Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
die Vermögensblase zu stoppen, damit im Rest der Wirtschaft aber einen Einbruch der Investitionen zu riskieren – wovor die Zentralbanker in der Regel zurückschreckten; oder sich an ihre Uraufgabe zu halten, die Verbraucherpreise stabil zu halten und die Zinsen niedrig zu belassen, was die Konjunktur schont – nur, dass so die Vermögensblase nicht gestoppt wurde. So wie es die US-Notenbanker Alan Greenspan und Nachfolger Ben Bernanke vor und in der Krise praktiziert haben – und de facto auch die Europäische Zentralbank.
Das Dilemma ließe sich lösen, wenn die Notenbanker (und, je nach Aufgabenteilung, Aufseher) in einer neuen Finanzwelt zwei Instrumente zur Verfügung hätten, die sie für zwei unterschiedliche Gefahrenlagen gezielter einsetzen könnten. Dann dürften die Währungshüter ihre Leitzinsen nutzen, um auf bewährte Weise die Inflation unter Kontrolle zu halten: sie erhöhen, wenn die Konjunktur zu überhitzen droht, und senken, wenn Rezession oder Deflation drohen. Damit waren die Notenbanker, bis auf Ausnahmen wie in den 70er Jahren, ja auch ziemlich erfolgreich.
Und wenn es bei stabilen Verbraucherpreisen zu gleichzeitig immer bizarrer hochschnellenden Vermögenswerten kommt, wie zuletzt in den USA und anderswo, ließe sich das Entstehen solcher Blasen künftig angehen, indem für das Geschäft an den betroffenen Märkten zunehmend Eigenkapital eingefordert wird. Das würde den Krediteifer sofort bremsen. Da könnten sogar auf regionalen Immobilienmärkten mehr Eigenmittel eingefordert werden. Dann bräuchten deshalb nicht die Zinsen für alle angehoben werden. Dann würden die verschärften Eigenkapitalforderungen auf Immobiliengeschäfte für eine nachlassende Hauspreisinflation sorgen, ohne dass alle anderen Kredite teurer werden müssen.
So ließe sich auch das Dilemma der Euro-Zone lösen, das sich aus dem fatalen Mix aus stabiler Preisentwicklung und regionalen Blasenergibt. Wenn die Inflation unter Kontrolle ist, wie das seit Euro-Start meist der Fall war, in einzelnen Ländern die Immobilienmärkte aber zu überhitzen beginnen, braucht die Euro-Notenbank darauf künftig nicht mit höheren Zinsen für den gesamten Währungsraum zu reagieren – wenn dafür die Eigenkapitalforderungen dort verschärft werden, wo lokal oder national Blasen zu entstehen drohen. Bisher nicht möglich.
Effizienzcheck antizyklische Eigenkapitalquoten
Ein System, bei dem die Eigenkapitalforderungen an Banken erhöht werden und je nach Euphorie und Panik schwanken, dürfte zu den effizientesten Instrumenten zählen, um die Bankenwelt in vernünftigere Bahnen zu holen. Würden die Quoten stark angehoben, würden die Finanzjongleure viel weniger Kredite aufnehmen können, um damit neue Finanzgeschäfte zu finanzieren. Allein das würde den Herdentrieb stark bremsen (Ziel A). Wie nirgends sonst ließe sich über das automatische Schwanken der geforderten Quoten zudem ein Mechanismus etablieren, der direkt gegen die fatale Prozyklik der Branche wirkt, sprich: der bei Banken und anderen Finanzakteuren hohen Druck erzeugt, antizyklisch zu reagieren, möglichen Blasen so entgegen zu wirken – und in guten Zeiten für Sicherheitspolster zu sorgen (Ziel B).
Versteht sich, dass es die Renditemöglichkeiten von Finanzanlagen schrumpfen ließe, wenn höhere Eigenkapitalforderungen viele Geschäfte auf Kredit gar nicht mehr möglich machen (Ziel C). Was indirekt auch dazu beitragen dürfte, Vermögensgefälle abzubauen. Versteht sich auch, dass über ein neues Eigenkapitalregime mehr Mittel für die Realwirtschaft frei werden – zumal wenn per Definition nicht mehr Eigenkapital für Kredite gefordert wird, mit denen Banken realwirtschaftliche Investitionen solide finanzieren helfen (Ziel E).
Bonusreform: Mindestalter für Finanzjongleure
Wenn all das nicht reicht, bliebe noch eine, sagen wir, etwas unkonventionelle Reform: die Einführung eines Mindestalters für Finanzjongleure. Klingt verrückt. Ist es auch. Der Verweis auf einen entsprechend interessanten Befund lohnt dennoch.
Die beiden Wissenschaftler Robert Greenwood und Stefan Nagel haben getestet, ob junge Finanzhändler im Laufe einer Finanzeuphorie anders reagieren als erfahrenere. Gecheckt wurden dabei die Portfolio-Entscheidungen je nach Alter der Händler während der New-Economy-Blase Ende der 90er Jahre. Ergebnis: Am Anfang der Welle gab es zwischen Jungen und Alten kaum erkennbare Unterschiede – je mehr die Euphorie wuchs, allerdings schon. In
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