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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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Banken Kredite vergeben wollten, ging dies nur unter strengen Auflagen. In den USA war durch das Glass-Steagall-Gesetz festgelegt, welche Risiken Banken eingehen durften und welche nicht. Schattenbanken gab es so gut wie keine. Auch keine Derivate oder Kreditausfallversicherungen.
    Alles in allem machten die Banken in dieser Zeit eben auch nur mickrige 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Der Anteil der Finanzbranchean den Gewinnen, die in der US-Wirtschaft erzielt wurden, lag zwischen 10 und höchstens 20 Prozent. Und: Bankbeschäftigte verdienten nicht mehr als der Schnitt.
    Es spricht einiges dafür, dass das »boring banking« nicht nur nicht geschadet, sondern positiv gewirkt hat (vielleicht ja sogar für die Banker, die zwar nicht so reich waren, dafür aber um drei zum Golf durften). »Dank der Einlagensicherung gehörten Bankruns der Vergangenheit an«, schreibt Krugman. Und dank der Regulierung mussten die Banken beim Geldverleih vorsichtiger vorgehen. Das Ergebnis sei schlicht »eine lange Ära relativer Stabilität ohne nennenswerte Finanzkrisen« gewesen.
    Den Befund bestätigen auf eindrucksvolle Art auch die historischen Auswertungen von Kenneth Rogoff. Danach sank in der Nachkriegszeit der Anteil der Länder weltweit drastisch, die von Finanzkrisen erfasst wurden. Zwischen Mitte der 50er und Mitte der 70er lag der Anteil dieser finanzkriselnden Länder fast durchgängig nur bei 20 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Deutlich weniger als in den Jahrzehnten davor – und danach: Nach der Deregulierung der 80er lag der Anteil der Kriselnden durchweg zwischen 30 und teils mehr als 70 Prozent.
    Wie stabil die Banken lange Zeit wirkten, lässt sich auch an den Gewinnen der Branche ablesen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt schwankten die Profite der US-Geldbranche zwischen Anfang der 50er und Mitte der 70er Jahre zwischen 0,6 und höchstens einmal 0,9 Prozent. Boring, indeed. Ende der 70er fiel die Rate zeitweise sogar unter 0,5 Prozent, was erklären könnte, warum Ronald Reagan nach seinem Amtsantritt 1981 so viele Anfragen aus der Branche bekam, das Geschäft endlich zu entfesseln. Was er dann auch tat. Mit der Folge, dass die Gewinnquote auf das Fünffache hochschoss – und zugleich enorm schwankte: Spiegelbild der neuen Instabilität, die mit der Finanzglobalisierung Einzug gehalten hatte.
    In der Nachkriegszeit hatte eben diese Schwankungsanfälligkeit der Märkte stark nachgelassen, was wiederum gut für die Realwirtschaft war – keine Ausgaben für unsinnige Kursabsicherungen; keine plötzlichen Verluste, weil Wechselkurse Kapriolen schlugen; und keine Crashs mehr, die alle paar Jahre selbst jene Unternehmenin Krisen ziehen, die in den Partyzeiten gut dabei waren. Gerade weil mit Finanzgeschäften so relativ mäßig Rendite zu machen war, ging viel Geld stattdessen in reale Investitionen. Was ebenfalls dafür spricht, dass das »boring banking« positiv für den Rest der Menschheit war.
    Nach dem Urteil des Wiener Finanzexperten Stephan Schulmeister lässt sich die Zeit vor und nach der Finanzwende gesamtwirtschaftlich gut und messbar trennen. Vorher lagen die Zinsen – also de facto auch das Geld, das mit Finanzgeschäften zu machen war – über Jahrzehnte niedriger als die Rate, mit der die reale Wirtschaft wuchs. Danach war es plötzlich umgekehrt. Wer investiert da noch in eine Wirtschaft mit bescheidenerer Rendite, wenn es anderswo so viel zu gewinnen gibt? »Die streng kontrollierten Finanzmärkte der 1930er bis 1970er Jahre ließen kaum Spielraum für die Selbstbereicherung, wie sie nach 1980 zu beobachten war«, schreibt Nobelpreisträger Paul Krugman. Was erklären könnte, warum das Reichtumsgefälle in der Zeit vor dem neuen Finanzzauber so moderat blieb.
    Fragt man Bankenlobbyisten, kommt auf solche Anflüge von Nostalgie der Einwand, dass die damalige Zeit mit der heutigen gar nicht vergleichbar sei, was in vieler Hinsicht sicher stimmt. Und dass es damals ja auch keine solche Entwicklung der Schwellenländer gegeben habe, die ohne so wunderbar freien Kapitalverkehr nicht möglich gewesen sei.
    Letzteres ist eher zweifelhaft. Wie wir gesehen haben, hatten die meisten Erfolgsländer in ihren Aufstiegsjahren gar keinen freien Kapitalverkehr. Und auch in der Zeit vor 1970 gab es eine Internationalisierung zu bewältigen. Ohne große freie Finanzwelt. Wenn die Deutschen ihre Exporte zwischen 1950 und 1970 so enorm steigerten, musste auch das finanziert werden. Und dass es dabei

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