Wie Tau Auf Meiner Haut
zusammen.
»Dafür werde ich in die Hölle kommen«, flüsterte sie in die Nachtluft hinein. Sie
hatte in dieser Nacht bereits zwei unschuldige Männer ins Reich der Träume
geschickt, und soweit sie wusste, würden beide dadurch umkommen. Schwere
Kopfverletzungen bedeuteten im Mittelalter eigentlich immer den Tod. Sie konnte
zwar reiten, weil das für eine archäologische Ausgrabung eine praktische
Kenntnis war. Doch seit mehr als zwei Jahren hatte sie, wenn man von dem
gemeinsamen Ritt mit Huwe einmal absah, auf keinem Pferderücken mehr
gesessen.
»Such dir irgendein Pferd aus«, murmelte sie zu sich selbst. Wallache waren
weniger reizbar als Hengste oder gar Stuten, aber in der Dunkelheit konnte sie
außer der unterschiedlichen Größe nichts erkennen. Sie suchte sich ein braunes
Pferd aus, das weder groß noch klein war, und hoffte, dass der goldene Mittelweg
sie zum Erfolg führen würde.
Das Pferd ließ sich geduldig satteln und folgte ihr gehorsam, als sie es neben ein
Fass führte. Sie stieg auf das Fass, dann auf das Pferd. Sie befestigte ihre Tasche
an dem Sattel, schnalzte mit der Zunge und ritt behutsam aus dem Stall. Hinter
ihrem Rücken hörte sie ein leises Stöhnen von dem wieder erwachenden Posten.
Es beruhigte sie, dass sie ihn nicht umgebracht hatte. Es bedeutete aber auch,
dass sie nur ein oder zwei Minuten Zeit hatte, davonzukommen, ehe Alarm
ausgelöst wurde.
Sie lenkte das Pferd zu einem der Löcher in der Mauer und ließ es seinen eigenen
Weg über die Steine finden. In der Dunkelheit und dem Nebel war das Verlies
schon bald nicht mehr zu sehen.
Am sichersten war es, ein Versteck ausfindig zu machen und dort auf die
Morgendämmerung zu warten, so dass sowohl das Pferd als auch sie etwas
sehen konnten. Wenn sie aber in unmittelbarer Nähe blieb, erhöhte sich die
Chance, dass die Hays sie wieder einfangen würden, und sie bezweifelte, dass sie
diesmal einer Schändung so leicht würde entgehen können.
Wenn sie den Schwarzen Niall wieder sehen sollte, würde sie ihn erwürgen, und
wenn sie sich dazu auf einen Stuhl stellen müsste.
Sie klopfte dem Pferd ermunternd den Hals und gab ihm die Hacken, ließ es
jedoch in seiner ganz eigenen Geschwindigkeit vorankommen. Sie konnte kaum
die Nasenspitze des Pferdes sehen, es schien also angebrachter, sich seinen
Instinkten anzuvertrauen. Dennoch hoffte sie, dass der Sonnenaufgang nicht
mehr lange auf sich warten ließ. Um Niall Gerechtigkeit widerfahren zu lassen
musste sie zugeben, dass sie ihm ihre Gegenwart nicht zu erklären versucht
hatte. Einer der Gründe war die Vorsicht, denn als Hüter war es seine Pflicht, den
Schatz gegen alle Bedrohungen - und das schloss sie mit ein - zu beschützen.
Wenn er erführe, dass sie die Geheimnisse der Zeitreise kannte, würde er ihren
Tod möglicherweise für ratsam halten. Wenn sie ohne seine Hilfe an den Schatz
herankommen konnte, so würde sie das vorziehen. Wenn sie ihn allerdings
brauchen sollte, konnte sie ihm dann immer noch reinen Wein einschenken.
Aber all die vernünftigen Begründungen ihres Schweigens waren nicht der
eigentliche Grund, warum sie ihm nichts erzählt hatte. Sie war einfach viel zu
schockiert darüber gewesen, dass er einerseits ihre Träume mit ihr zusammen
durchlebt hatte und dass sie sich andererseits in seinen Armen blamiert hatte.
Sie hatte ohnehin kaum noch sprechen können, geschweige denn eine
zusammenhängende Erklärung abgeben können.
Ihre Wangen glühten bei der Erinnerung daran, und sie hielt ihr Gesicht in den
Nebel empor.
Von dem Augenblick an, als sie in dieser Zeit angekommen war, war sie
aufgeregt und nervös gewesen. Sie hatte zwar nicht geglaubt, dass diese
Aufregung sich so schnell in sexuelle Erregung verwandeln würde, aber genau
das war geschehen. Ihr Körper schien ein ganzes Jahr lang betäubt gewesen zu
sein. Irgend etwas war jedoch während der Zeitreise geschehen, und nun
empfand sie jede Gefühlsregung mit verdoppelter Heftigkeit.
Niall hatte sie schon fasziniert, seit sie das erste Mal seinen Namen gelesen
hatte. Sie hatte sich so ausdauernd auf ihn konzentriert und von ihm geträumt,
dass es eigentlich nicht weiter verwunderlich war, dass all ihre Sinne auf ihn
gerichtet waren. In den Stunden, in denen sie sich seiner Gegenwart so bewusst
gewesen war, hatte sie sich auf nichts anderes konzentrieren können, und ihre
Haut hatte empfindlichst reagiert. Sie hätte das unterschwellig Sexuelle
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