Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
ausgeglichen ist. Problem weg.
Eine prima Theorie, die Studenten vom ersten Semester an lernen, die (fast) jeder Ökonom als Lösung etlicher Probleme aufsagen kann und die in der Euro-Krise eine wundersame Glaubensrückkehr erlebte. Klar: Bei funktionierenden Märkte hätte es besser freie Wechselkurse gegeben, weil dann eben jedes (Griechen-)Land bei nachlassender preislicher Wettbewerbsfähigkeit einfach hätte abwerten können. Und schon wäre es wieder wettbewerbsfähig gewesen. Blöder Euro. Wunder der Ökonomie.
Die Erfahrung mit vier Jahrzehnten mehr oder weniger freier Wechselkurse lässt am Zauber gerade dort zweifeln, wo die Kurse relativ unbeeinflusst an Märkten bestimmt wurden. Von wegen stabil. Nach Aufgabe des Bretton-Woods-Systems 1973 verlor der Dollar zur Mark bis 1979 erst fast 60 Prozent an Wert, um bis 1985 wieder 60 Prozent zu gewinnen, dann wieder 50 Prozent abzuwerten und in der zweiten Hälfte der 90er Jahre erneut zwei Drittel an Wert zu gewinnen. Um seit 2000 gegenüber dem Euro wieder fast die Hälfte zu verlieren. Grotesk. So viel kann sich in einer Volkswirtschaft binnen teils weniger Monate gar nicht verändern. So schnell kann der vermeintliche Wert eines Landes nicht steigen oder fallen.
Stabil ist anders
Wechselkurs D-Mark je US-Dollar*
* seit 1999 umgerechnet aus Euro; hoher Kurs spiegelt starken Dollar wider
Quelle: Thomson Financial
Japans Yen verlor in den 2000er Jahren im Wechsel mal 30 Prozent, um danach 50 Prozent teurer zu werden. Südkoreas Won verlor innicht mal zwei Jahrzehnten zweimal 50 Prozent – um zwischendurch 50 Prozent zu steigen. Brasiliens Real ging zwischen Mitte 2008 und Ende 2010 fast ein Drittel hoch. Stabile Verhältnisse? Kaum. Und auch fundamental nicht richtig begründbar.
Warum hat die Mark in den fünf Jahren nach der Einheit 26 Prozent an Wert gegenüber den wichtigsten Währungen gewonnen, obwohl damals einheitsbedingt die Außenhandelsbilanz ins Minus rutschte und immer klarer wurde, wie stark die Wirtschaft durch die Vereinigung belastet werden würde? Warum kollabierte der Yen nicht, nachdem Ende der 80er Jahre Japans Immobilienblase platzte? Warum fiel in den 2000er Jahren der Dollar nicht stärker, obwohl die USA enorme Außendefizite einfuhren? Warum stürzte in der Euro-Krise der Euro nicht ab, obwohl die Euro-Zone vor dem Kollaps zu stehen schien?
Wie langjährige Auswertungen zeigen, steht das, was da an den Devisenmärkten herauskommt, in keinem erkennbar systematischen Zusammenhang mit jenen fundamentalen Daten, die nach Lehrbuch wirken müssten, um etwa die Kaufkraft auszugleichen. »Die Entwicklung der Kurse lässt sich durch fundamentale ökonomische Faktoren kaum zufriedenstellend erklären«, sagt der Würzburger Wirtschaftssachverständige Peter Bofinger. Selbst die Bundesbanker haben Mühe, das zu widerlegen. In einer Studie kamen sie vor Jahren zu der sybillinischen Formel, dass die Kursbewegungen die Unterschiede der nationalen Preissteigerungen, also die Kaufkraft, langfristig schon irgendwie ausglichen. Nur: Was heißt langfristig? Und was ist dann kurzfristig? Und was hilft es, wenn das langfristig im Durchschnitt gilt – Wechselkurse aber kurzfristig abwechselnd über oder unter das Ziel schießen und dabei nur umständehalber gelegentlich beim Gleichgewichtskurs vorbeikommen?
Nach Studien des früheren UNCTAD-Chefökonomen Heiner Flassbeck entwickeln sich die Kurse innerhalb eines Tages auf extrem unterschiedlichen globalen Märkten auffallend gleich. Da stieg der australische Dollar in Yen fast jedes Mal, wenn der US-Aktienindex fiel – was genauso für Brasiliens Real galt. Oder für eine Menge Rohstoffe, die von Händlern virtuell gekauft und verkauft werden.Wurden in den USA steigende Arbeitslosenzahlen gemeldet, fielen binnen Sekunden die Kakaopreise, so die UNCTAD-Experten im Juni 2011. Das lässt sich selbst dann nicht erklären, wenn man sagt, dass eine schlechte US-Konjunktur den (Kakao-)Konsum belastet. Der Arbeitsmarkt sei ja eher ein Spätindikator für die Konjunktur, so die UNCTAD.
Nach Diagnose der Experten liegt der Grund für die kuriosen Kurssprünge darin, dass an den Märkten mit zunehmender Globalisierung die eigene Logik von Finanzinvestoren dominiere – eine Logik, die sich nicht unbedingt an ökonomischen Fundamentalfaktoren orientiere. Da spielt plötzlich etwas ganz anderes die Hauptrolle: die Suche nach schnellen Zinsvorteilen. Und da zählen am Ende Herdentriebe, simple Daumenregeln
Weitere Kostenlose Bücher