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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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müssen. Damit aber
    würde sie genau die Aufmerksamkeit erregen, die sie um jeden Preis vermeiden
    wollte. Es blieb ihr momentan nichts anderes übrig, als zu Fuß zu gehen. Die
    körperliche Auseinandersetzung und die anschließende Flucht hatten zunächst
    ihren Adrenalinspiegel hochgetrieben und Kräfte freigesetzt, doch jetzt begann
    sie sich entsetzlich schwach zu fühlen. Ihre Knie zitterten beim Gehen auf der
    düsteren Landstraße. Die wertvolle Tasche presste sie mit beiden Händen an
    sich. Sie konnte selbst kaum glauben, was sie eben getan hatte. Noch nie in
    ihrem Leben hatte sie einen anderen Menschen geschlagen. Sie hatte sogar noch
    niemals auch nur mit dem Gedanken gespielt, mit körperlichem Einsatz zu
    kämpfen. Sie hatte jedoch nicht gekämpft, sondern den Kampf sogar gewonnen.
    Ein wilder, dumpfer Triumph stieg in ihr auf. Zwar hatte sie lediglich etwas Glück
    gehabt, dabei allerdings eines gelernt: Sie konnte einen Kampf gewinnen. Die
    damit überschrittene Grenze mochte nur einen einzigen Schritt bedeuten,
    dennoch spürte sie eine tief greifende innerliche Veränderung. Statt angstvoller
    Lähmung fühlte sie sich innerlich gestärkt.
    Durch die Baumzweige hindurch flackerte ein Licht, ein Auto kam auf sie zu.
    Grace drehte der Straße sofort den Rücken, konnte aber wegen der Dunkelheit
    nicht rennen. In ihrer Lage konnte ein verstauchter Knöchel bereits über Leben
    und Tod entscheiden. Sie eilte auf die schützenden Bäume zu, die jedoch weiter
    als angenommen entfernt waren. Das Auto näherte sich schnell, das Licht wurde
    immer heller. Plötzlich rutschte Grace auf dem feuchten Unkraut aus und fiel

    kopfüber auf die Computertasche. Mit schreckgeweiteten Augen blickte sie sich
    um und sah das Auto auf sich zukommen. Grace duckte den Kopf und lag
    regungslos im Gras. Hoffentlich konnte das spärliche Unkraut sie verstecken.
    Sie hatte das Gefühl, als wären die grell leuchtenden Autolampen auf sie
    gerichtete Suchscheinwerfer. Aber das Auto raste, ohne im geringsten zu
    verlangsamen, vorbei und ließ sie im Dunklen zurück. Ihre Kleider waren kalt
    und nass geworden, harte Gräser hatten ihr das Gesicht zerkratzt, und ihr Körper
    schmerzte vom heftigen Aufprall auf die Tasche. Wieder raffte sie sich auf. Ihre
    ungeschickten Bewegungen zeugten jedoch von den in letzter Zeit erlittenen
    zahlreichen Prellungen.
    Jeder Schritt entfernte sie weiter von Minneapolis, von ihrem Zuhause, ihrem
    Leben - aber nein, sie hatte kein Zuhause, kein Leben mehr. Jeder Schritt
    entfernte sie auch von Parrish und bedeutete größere Sicherheit. Eines Tages
    würde sie hierher zurückkommen und ihm die Stirn bieten, allerdings erst dann,
    wenn sie ihn erfolgreich bekämpfen konnte. Die Kälte, die Schmerzen, die
    Schürfwunden, die verkrampften Muskeln und die gähnende Leere dort, wo
    einmal ihr Herz gewesen war, spürte sie nicht. Sie ging einfach immer nur weiter
    geradeaus.

    Abhöreinrichtungen waren eine wahrlich wundervolle Erfindung. Conrad erfuhr
    viel aus dem Polizeifunk. Er kannte alle Codes und verstand den Polizeijargon.
    Die polizeiliche Logik war für ihn ausschlaggebend, deshalb hatte er für ihr
    Studium einiges an Zeit aufgewandt. Wenn man in der kriminellen Welt einen
    Überblick bewahren wollte, musste man Polizeifunk hören, denn viele Verbrechen
    fanden in den Medien überhaupt keine Erwähnung. Dort interessierte man sich
    nur für dramatische oder skurrile Ereignisse oder aber für Themen, die sich
    politisch ausschlachten ließen. Conrad kannte die Orte, an denen die Polizei
    wiederholt auftauchte, um Streitigkeiten zwischen den Bewohnern zu schlichten.
    Er kannte die Drogenumschlagplätze und die Rotlichtviertel. Mit gesteigertem
    Interesse verfolgte er die Polizisten zu einem untypischen Einsatzort. Dann
    klangen ihre Stimmen angespannter, man spürte förmlich ihren erhöhten
    Adrenalinspiegel.
    Die Stadt kam niemals zur Ruhe, wurde niemals ganz still. Irgendein Verbrechen
    war immer am Laufen. Auf dem Land war es ruhiger, dort fingen seine
    Abhöreinrichtungen viele Routinemeldungen auf. Für die ländlichen Gebiete

    benötigte er wegen der größeren Entfernung besondere Verstärker. Obwohl er
    hier weniger Information als im Stadtgebiet abfing, bereute er die Investition in
    die Anlage keineswegs. Was auch immer im Umkreis von hundert Kilometern
    geschah, sollte sich nicht seiner Kenntnis entziehen.
    Conrad liebte es, im Bett liegend, alle Abhörgeräte gleichzeitig laufen

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