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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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davon haben. Grace jedenfalls schätzte ihn
    als einen solchen Menschen ein.
    Schließlich hörte sie Stimmen vor der Tür. Sie sprang nicht auf, sondern blieb
    ruhig auf dem steinharten Stuhl sitzen. Die Tür wurde geöffnet, und der Kerl kam
    herein. Er hatte seinen schütteren Kopf gesenkt, und seine gemeinen kleinen

    Augen glänzten erwartungsvoll. Er erblickte erst den Kelch, dann die geöffnete
    Flasche Bier auf dem Tisch. Ein Grinsen legte sich quer über sein Gesicht, wobei
    er seine schrecklichen Zähne mit den Resten seiner Mahlzeit entblößte.
    Grace gähnte und stand langsam auf. Sie nippte zum Schein an dem Bier, dann
    nickte sie in Richtung der Flasche und hielt ihm fragend den Kelch hin. Er
    brummte offenbar zustimmend. Sie füllte den Kelch und reichte ihn ihm. Er
    stürzte das Bier in zwei großen Schlucken herunter, dann rieb er sich mit dem
    Handrücken seine feuchten Lippen ab. Er ließ sie keinen Augenblick lang aus
    seinem wollüstigen Blick.
    Trotz ihrer Erleichterung hätte sie beinahe würgen müssen. Lieber Himmel, wie
    lange würde es dauern, ehe die Seconal ihre Wirkung zeigten? Er hatte
    gegessen, was die Wirkung verlangsamen würde. Andererseits hatte er offenbar
    auch schon einiges getrunken. Sie musste ihn irgendwie h en und egal wie, jede
    Berührung mit ihm vermeiden.
    Sie führte ihre Hand zum Mund, zog die Augenbrauen hoch und rieb sich, Hunger
    signalisierend, den Magen. Er runzelte zwar die Stirn, ging aber doch zur Tür und
    bellte einen Befehl. Offenbar wollte er sie nicht verhungern lassen, sondern hatte
    sie lediglich vergessen. Er polterte Richtung Stuhl und ließ sich darauf fallen.
    Dann goss er sich noch einen Kelch Bier ein. Grace lächelte ihn an, deutete auf
    sich selbst und sagte: »Grace St. John.«
    »Hm? «
    Erleichtert stellte sie fest, dass sie zumindest dieses Geräusch verstehen konnte.
    »Grace St. John«, wiederholte sie.
    Jetzt hatte er begriffen. Er trommelte auf seine bullige Brust. »Huwe, der Hay.«
    »Huwe«, wiederholte sie und versuchte nochmals zu lächeln. »Huwe, ich möchte
    dir kein Leid zufügen, aber ich hoffe inständig, dass das Seconal dich bald
    umbügeln möge. Ich weiß, dass du für heute Nacht noch große Pläne
    geschmiedet hast, ich aber habe meine eigenen Pläne, in denen du keine Rolle
    spielst. Sowie du eingeschlafen bist, werde ich mal nachsehen, was du und deine
    Leute du-weißt-schon-wem angetan haben. Und dann werde ich ihn befreien.«
    Huwe hatte ihr mit wachsender Ungeduld zugehört, jetzt unterbrach er sie mit
    einer zurückweisenden Handbewegung und sprudelte irgend etwas in ihre
    Richtung hervor. Sie machte eine hilflose Geste und schüttelte den Kopf.
    Ein kurzes Klopfen ertönte an der Tür, dann wurde sie aufgerissen. Eine plumpe,
    schlampige Frau mit krausem Haar trug ein kleines Tablett mit einer dicken

    Scheibe Brot und etwas Käse herein. Ohne Grace aus den Augen zu lassen,
    setzte sie es lautstark auf dem Tisch ab.
    Entweder mochte man hier Fremde prinzipiell nicht, oder aber die Frau hatte ein
    Faible für Huwe. Letzteres würde dem alten Sprichwort recht geben, wonach
    Macht eine erotische Wirkung haben soll.
    Die Frau verschwand wieder, und Grace brach sich ein Stück Brot ab. Sie lief im
    Zimmer auf und ab, knabberte an ihrem Brot und richtete dann und wann eine
    Bemerkung an Huwe. Er ließ sie zwar immer noch nicht aus den Augen, aber
    nach zehn Minuten wurde sein Blick etwas glasig. Sie ging vollkommen
    selbstverständlich auf und ab, trat zum Tisch und nahm sich etwas von dem
    schmackhaften Käse.
    Huwes Lider begannen schwer zu werden. Grace trat an das schmale Fenster und
    blieb stehen. Sie gab vor zu essen und blickte in die Nacht hinaus. Huwe konnte
    in seinem Zustand sicherlich gar nicht mehr erkennen, dass sie nichts in der
    Hand hatte.
    Die Nacht war sternenklar, und ein weicher Nebel lag in den Tälern. Grace
    schaute schweigend nach draußen und wartete auf Huwes Schnarchen. So
    stillzustehen jedoch zerrte an ihren Nerven. Das Blut schien in ihren Adern zu
    tanzen. Sie war aufgekratzt und voller Energie. Die permanente Angespanntheit
    des letzten Jahres, das Gefühl immerwährender Bedrohung, war verflogen. Hier
    konnte Parrish sie nicht erreichen. Zwar bedrohten sie andere Gefahren, aber sie
    fühlte sich dennoch merkwürdig beschwingt, als ob eine Last von ihr genommen
    wäre.
    Sie spürte, dass sie lebte.
    Die Erkenntnis erschreckte sie. Sie hatte sich so an das abgestumpfte Gefühl

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