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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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etwa deutsche Steuerzahler, helfen – wenn die Strafe der schwäbischen Hausfrau gerecht ist? Warum sollte es da einen europäischen Rettungsfonds geben, der Kredite vergibt? Warum sollte eine Europäische Zentralbank intervenieren und Staatsanleihen aus Krisenländern kaufen, wenn doch der Markt weise ist?
    Warum aber eskalierte die Krise dann, obwohl die Beteiligten Merkels SHT brav anzuwenden begannen? Überhaupt: Warum hatten Investoren nicht viel früher angefangen, auf griechische Staatsanleihen höhere Zinsen zu verlangen, wie es effiziente Märkte tun müssten? Griechenlands Staatsdefizite waren ja schon lange recht hoch, und auch die Exportdefizite waren bekannt. Warum lagen die Zinsen bis in den Herbst 2009 dann fast auf deutschem Niveau? Warum stuften die Ratingagenturen Griechenland noch Ende 2009 mit A-Noten ein? 2 Bei Fitch fiel Griechenland im Dezember überhaupt erstmals seit zehn Jahren unter A-Niveau. Was auch internationalen Analysen entsprach, die noch kurz zuvor gelobt hatten, dass Griechenland seit Euro-Start OECD-weit das zweithöchste Wirtschaftswachstum pro Kopf hatte 3 oder in der Euro-Zone zum Erfolgsbeispiel der Integration schwächerer Länder tauge, wie die EU-Kommission zum Zehnjahresjubiläum des Euro 2008 festhielt.
    Warum also kippte das Markturteil (erst) im Herbst 2009? Waren die Banker, die gerade erst aus dem eigenen Desaster gerettet werden mussten und nun großspurig über die Solidität ganzer Länder urteilten, vielleicht doch nicht so weise? 4 Warum mussten Euro-Länder urplötzlich fünf, zehn oder zwanzig Prozent Zinsen zahlen – obwohl 2011 die Staatsschuldenquote im Währungsraum mit 80 Prozent niedriger lag als in den USA und Japan? Weil Japan dynamischer ist? Weil die USA mehr für den Abbau ihrer Defizite taten? Bestimmt nicht. Die Japaner leiden seit Jahren unter Deflation und schwacher Demographie. Und in den USA wurde alles getan, nur nichts, was Staatsdefizite nennenswert abbaute. Während die Schuldenquote in den USA und Großbritannien 2010 enorme 40 Punkte höher lag als 2000, waren es in der Euro-Zone nur gut 15. Auch nicht schön, aber eben nichts, was erklären könnte, warum die Märkte die Euro-Länder so viel spektakulärer abstraften.
    Warum gerieten die High-Tech-Iren trotz höherem Pro-Kopf-Einkommen als die Schweiz abrupt in den Krisensog? Wegen der Immobilien- und Bankenkrise? Klar, nur gab es die schon, bevor Irland im Herbst 2010 unter den Rettungsschirm musste und Ratingagenturen es auf Ramsch herunterstuften. Bis Oktober schienen die Anleger damit leben zu können – dann nicht mehr. Gerecht?
    Warum blieben Deutsche und Franzosen verschont, obwohl sie den Stabilitätspakt als erste brachen und 2005 selbst für eine (durchaus sinnvolle) Lockerung der Regeln gesorgt hatten? Warum sanken hier die Zinsen, obwohl die Staatsverschuldung bankenkrisenbedingt bei uns höher lag als bei den Spaniern, die sechs oder sieben Prozent Strafzinsen an den Märkten zahlen mussten, während wir so gut wie keine mehr zahlten? Da kommt keine schwäbische Hausfrau mit.
    Warum sanken die Zinsen nicht wenigstens in der Tendenz, als Griechenland 2010 das größte Konsolidierungspaket (fast) allerZeiten umsetzte? Das strukturelle Haushaltsdefizit jenseits kurzfristiger konjunktureller Schwankungen sank von 2009 bis 2011 um mehr als zehn Prozent der Wirtschaftsleistung; dagegen war die Agenda 2010 ein Wellnesswochenende. In Spanien, Irland und Portugal verbesserte sich der Struktursaldo vor Zinsen bis 2012 um sieben Punkte. Ramsch? Und das Staatsdefizit der Euro-Zone lag 2011 mit strukturell drei Prozent nicht mal halb so hoch wie in den USA und Großbritannien.
    Mit Merkels SHT lässt sich auch schwer erklären, warum im Juli 2011 die Anleger aus Italien und Spanien flohen. Obwohl Italien bereits ein ordentliches Sparprogramm und Überschüsse im Budget vor Zinsen hatte, was die Märkte bis dahin o.k. fanden. Als die Stimmung Anfang Juli kippte und die Zinsen jäh hochschossen, konnten die Analysten, ohne rot zu werden, plötzlich Gründe aufsagen, warum Italien natürlich reif für den Absturz war: weil es ja Korruption gebe und einen Ministerpräsidenten Berlusconi. Ach, dass denen das vorher keiner gesagt hatte!
    All das nahm spätestens 2012 grotesk-gagaeske Ausmaße an. Warum wurde die Lage selbst dann nicht besser, als Ende 2011 die Regierungen in Spanien und Italien wunschgemäß wechselten und Silvio Berlusconi durch den anerkannten Marktanhänger und

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