Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
hatten – und darauf, dass der Lebensabend durch wundersame Kapitalvervielfachung goldig wird. Wenn Finanzmanager mit Derivaten und auf Devisen- oder Rohstoffmärkten nicht mehr so schön der Herde hinterherlaufen und damit Unsummen machen können, sinkt auch die Rendite, die entsprechende Fonds für Kleingeld- und Großgeldanleger machen.
Ein Grund, alles besser beim Alten zu belassen? Das wäre gefährlich. Die Sache mit der wundersamen Vermehrung hat sich als Spuk erwiesen. Die Zeit überirdischer Renditen musste früher oder später vorbei sein – mit oder ohne aktiven Bankenausstieg. Im Schnitt haben Aktien seit der Entzauberung von 2000 keinen Kursgewinn mehr mit sich gebracht. Die Zinsen sind überall auf Rekordtief. Ein Phänomen, dessen Folgen Lebensversicherer und andere schon zu spüren bekommen, die nur noch Minizinsen auf ihre Anlagen kriegen, ihren Kunden aber höhere Renditen versprochen haben.
All das ist nicht bösen Notenbankern geschuldet, wie Verschwörungsanhänger blöken – es ist die logische Folge von drei Jahrzehnten überzogener Vermögensmehrung. Es ist Teil des Platzens einer Finanzblase, bei dem Vermögenswerte wieder auf realökonomisch tragbarere Niveaus schrumpfen (müssen). Es kann eben nicht sein, dass der DAX (immer noch) 14-mal so hoch ist wie 1982 sein Vorgänger – wenn sich das nominale Bruttoinlandsprodukt in der Zeit nur verdreifacht hat, Einverleibung der Ostwirtschaft eingerechnet. Es ist absurd zu glauben, dass Unternehmenswerte an Börsen jährlich 7 oder 8 Prozent höher gehandelt werden können– wenn die Leistung der Wirtschaft schwächer wächst als in der Zeit vor Start der Finanzglobalisierung.
Die relative Überbewertung, die sich da in 30 Jahren gegenüber der Realwelt aufgebaut hat, muss wieder abgebaut werden. Was teils schon auf leise Art passiert. Beispiel Aktien: Gegenüber 2000 lag der DAX Anfang 2013 ein paar Prozent niedriger, während die Wirtschaft in dieser Zeit um nominal 30 Prozent wuchs. Sprich: Der virtuelle Abstand zur Realwelt wird langsam kleiner. Nur trifft das jetzt besonders die, die unglücklicherweise erst seit 2000 sparen – und kann die kalt lassen, die ihre Vermögen in der Blasenzeit haben wachsen lassen. Generationengerechtigkeit sieht anders aus. Post-Bubble-Zeit.
Wer noch davon träumt (oder sich an Versprechen des Bankberaters erinnert), mit Aktien im Schlaf sieben oder mehr Prozent erzielen zu können, der sollte ohnehin aufwachen. Da hilft es nicht, den verrückten Zeiten hinterher zu jammern. Auch der Kapitalmarkt kann auf Dauer aus bedingten realwirtschaftlichen Ressourcen keine Wunderrente für alle zaubern. Wenn die Wirtschaftsleistung nicht mehr hergibt, platzt der Traum irgendwann einfach. In einem stabileren System wäre es weder zur Illusion noch zu den anschließenden Post-Bubble-Problemen gekommen.
Die Frage ist, ob es in einer neuen Finanzära dafür nicht mehr Wohlstand für alle gäbe – und mehr Einkommen, das (auch) Tante Erna sparen und anlegen kann. Wenn auch zu weniger märchenhaften und dafür solideren Renditen. Wenn die Grunddiagnose stimmt, dass die Finanzglobalisierung seit 1982 mehr geschadet als genutzt hat, liegt hier enormes Potenzial – umso mehr, je mehr eine richtige Bankenwende gelingt. Zurück in eine viel tragfähigere reale Wirtschaftswelt.
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Wenn es in einer neuen Geldära mit bescheidenen Banken und gedämpfter Euphorie nur selten noch zu Blasen und Crashs kommt, die auch nur noch bedingt folgenschwer sind, ist das schon deshalb ein Mehrwert, weil Geld dann mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder längerfristig investiert würde. Es käme auch nur noch selten – wennüberhaupt – zu jenen Krisen, in denen Finanzexzesse wettgemacht werden müssen und dies dann jene ebenso trifft, die von der Euphorie vorher wenig hatten. Zum Vergleich: Nie waren die Industrieländer der Vollbeschäftigung so nah wie in der Zeit des derivatlosen »boring banking« und der stabilen Wechselkurse in den 50er und 60er Jahren. Kein Zufall.
Entsprechend seltener müssen Notenbanken und Regierungen intervenieren und mit Steuergeldern Banken retten – wie in der Mexiko- oder in der Asien- oder in der Subprime- oder in der Euro-Krise. Womit wir beim nächsten großen Vorzug regulierter Kleingeldfinanz wären: der Rückkehr zu so etwas wie einem Primat demokratisch legitimierter Entscheidungen. Der Deal sollte ursprünglich sein, dass effiziente Finanzmärkte rational über gute oder schlechte
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