrat, griff sie nach einem Papiertuch. Die Mädchen waren in die Diele gelaufen, damit Regis und Agnes zur Begrüßung das eigenhändig gebastelte Spruchband auseinanderrollen konnten. Alle drei Mädchen hatten den Willkommensgruß gemalt, geklebt, mit Glitter bestreut und mit Luftschlangen aus Krepppapier

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