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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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2000er Jahren nie in Verdacht kamen, ihren Fluchtlandstatus zu verlieren. Oder wie die USA trotz ihrer Megafinanzkrise. Darauf mögen die Privilegierten stolz sein, ökonomisch sinnvoll ist das nicht.
    Umgekehrt müssen kleinere Länder ohne Fluchtlandstatus viel mehr Konsolidierung betreiben, um an den Anleihemärkten im Zweifel die gleichen Effekte zu erzielen wie die Länder mit dem Größenbonus. Auch das hat mit effizient globalisierten Finanzmärkten wenig zu tun. Und es könnte erklären, warum neben Deutschland in der Euro-Krise auch Frankreich so glimpflich davonkam. Die Größe zählt eben doch.
    Welch reale Schäden das Wirrwarr an Devisenmärkten hinterlassen kann, haben die Deutschen in den 90er Jahren zu spüren bekommen. Der Großteil der damaligen Verschlechterung der Kostenlage deutscher Exporteure kam messbar nicht von höheren Löhnen, sondern von der dramatischen Aufwertung der Mark, die Jahre nachwirkte. Zwar stiegen die Löhne für deutsche Verhältnisse mit 34 Prozent zwischen 1989 bis 1995 stark – damit allerdings auch nur um zweieinhalb Prozentpunkte schneller als zu dieser Zeit im Schnitt der OECD. Deutlich stärker dämpfte damals, dass die Mark um rund 25 Prozent gegenüber der Konkurrenz teurer geworden war. Und während die eigentlichen Lohnexzesse ein paar Jahre später wettgemacht waren, wirkte die desaströse Aufwertung lange nach: Die Mark gingdamit ziemlich (fatal) überbewertet in den Euro auf. Die aufgeregte deutsche Standortkrise war vor allem eine Aufwertungskrise.
    In den Jahren 1990 bis 1995 verloren deutsche Exporteure erhebliche Weltmarktanteile; die Ausfuhren stiegen rund zehn Prozentpunkte langsamer als die Importnachfrage auf den wichtigsten Abnehmermärkten. Kein Zufall. Ähnliches gilt für Japan, wo der Yen-Aufwertungstrend dazu beitrug, dass das Land aus dem Kriseln nicht heraus kam. Mit Deutschland, Japan und der Schweiz wurden gerade jene Länder von Dauerstagnation erfasst, deren Währungen drastisch aufgewertet hatten.
    All das spricht gegen die schöne Theorie von den effizienten Devisenmärkten, die schnell ausgleichend reagieren, wenn etwas schief läuft. Das hätte auch etwas Bizarres: Dann könnte jeder mal für ein paar Jahre schludern, danach schnell abwerten, und alles wäre wieder prima. Das ist schon deshalb Unsinn, weil ja nicht alle gleichzeitig abwerten können – gegenüber wem denn dann? Es ist auch deshalb ein gewagtes Rezept, weil die Devisenmärkte nun mal nicht so rational arbeiten.
    Was für die Devisenmärkte gilt, gilt ähnlich für den globalisierten Handel mit Rohstoffen. Welche fundamentale Änderung kann erklären, dass sich der Rohölpreis innerhalb weniger Monate von 50 auf 150 Dollar je Barrel verdreifacht, wie es zwischen Anfang 2007 und Mitte 2008 der Fall war? Warum ist der Kurs danach noch rapider unter 40 Dollar gefallen? Oft gibt es auch hier ursprünglich fundamentale Anlässe, etwa die starke Konjunktur 2007 oder die konjunkturelle Verschlechterung ab Mitte 2008 – nur sind Ausmaß und Tempo der Schwankungen grotesk, zumal die Kurskapriolen selbst starke konjunkturelle Effekte haben können.
    De facto, sagt Flassbeck, gehe es beim täglichen virtuellen Hinund Herschieben von Rohstoffen nur noch sehr bedingt darum, auf Fundamentalfaktoren zu reagieren wie etwa auf die physische Entwicklung von Rohstoffvorkommen. Tests ergaben, dass die gehandelte Information in Wirklichkeit extrem vereinfacht und reduziert wird. Das spiegelt und fördert Herdenverhalten. Und es führt dazu, dass sich die Kurse auf unterschiedlichen Märkten im Sekundentakt exakt gleich bewegen, obwohl die gehandelten Produkte fundamental wenig miteinander zu tun haben. Verdacht: Dahinter steckt mehr Spekulation als alles andere. Nach UNCTAD-Schätzungen korrelierten die Rohstoffpreisschwankungen von 2009 bis 2011 zu 80 Prozent mit den Positionen von Hedgefonds und ähnlichen stark spekulativ getriebenen Geldmanagern. Beim Höhepunkt der Ölpreise 2008 waren die Kurse danach zu 20 Prozent durch exzessive Spekulation getrieben.
    Die Logik der Märkte hat sich absurd verkehrt. Wie Studien zeigen, folgen die Preise für real gehandelte Rohstoffe mittlerweile regelmäßig den virtuellen Trends am Derivatemarkt – nicht umgekehrt, wie es die Theorie vorsieht. Wenn Preisblasen dann einmal in Gang sind, ist es für Spekulanten ein relativ risikoloses Unterfangen, für absehbare Zeit auf weiter steigende Kurse zu wetten – und den Unsinn so fortzuschreiben.
    Im

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