Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
wenn das Investmentgeschäft einen signifikanten Teil des Gesamtgeschäfts einer Bank erreicht. Hintergrund: Bei allem Trennbemühensoll am traditionellen Prinzip der Universalbanken festgehalten werden, das in Europa vorherrscht. Hintergrund vom Hintergrund: Sonst würde die größte Universalbank arg zu poltern beginnen. Die heißt Deutsche Bank.
In den USA gilt künftig nach der (abgeschwächten) Volcker-Regel, dass Großbanken grundsätzlich nicht mehr auf eigene Rechnung handeln und keine hauseigenen Hedgefonds betreiben dürfen. Auch eine Art Trennsystem.
Die wichtigere Frage ist allerdings, ob eine solche Trennung – egal wie strikt sie ausfällt – dazu angetan ist, die Ursachen von Krisenanfälligkeit und Fehlsteuerung des Finanzsystems zu beheben.
Klar ist, dass eine Trennung den einen oder anderen Unsinn erst gar nicht aufkommen lassen würde. Wenn das Investmentgeschäft nicht mehr durch Einlagen (schein-)gesichert werden kann, werden einige Deals nicht mehr möglich sein. Klar ist auch, dass es im Krisenfall weniger Risiken gegenseitiger Ansteckung gibt und Wertpapiere plötzlich stark an Wert verlieren. Dann griffe die Krise auch nicht so schnell von der einen Bankart auf die andere über.
Es ist allerdings zu bezweifeln, ob dadurch so viele Geschäfte abgeschreckt werden. Und ob sich ansonsten die Trennidee erst dann auszahlen würde, wenn es ohnehin zu spät wäre: nach dem Platzen der nächsten Finanzblase, wenn es (nur noch) darum geht, den Flurschaden zu begrenzen. Das mag im Krisenfall verhindern, dass es zu beschleunigten Systemausfällen kommt. Wobei Tante Erna in solchen Fällen ohnehin keine Angst haben braucht, weil ihre Ersparnisse durch Einlagensicherungsfonds garantiert sind. Nur ist der Schaden an sich dann schon entstanden.
Die Geschäftsfelder zu trennen, würde an den Fehlfunktionen der Finanzmärkte dagegen wenig ändern und vor künftiger Blasenbildung nicht wirklich schützen. Die gewichtigen Investmentbanken, die sich aus der Trennung ergeben, werden ihr Geschäft immer noch machen wie bisher. Und es wird bei der Suche nach den richtigen Kursen noch immer keinen Anker geben, kein Gleichgewicht, zu dem Banker und Spekulanten tendieren müssten, um das System zu stabilisieren. Es wird nach wie vor Herdentriebe und Kollektivwellen geben. So viel würde sich daran gar nicht ändern.
Auch die Praxis der vergangenen Jahrzehnte lässt daran zweifeln, ob das Trennen als Wundermittel gegen Krisen taugt. In Japan sind die Geschäfte der Banken seit jeher getrennt, was nicht verhindert hat, dass dort eine Finanz- und Immobilienblase entstand, die Anfang der 90er Jahre krisenhaft platzte. Man könnte auch so sagen: Eine der schwersten Finanzkrisen der vergangenen Jahrzehnte hat es in einem System gegeben, in dem die Bankgeschäfte genau so getrennt sind, wie es viele heute als Wundermittel gegen große Finanzkrisen preisen.
Ähnliches gilt bei näherer Betrachtung für die USA. Zwar wurde das Trennbanksystem 1999 formal abgeschafft. Nur hatte es bis dahin erstens schon eine Reihe Finanzkrisen gegeben, die vom Trennsystem eben nicht verhindert worden waren. Und zweitens blieben in der Praxis Investmentbanken wie Merrill Lynch und Goldman Sachs auch nach 1999 noch Investmentbanken – und blieben die Bank of America oder die Citigroup Geschäftsbanken. Das hat vor der Krise 2007 nicht geschützt. Sprich: Wenn es derart gekracht hat, kann das gar nicht an mangelnder Trennung gelegen haben.
»Dass Banken in Hedgefonds, Private Equity und ähnliches investiert haben, war einfach gar nicht der Kern dessen, was vor Ausbruch der großen Finanzkrise falsch gelaufen ist«, schrieb Anfang 2010 der Kolumnist Martin Wolf von der Financial Times . Die akute Systemkrise wurde zudem ganz unmittelbar durch eine relativ kleine, aber extrem stark verflochtene Investmentbank namens Lehman Brothers ausgelöst.
Die Folgeschäden sind auch bei einem nominellen Trennbankensystem nicht einmal zwingend kleiner. »Selbst wenn eine reine Investmentbank in Schwierigkeiten kommt, kann das eine Bankenkrise auslösen«, sagt der Freiburger Ökonom Lars Feld, der auch im Wirtschaftssachverständigenrat sitzt. Illusorisch ist nach Einschätzung von Skeptikern zudem, dass bei einer Holding-Lösung im Krisenfall nicht doch Geld von einer Einheit in die kriselnde andere verschoben werde – also im Zweifel doch von der braven Tante Erna zum Investmentmanager, der sich verspekuliert hat.
Die Gefahr von Krisen könnte
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