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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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weniger Risiken gegeben hätte, wäre erstmal zu belegen. Das könnte auch daran gelegen haben, dass es damals so stabile finanzielle Verhältnisse und so wenig Bankenirrwitz gab.
    Warum also das künftige Finanzsystem nicht stark an das Gerüst anlehnen, das die Nachkriegsjahrzehnte geprägt hat? Zumindest als Leitmotiv für ein Vorgehen, bei dem die Beweislast umgedreht undjede Abweichung von der Regulierung der goldenen Jahre gut zu begründen ist – und nicht jede Liberalisierung durchgewunken wird, wie das in den vergangenen drei Jahrzehnten der Fall war.
    Die Vermutung, dass es lohnt, sich an dieser realwirtschaftlich erfolgreichen und finanzarmen Zeit zu orientieren, wird durch noch einen anderen historischen Befund gestützt.
    Von guten und von schlechten Schulden
    Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte lassen stark vermuten, dass zu wirtschaftlich guten Jahren nicht zwingend eine boomende Finanzbranche gehört – und umgekehrt nicht jeder Bankenboom reales Glück für alle bringt (um es vorsichtig auszudrücken). Diese Erkenntnis ist auf der Suche nach einer besseren Welt auch deshalb interessant, weil sie bedeutet, dass für beide Sphären nicht immer dieselbe Logik gilt. Das könnte hilfreich sein, um Gutes von Schlechtem trennen, und verhindern, dass beim Aufräumen mehr kaputt geht als nötig.
    Unstrittig ist, dass die Finanzglobalisierung von einem atemberaubenden Kreditboom begleitet wurde (was auch bestätigt, dass jeder Vermögensaufbau mit einem Schuldenaufbau einhergeht). Noch Anfang der 50er Jahre entsprach das gesamte Kreditvolumen in den USA gerade etwas mehr als der jährlichen Wirtschaftsleistung (was angemessen ist, wie wir gleich sehen werden). Anfang der 80er Jahre begann die Beschleunigung. Zehn Jahre später lag die Kreditquote schon bei 250 Prozent, bevor es dann zu einer weiteren Explosion kam. Zur Zeit des Lehman-Schocks 2008 war das Schuldenniveau mehr als viermal so hoch wie das US-Bruttoinlandsprodukt.
    Interessant ist, was hinter dem Kreditboom steckt. Nur die Billigzinsen, wie Liquiditätsneurotiker seit Jahren unken? Oder doch etwas Tückischeres? Wer hat so viel Kredit genommen?
    Es gebe zwei Arten von Krediten, die sich ökonomisch grundlegend unterscheiden, sagt der Groninger Ökonom Dirk Bezemer: solche, die an Unternehmen zwecks realer Investitionen gehen, undsolche, die von Bank zu Bank, an Versicherer und Immobilienkäufer vergeben werden, sprich: innerhalb des Finanzsektors von einem Institut zum anderen und (teils) auch wieder zurück. 1 Der fundamentale Unterschied zwischen beiden Kreditarten liege darin, dass mit ersteren Maschinen, Ausrüstungen und Arbeitsplätze geschaffen würden, wodurch eine zusätzliche Wirtschaftsleistung entstünde und die ursprüngliche Verschuldung sich früher oder später amortisiere. Ergebnis: Durch solche Kredite kann sich per Saldo der Verschuldungsgrad (gemessen an der Wirtschaftsleistung, die ja auch steigt) nicht erhöhen, wie es seit Beginn der Finanzglobalisierung der Fall war. Nach Schumpeter sind solche Kredite ja sogar nötig, um eine Wirtschaft überhaupt wachsen zu lassen.
    Anders bei den Finanzkrediten. Jeder Kredit, der zwischen Finanzakteuren vergeben werde, bedeute, dass es danach netto mehr Schulden in der Wirtschaft gebe, so Bezemer. Weil dadurch eben keine zusätzliche Wertschöpfung zustande komme – auch wenn der Kredit dazu führe, dass mehr Vermögen damit gekauft werde und der Vermögenswert durch die höhere Nachfrage steige. Wie schon geklärt, bedeutet jeder Vermögenszuwachs per Definition ja, dass jemand anderes danach mehr Verbindlichkeiten, also Schulden hat. Sprich: Je mehr Kredite die Finanzjongleure untereinander geben, desto mehr steigt netto auch die gesamtwirtschaftliche Schuldenquote.
    Das Spannende ist: Der gefährliche Kreditboom der vergangenen Jahrzehnte resultierte fast ausschließlich aus diesen wertschöpfungsfreien Finanzkrediten, wie Bezemers Auswertungen zeigen. Der Ökonom zählte alle Kredite zusammen, die an reale Zwecke gebunden waren, und stellte dem die Summe aller Kredite gegenüber, die innerhalb der Finanzwirtschaft vergeben wurden. Das Ergebnis für die USA ist spektakulär: Nimmt man nur die realen Kredite, hat es in den vergangenen drei Jahrzehnten überhaupt keine Blase gegeben, kein überdurchschnittliches oder sonstwie kritisches Wachstum der Schulden.
    Gemessen an der Wirtschaftsleistung lagen die Schulden, die für realwirtschaftliche Zwecke gemacht wurden, 1952 etwas

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