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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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Aktiensturz 1987 oder der Asienkrise 1997/98 trug der Crash nun erstmals spürbar dazu bei, dass die US-Wirtschaftwie große Teile der Industriewelt in eine Rezession fielen. Deren Folgen dürften nur deshalb begrenzt geblieben sein, weil die Notenbanker wieder dagegen hielten und die Zinsen senkten.
    Das war noch gar nichts gegen den Absturz, der ein paar Jahre später folgte.
    Die große Finanzkrise seit 2007
    Mit den Turbulenzen, die im Juli 2007 begannen, sollte die Finanzwelt nach 30 Jahren Expansion und immer neuen Debakeln in ihre atemberaubendste Krise stürzen – eine Krise, in deren Verlauf es wieder Menschen gab, die in Schlangen vor Banken standen, wie wir es nur von Schwarz-Weiß-Bildern aus den 20er und 30er Jahren kannten; wo Banken verstaatlicht werden mussten, wie es bis dahin nur für den Fall der Wiederaufstehung Erich Honeckers vorstellbar schien; in der deutsche Exportfirmen plötzlich innerhalb weniger Wochen Auftragseinbrüche vermeldeten wie zuletzt in Kriegszeiten. Eine Krise, die zu einem »historischen Wendepunkt unserer Wirtschaft und Kultur« wurde, wie Robert Shiller schon 2008 schrieb.
    Wie konnte das kommen, wo doch bisherige Finanzkrisen allesamt am Ende nur begrenzte Folgen für den Rest der Wirtschaft gehabt hatten? Was war anders?
    Im Prinzip ging es um die gleiche Tücke: erst die Zuversicht, dann die Euphorie und am Ende der Crash. Wobei es diesmal vor allem um Immobilien ging, ob in den USA, Island, Großbritannien, Estland oder Spanien. Die Deutschen blieben vor allem deshalb verschont, weil sie sich ihre Immobilienblase mitsamt Crash und jahrelangen Leerständen schon nach der Einheit eingehandelt hatten, was noch bis Mitte der 2000er Jahre nachwirkte.
    In den USA beschleunigte sich der Bau neuer Einfamilienhäuser von 2000 an: von 800 000 Einheiten auf 1,4 Millionen 2006 – bei deutlich langsamerem Wachstum der Bevölkerung. Das schuf ein Überangebot, das an einem funktionierenden Markt früher oder später zu eher fallenden Preisen hätte führen müssen. Denkste. Je mehr gebaut wurde, desto mehr stiegen die Preise, was sich zunehmend zu einer typischen Erwartungsblase auswuchs: Weil diePreise stiegen, wurde mehr gebaut, was die Erwartung weiter steigender Preise bestärkte, neue Investoren anzog – und die Preise weiter steigen ließ. In den großen Städten der USA verdreifachte sich der durchschnittliche Preis eines Hauses in zehn Jahren. Und es fanden sich wieder Experten, die das für normal erklärten. Typische Muster. Von da an wirkte die »gesellschaftliche Ansteckung des Boom-Denkens«, so Shiller.
    Mag sein, dass der Trend verstärkt wurde, weil die US-Regierung die Kreditvergabe an Ärmere förderte, wie Kritiker schimpften – Stichwort: Subprime Market. Dass deshalb die Regierung schuld gewesen wäre, ist absurd. Zum Boom des Subprime Markts trugen vor allem private Investoren bei, die – wie in solchen Phasen üblich – bei der Kreditvergabe nicht mehr so genau hinguckten, weil es ja prima lief. Am Ende lag die Zahl der Wohnneubauten nach Berechnung von David Milleker, Chefökonom bei Union Investment, um die Hälfte höher, als es dem demographischen Bedarf und längerfristigen Schnitt entsprach. Da seien im Laufe des Aufschwungs seit 2000 gut zwei Millionen Einheiten mehr gebaut worden als nötig.
    Im Jahr 2006 startete die große Korrektur, die Preise begannen zu fallen, die Zahl der Neubauten auch – in den USA wie in anderen Ländern, wo sich die Immobilieneuphorie mal mehr in boomenden Preisen, mal mehr in Überinvestitionen ausgedrückt hatte. Was die Korrektur diesmal so brutal machte, war zum einen der hohe Normalisierungsbedarf – je atemberaubender der Anstieg, desto brutaler die Anpassung. Die Hauspreise in den zehn großen US-Städten implodierten in drei Jahren um ein Drittel und fielen so auf das Niveau von 2003 zurück, was etliche Vermögensillusionen pulverisierte. Die Zahl neu verkaufter Einfamilienhäuser sackte von 1,4 Millionen auf zeitweise weniger als 300 000 Einheiten – das hatte es in den USA seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben.
    Die zweite Besonderheit lag darin, dass der Immobilienboom mit einer Phase zusammengefallen war, in der die Realeinkommen der meisten Menschen kaum stiegen oder fielen. Wer sich ein Haus leistete, hatte das mehr als sonst auf Kredit machen müssen – und darauf zählen müssen, dass fortgesetzt steigende Preise das eigene(virtuelle) Vermögen wachsen ließen, um die Schulden wieder

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