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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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einmal jene, die dem Trend hinterher laufen. Investorenmotto: »the trend is your friend.« Das würde auch nicht besser werden, wenn Aufseher die Derivatgeschäfte akribisch aufzeichneten. Wenn so eine Euphoriewelle einmal läuft, wird sie durch Publizität eher größer als kleiner.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Blasen und Crashs kommt, wenn alle Derivate über Clearingstellen gehandelt würden, ist also nicht viel kleiner als heute. Da fehlt immer noch der Automatismus, in Hochstimmungsphasen zu bremsen. Es kann höchstens sein, dass die Registrierbürokratie von dem einen oder anderen Geschäft abhält.
    Einen Vorteil hätte das Registrieren allerdings in jedem Fall: Es wäre einfacher, solche Transaktionen zu besteuern, etwa mit einer Finanztransaktionssteuer. Was tatsächlich etwas ändern könnte am Hang zu manisch-depressiven Schwankungen, wie wir gleich sehen werden.
    Heiliges Trennbankensystem?
    Aus dem Wust der vielen Reformvorschläge der vergangenen drei bis vier Jahre sticht eine Idee hervor: Fast immer geht es auch darum, die großen Geschäftsfelder der Banken voneinander zu trennen – in das gängige Einlagengeschäft einerseits und das Investmentgeschäft andererseits. Der Vorschlag eines entsprechenden Trennbankensystems hat gute Chancen, zu so einer Art Mutter aller Finanzreformideen unter Notenbankern und Regulatoren zu werden. Klingt ja auch nach Trennkost, Abnehmen und Askese – was nach so vielen Jahren finanzieller Völlerei passend wirkt.
    So eine Trennung wollen die Amerikaner nach Vorschlag von Paul Volcker – oder nach dem, was davon im Dodd-Frank-Gesetz übrig geblieben ist und Mitte 2012 in Kraft treten sollte. So etwas haben in abgeänderter Variante die Briten beschlossen und soll dieses Frühjahr zu wirken beginnen. Und so beabsichtigt es auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu machen.
    Auch der Trenngedanke wirkt auf Anhieb verlockend. Beim Einlagengeschäft der Banken geht es vor allem darum, Spargeld zu sammeln, um es an Unternehmen zu verleihen, die damit investieren wollen. Boring Banking. Beim Investmentbanking hilft die Bank Einzelpersonen und Unternehmen, Kapital aufzunehmen, indem sie Wertpapiere ausgibt. Da mischt sie mit, wenn es um Übernahmen und Fusionen geht. Und da handelt sie im Auftrag der Kundschaft (oder, wie erwähnt, auf eigene Faust) mit Anleihen, Derivaten,Rohstoffen oder Devisen. Was logischerweise mit viel größeren Chancen und Risiken verbunden ist.
    Hier liegt der Ursprung der Trennidee. Wenn Banken alles zusammen machen, droht bei Finanzkrisen das Einlagengeschäft mit Tante Erna rasch durch Verluste im riskanten Investmentgeschäft bedroht zu werden, so die Befürchtung. Dann müssen im Zweifel die Sparer für Verluste aus Spekulationsgeschäften zahlen. Dann ist, um es modisch auszudrücken, das systemische Risiko gleich viel höher. Wenn die Banken übliche Geschäfte und gefährlicheres Investmentbanking gleichzeitig betreiben, können die soliden Einlagen zudem missbraucht werden als Sicherheiten für riskante Investitionen – was im Crashfall dann auf Tante Erna zurückschlagen kann. Siehe oben. Da wirkt es logisch, beide Geschäftssparten irgendwie zu trennen.
    Unter Befürwortern gilt dabei Roosevelts Bankengesetz vom Juni 1933 als Vorbild, jener Glass-Steagall-Act, der über Jahrzehnte dafür sorgte, dass Amerikas Geschäftsbanken fortan keine Wertpapiere mehr ausgeben und handeln durften. Umgekehrt durften Investmentbanken keine Spareinlagen mehr akzeptieren. Das schränkte wiederum die Möglichkeiten ein, damit noch mehr zu spekulieren. Zumindest theoretisch. Was Roosevelt so eingeführt hatte, war die womöglich radikalste Art eines Trennbankensystems: Die Banken wurden vollständig in eigenständige Unternehmen getrennt. Und Geschäftsbanken mussten sich aufs alte Einlagengeschäft beschränken.
    Ganz so weit wie Roosevelt wollen die meisten Reformer heute nicht gehen. Als bevorzugte Variante scheint eher das zu gelten, was etwa die Ökonomen der OECD vorschlugen: die beiden Geschäftsbereiche zu trennen, sie aber nach wie vor unter dem Dach einer Bank zu belassen. Stichwort: Holding-Lösung. Auf so etwas läuft hinaus, was die Briten auf Basis der Vorschläge des ehemaligen Zentralbankers John Vickers beschlossen haben. Und es steckt in abgewandelter Form in den Vorschlägen von SPD-Mann Steinbrück, ebenso wie im Bericht der Liikanen-Gruppe für die EU-Kommission. Wobei nach Liikanen-Plan die Trennungspflicht erst greift,

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