Wie Tau Auf Meiner Haut
zu,
das sich wie »Bleib da! « anhörte.
Die Tür hatte kein Schlüsselloch, der Schließbalken befand sich jedoch auf der
Innenseite. Sie war also nicht eingesperrt. Als sie jedoch ihr Ohr an die Tür legte,
konnte sie hören, wie sich ihr Bewacher vor der Tür niederließ.
Sie blickte sich in ihrem Gefängnis um. Der Raum war klein und dunkel. Eine
einzelne rußende Fackel beleuchtete den Raum, ihr Licht erreichte jedoch noch
nicht einmal die Ecken. Das einzige Fenster hatte die Form eines schmalen
Schlitzes, so dass man in jede Richtung einen Bogen abschießen konnte. Der
Boden war mit bereits schwarzen, modrigen Binsen bedeckt. Die Möblierung
bestand aus einem grob gezimmerten Bett ungefähr von der Größe eines
modernen Ehebetts, einem einzigen Stuhl und einem wackeligen Tisch. Eine
kleine Truhe lehnte an der einen Wand, und eine einzelne Kerze stand auf dem
Tisch. Ein Kamin war zwar vorhanden, aber kalt. Neben der Kerze standen eine
Flasche aus Leder und ein Kelch aus Metall.
Grace nutzte die Zeit allein, die sicherlich nicht von Dauer sein würde. Wenn sie
richtig geraten hatte, dann war dies das Schlafzimmer des Kerls. Eilig löste sie
die Pinzette aus ihrem Haar, dessen Konstruktion erstaunlich lange gehalten
hatte, und holte das Messer hervor. Sie schob die Pinzette wieder an ihren Platz
im Griff zurück. Dann steckte sie das Messer in ihren Strumpf und befestigte
erneut das Strumpfband. Sie nahm sich fest vor, Werkzeug und Messer von nun
an immer bei sich zu tragen.
Sie zog das kleine Holzkästchen aus der Rupfentasche hervor und öffnete
vorsichtig das Taschentuch, um keine der wertvollen Tabletten zu verlieren. Sie
hatte sich noch mit einer Packung Antibiotika, ein paar Schmerzmitteln und
Seconal versorgt. Zusätzlich hatte sie in Edinburgh noch ein paar nicht
verschreibungspflichtige Medikamente erstanden. Die Seconaltabletten hatte sie
nur zufällig noch gekauft, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.
Merkwürdigerweise waren sie es nun, die sie als erste benutzen würde.
In den roten Kapseln waren je hundert Milligramm, womit man einen Menschen
leicht zur Ruhe bringen konnte. Nun musste sie sich noch Gedanken um die Art
der Einnahme machen, denn sie konnte schließlich unmöglich zu dem Kerl sagen:
»Hier, nimm die mal.«
Nachdenklich betrachtete sie die Lederflasche. Die Wirkung von Seconal wurde
durch Alkohol verstärkt. Eine eigentlich nicht tödliche Dosis konnte, mit Alkohol
zusammen eingenommen, zu einer solchen werden. Allerdings wollte sie den Kerl
nicht umbringen, sondern ihn lediglich außer Gefecht setzen. Zwei oder drei
Tabletten reichten aus, um jemanden ins Land der Träume zu schicken. Der
Apotheker hatte ihr noch gesagt, sie solle bei ihrem geringen Gewicht auf keinen
Fall mehr als eine nehmen. Der Kerl aber war ein schwerer Mann. Er war nicht
sehr groß, wog aber ihrer Schätzung nach zweihundert Pfund.
Sie holte drei Kapseln hervor und legte ihren Tablettenvorrat in die Tasche
zurück.
Sie schraubte die Lederflasche auf und schnupperte daran. Tränen schossen ihr
in die Augen, als ihr der kräftige Biergeruch in die Nase stieg. Vom Geschmack
her würde er noch nicht einmal dann etwas merken, wenn sie die dreißig Kapseln
auf einmal darin auflöste.
Drei sollten aber ausreichen. Vorsichtig öffnete sie die Kapseln und schüttete das
Pulver in den ramponierten Kelch. Dann goss sie etwas Bier dazu und löste es
darin auf. Sie betrachtete die Flüssigkeit. Das Bier war nun etwas trüb, aber das
würde ihm bei dem spärlichen Licht nicht auffallen.
Dann nahm sie eine ruhige und geduldige Haltung ein und setzte sich mit dem
Kelch in der Hand auf den Stuhl.
Sie wartete lange. Die Geräusche, die von unten zu ihr hoch drangen, ließen auf
ein Gelage schließen. Trotz ihres Hungers wäre sie nicht gerne dabei gewesen.
Wenn ihr jemand etwas zu essen bringen sollte, gut. Falls aber nicht, so war
Hunger für sie keine Neuigkeit.
Sie wurde müde. Die flackernde Fackel war so einschläfernd, als ob man das
Feuer in einem Kamin beobachtete. Außerdem gab die Flamme ausreichend
Wärme ab, so dass sie nicht fror. Sie dachte an Niall, für den es zum Schlafen
weder warm noch bequem genug war. Er würde auch Hunger haben, denn wenn
sie ihr schon nichts zu essen brachten, dann erst recht nicht ihm. Sie ging davon
aus, dass sie ihn noch nicht umgebracht hatten. Wenn die Bestie ihn umbringen
wollte, so wollte er erst noch etwas
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