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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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der blöden alten Industriewelt, wo das ökonomische Gesetz gilt, dass ein Produkt mit zunehmender Massenverbreitung tendenziell immer weniger Profit abwirft.
    Klang märchenhaft. Von da an wirkten die üblichen Muster: Es reicht ja, dass alle an die neue Geschichte glauben. In den USA wurde fortan die NASDAQ-Börse zum Zentralplatz der New Economy. Und da wurden dann gegen Ende der 90er Jahre etliche IT-Betriebe und Garagenfirmen gehandelt, die zwar meist keine Gewinne machten, das aber versprachen, sobald sie groß seien. Was alle glaubten. Und es gab Rechnungen, wonach die ganze Wirtschaft dank Internet in ein neues Zeitalter erhöhter Produktivitätsfortschritte aufgebrochen war.
    Atemberaubend: Noch 1995 hatte der NASDAQ-Index bei 800 Punkten gelegen. Anfang 1999 waren es 2 500 – mehr als verdreifacht –, bevor dann die Endphase der Kopflosigkeit binnen weniger Monate für eine nochmalige Verdopplung sorgte. Auf seinem Höhepunkt erreichte der Index der New Economy 5 000 Punkte.
    Einmal Staunen – und zurück
    Aktienindex der Technologiebörse Nasdaq Composite in Punkten

    Quelle: Thomson Datastream
    Die deutsche Variante der New Economy kam zuerst etwas weniger spektakulär daher und hieß Manfred Krug. Der versuchte 1996 in Werbespots, die T-Aktie als Volksgut an die Börse zu bringen. Nicht lachen. Das haben viele damals geglaubt. Man erinnert sich an so was im Nachhinein nur so schwer, wie dargelegt. Im März 1997 startete das Pendant zur NASDAQ, der Neue Markt – mit Medienunternehmen wie EM.TV, die später spektakulär krachten, oder der Siemens-Tochter Infineon, deren Aktien ebenfalls alle haben wollten. Allein 1999 wurden am Neuen Markt gut 130 Unternehmen neu notiert. Bis März 2000 erreichte der Nemax 8 500 Punkte – mehr als dreimal so viel wie noch zwei Jahre zuvor.
    Heutzutage höhnen Zeitungskommentatoren über den »Wahnsinn« der damaligen New Economy. In Realzeit war das anders. Da war jeder Exot, der nicht daran glaubte. Da wirkte die normative Kraft der kollektiven Euphorie. Da schienen steigende Kurse ja zu bestätigen, dass neue Zeiten angebrochen waren. Und da führten steigende Kurse ja auch zu den üblichen prozyklischen Erscheinungen: von großzügiger gestimmten Bankern über die Schaffung etlicherneuer Branchendienste und Anlegerzeitungen, die wiederum zu vielen neuen Jobs für Journalisten führten. Wobei natürlich immer auch sehr sinnvolle Dinge entstanden. Die britische Financial Times ließ damals beispielsweise eine deutsche Ausgabe entstehen.
    Der Traum endete, als allzu offenbar wurde, wie unrealistisch es war, dass die ganzen kleinen Garagenfirmen jemals Gewinne machen würden. Als im März 2000 die Kurse zu bröckeln begannen, setzte eine grandiose Abwärtsbewegung ein, die – anders als beim Aktiencrash 1987 – auch nicht mehr wettgemacht wurde. Bis Ende 2000 verloren die NASDAQ-Firmen die Hälfte ihres Werts, gegen Ende 2002 lag der Index nur noch etwas über 1 000 Punkte – da war die komplette New-Economy-Sause futsch. Die Hochs wurden selbst zwölf Jahre später nicht ansatzweise wieder erreicht. Der deutsche Neue Markt verschwand 2003 sogar ganz und wurde zugemacht.
    Klar sind in der Euphorie auch Unternehmen groß geworden wie Amazon und Google. Die Frage ist nur, ob sie das nicht auch geworden wären, wenn es den Hype um Garagenfirmen und jahrelange Fehlinvestitionen in sinnlose Geschäftsideen nicht gegeben hätte. Und ob der Markt nicht auch auf weniger groteske Art Platz geschaffen und ein Geschäftsmodell ermöglicht hätte, das normale Geldgeber attraktiv gefunden hätten. Mal abgesehen davon, dass das Ergebnis jetzt Monopolelefanten wie Google sind, die Bedingungen aufdrücken können.
    Nach Urteil des US-Wachstumsexperten Robert Gordon hat die New Economy nur ein kurzes und begrenztes Produktivitätswunder geschaffen – wenn überhaupt. Gordons Auswertungen ergaben, dass die Leistung pro Arbeitskraft in den USA 1996 bis 2004 zwar mit jährlich knapp 2,5 Prozent stärker zulegte als im Vierteljahrhundert zuvor (mit durchschnittlich 1,4 Prozent). Seitdem ist das Wunder aber auch schon wieder vorbei. In den Jahren 2004 bis 2012 sackte der Produktivitätsforschritt auf 1,3 Prozent – trotz all der neuen Errungenschaften des IT-Zeitalters, vom iphone bis zum ipad. Das meiste, was seit 2000 dazu gekommen sei, schaffe eher zusätzlichen Konsumkomfort statt Produktivitätszuwächse, so Robert Gordon. Von wegen neue Wirtschaft.
    Anders als noch beim

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