Wie Sommerregen in der Wueste
Glasscheiben zu nehmen.«
Ohne ein weiteres Wort nahm Craig ihren Arm und zog sie mit sich.
»Was zum Teufel machst du?«
»Sei still.« Er zog Amy die Treppe hinunter in den leeren Pool. Die Arbeiter, Fliesen in den Händen, blickten grinsend auf. Craig umfasste Amys Gesicht und drückte ihren Kopf zurück. »Was siehst du?«
»Den Himmel, verdammt. Und wenn du nicht sofort aufhörst, wirst du Sterne sehen.«
»Richtig, den Himmel. Das wollte ich dir zeigen. Ob das Dach auf oder zu ist. Nicht verschiedene Glasflächen, kein Fenster, kein Dach, nur Himmel. Mein Job ist es, mir etwas vorzustellen, Wilson, und deiner, es zu verwirklichen.«
Mit einem Ruck befreite sie sich aus seinem Griff. »Ich will dir etwas sagen, du toller Bursche. Nicht alles, was man sich vorstellen kann, lässt sich auch verwirklichen. Das wollen Menschen wie du vielleicht nicht gern hören, aber so ist es.«
»Weißt du, was das Problem mit dir ist, Rotschopf? Du kannst überhaupt nicht träumen, weil du nur deine Berechnungen und Zahlen im Kopf hast. Für dich ergibt zwei und zwei vier, egal, ob das Leben vielleicht viel schöner sein könnte, wenn fünf herauskommt.«
»Du weißt, wie verrückt das klingt?«
»Ja. Aber auch reizvoll. Warum siehst du es nicht einmal so, statt immer nur das Negative anzunehmen?«
»Ich nehme gar nichts an. Ich glaube nur an die Realität.«
»Das ist Realität.« Er packte ihren Arm. »Das Holz, das Glas, der Stahl, der Schweiß. Das ist Realität. Und, verdammt, das auch.«
Er presste seinen Mund auf ihren, bevor auch nur einer von ihnen eine Chance zum Denken hatte. Um sie herum wurde aufgehört zu arbeiten. Sie bemerkten es nicht. Ihnen beiden war es egal. Der Pool, in dem sie standen, war noch leer, doch Amy hatte das Gefühl, bis über die Ohren zu versinken.
Sie hatte das gewollt. Das ließ sich nicht leugnen, jetzt, wo Craigs Lippen heiß und fordernd auf ihren lagen. Sie hielt ihn fest, während das Verlangen in Wellenlinien in ihr aufstieg, sehr schnell und, ja, sehr real.
Er hatte eigentlich abwarten wollen, bis sie ihm freiwillig gab, was er sich jetzt einfach nahm. Und vielleicht hätte er sich wieder losreißen können, wenn ihre Erwiderung nicht so vollkommen gewesen wäre, wenn er nicht ihr Begehren gespürt hätte. Doch wie Amy steckte Craig bis über beide Ohren im Strudel der Gefühle und sank schnell. Zum ersten Mal verspürte er den eigentümlichen Wunsch, Amy wie ein Ritter auf einem weißen Pferd zu entführen. Oder sie einfach zu Boden zu ziehen und sie zu nehmen, wie ein Krieger sich über eine Kriegsbeute hermachte. Oder wie ein Poet Kerzen anzuzünden und Musik anzustellen. Mit einem Wort: Er wollte Amy.
Craig hatte sie schon zuvor geküsst und ihre Sinnlichkeit entfacht. Aber dieses Mal war etwas anderes, etwas Tieferes, Verzweifelteres damit verbunden. Zunächst konnte Amy nur dastehen und ihn anstarren, ganz schwindelig durch die Erkenntnis, dass eine Frau sich zu jeder Zeit verlieben konnte, selbst wenn sie ihr Herz genau dagegen massiv verbarrikadiert hatte.
»Ist das real genug für dich?«, murmelte Craig.
Sie konnte nicht antworten, während das Summen in ihrem Kopf sich langsam in unterschiedliche, einzuordnende Geräusche klärte. Das Drehen von Bohrern, das Schlagen von Maurerkellen, das Gemurmel der Männer. Sofort stieg die Röte in Amys Wangen, und gleichzeitig machte sich in ihr eine Kombination aus Wut, Verlegenheit und Selbstvorwürfen breit.
»Wie kannst du dir so etwas hier herausnehmen?«
Er hakte die Daumen in die Hosentaschen, als er bemerkte, dass auch in ihm noch genügend Wut steckte, um ihn zu etwas Unüberlegtem zu verleiten. »Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?«
»Geh mir aus dem Weg, Johnson«, stieß sie hervor.
Sein Blick blieb ruhig. »Du weißt genau, Rotschopf, selbst wenn ich dir aus dem Weg gehe, damit ist es nicht aus der Welt. Es ist etwas ganz Persönliches zwischen uns.«
»Gut.« Die Auseinandersetzung interessierte die Männer um sie herum bestimmt ebenso sehr wie vorher der Kuss. »Wenn es persönlich ist, dann soll es das bleiben. Hier geht es um Thornways Zeit, und ich habe nicht die Absicht, sie zu vertrödeln, indem ich mich mit dir auseinandersetze.«
»Gut.«
»Gut«, wiederholte sie und stürmte die Treppe hoch und aus dem Pool hinaus.
6. K APITEL
Es war fast fünf Uhr, als Amy in den Bauwagen stieg, um sich das Gesicht mit kaltem Wasser zu kühlen. Nach der Szene mit Craig war alles schiefgegangen, was
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