Wie Sommerregen in der Wueste
Jessie hakte sich bei ihrer Tochter unter. »Amy, es ist fabelhaft. Wirklich fabelhaft. Natürlich verstehe ich nicht viel davon. Und die kleinen Häuser da drüben machen auf mich den Eindruck wie ein paar Pfahlhütten.«
»Das werden die Bungalows.«
»Wie auch immer. Aber das große Gebäude! Unglaublich. Es wirkt wie ein Schloss aus dem vierundzwanzigsten Jahrhundert. So etwas habe ich noch nie gesehen. Es ist so anziehend, so majestätisch. Genau das, was ich immer mit Wüste verbunden habe.«
Amy warf ihrer Mutter einen skeptischen Blick zu. »Wirklich?«
»Oh, ja.« Mit strahlenden Augen begutachtete sie den leeren Pool, der inzwischen mit Mosaikfliesen verkleidet wurde. Dabei übersah sie auch nicht die braunen, muskulösen Arme der Arbeiter. »Weil es wie ein Halbmond geformt ist. Wie klug! Alles ist gewölbt und gebogen. Es vermittelt eine entspannte Atmosphäre. Gerade richtig für ein Ferienzentrum.«
»Möglich«, murmelte Amy. Leider musste sie sich eingestehen, dass sie allmählich selbst den Reiz der Konstruktion sah.
»Und was wird das jetzt gerade?«
Stirnrunzelnd sah Amy hoch. »Glas, verschiebbar. Wenn es geöffnet wird, schieben sich die zwei Teile in die Wölbung der Wände.«
»Fantastisch. Ich würde es gern sehen, wenn es fertig ist. Oh, sieh, dort ist dein Architekt.« Automatisch strich sich Jessie den Rock glatt. Ihr Blick wurde von dem untersetzten Mann neben Craig angezogen. »Und wer ist der vornehm wirkende Herr neben deinem Liebhaber?«
»Er ist nicht mein Liebhaber.« Schnell sah sich Amy um, um sich zu vergewissern, dass auch niemand Jessies Bemerkung gehört hatte. »Ich habe und will keinen Liebhaber.«
»Gerade deshalb mache ich mir Sorgen um dich, Schätzchen.«
Geduld, verordnete sich Amy. »Craig Johnson ist nur mein Kollege, Mom.«
»Wenn du es sagst, Darling. Aber wer ist das neben ihm?«
»Das ist Mr Barlow. Es ist sein Erholungszentrum.«
»Wirklich?« Jessie lächelte Craig zu und streckte beide Hände aus. »Hallo! Gerade habe ich Amy gesagt, wie sehr mir Ihre Konstruktion gefällt. Ich bin sicher, dies hier wird das schönste Ferienzentrum überhaupt.«
»Danke. William Barlow, Amys Mutter, Jessie Peters.«
»Mutter?« Barlow zog seine buschigen Brauen hoch. Er hatte schon – erfolglos – versucht, seinen Bauch einzuziehen. »Ich wusste gar nicht, dass Amy erst sechzehn ist.«
Jessie stieß ein geschmeicheltes Lachen aus. »Ich hoffe, mein Auftauchen hier stört Sie nicht, Mr Barlow. Ich musste einfach sehen, woran Amy so lange und so hart arbeitet. Jetzt weiß ich, es lohnt sich.«
»Wir sind alle sehr zufrieden mit Amys Arbeit. Sie können stolz auf sie sein.«
»Ich bin immer stolz auf Amy gewesen. Aber verraten Sie mir, Mr Barlow, wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, ein Ferienzentrum – und so ein schönes – hier zu bauen?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Schade. Ich halte hier alle Leute von der Arbeit ab. Ich hatte gehofft, Amy könne mich etwas herumführen, aber das muss eben warten.«
»Vielleicht erlauben Sie mir, Sie herumzuführen.«
»Es wäre mir ein Vergnügen.« Sie legte eine Hand auf Barlows kräftigen Arm. »Aber ich möchte nur ungern im Weg sein.«
»Unsinn.« Barlow gab ihr einen ganz leichten Klaps auf die Hand. »Wir lassen hier alles in professionellen Händen und unternehmen einen kleinen Rundgang.«
Sie machten sich auf den Weg, und Jessie warf noch ein flüchtiges Lächeln über ihre Schulter zurück.
»Da geht sie hin«, murmelte Amy.
»Hmm?«
»Nichts.« Die Hände in den Taschen vergraben, drehte sich Amy um und beobachtete die Arbeiter. Es regte sie auf – es hatte sie immer aufgeregt –, ihre Mutter in Aktion zu erleben.
»Willst du mir nicht sagen, was du hast?«
»Nichts, das habe ich doch schon gesagt. Wir hatten Probleme mit dem Winkel.«
»Du hast sie ausgearbeitet.«
»Was viel Zeit und Kosten erfordert hat.«
Alle Zeichen standen auf Kampf. Mit Daumen und Zeigefinger rieb sich Craig die Nase. »Bist du es nicht langsam überdrüssig, immer die gleiche Leier anzufangen?«
»Nur wenige Änderungen …«
»Dadurch hätte sich der Eindruck, das Gefühl verändert.«
»Nicht einmal eine Fliege auf dem Glas hätte die Veränderungen bemerkt.«
»Aber ich.«
»Du bist halsstarrig.«
»Nein.« Craig sprach bemüht langsam, um sein Temperament zu zügeln. »Ich habe recht.«
»Eigensinnig. Genauso, wie du auf deine durchgehenden Glasflächen bestanden hast, statt nur umfasste
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