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Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Titel: Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Skidelsky , Edward Skidelsky
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universell erstrebenswertes Gut, aber man kann sie auch als Kosten begreifen – die Kosten des Nichtarbeitens. Die Kosten eines Theaterabends, sagte Becker, beschränken sich nicht auf den Eintrittspreis, sie umfassen auch die Kosten des Nichtverdienens in dieser Zeit. Freizeit geht zu Lasten eines hypothetisch möglichen Einkommens, und Becker stellte sich vor, dass das Individuum den Nutzen zusätzlichen Gelderwerbs und den zusätzlichen Geldausgebens gegeneinander abwägt. So ausgedrückt, ist die Wahl zwischen Arbeit und Freizeit im Prinzip ein Problem der Zeitallokation. Freizeit ist keine kostenlose Zeit, sondern Zeit, die kostet. Je höher Ihr Einkommen ist, um kostspieliger ist Ihre Zeit. Falls Becker recht hat, gibt es
a priori
keinen Grund für die Annahme, mit steigendem Wohlstand würden die Arbeitszeiten zurückgehen. Vielmehr könnte man ebenso plausibel argumentieren, dass sie aufgrund der steigenden Kosten des »Nichtarbeitens« zunehmen werden.
    Der schwedische Ökonom Staffan Linder führte in seinem 1970 erschienen Buch
Warum wir keine Zeit mehr haben
Beckers Analyse fort. Der Ertrag aus Freizeit muss, lautet Linders zentrale These, mindestens so hoch wie der Gewinn aus Arbeit sein, damit die Leute weniger arbeiten. Die hauptsächliche Methode, den »Ertrag« der Freizeit zu erhöhen, ist, sie mit Geräten, mit Ausrüstung aufzuladen. »Ebenso, wie Arbeiter in dem Maße produktiver werden, in dem sie mit mehr Werkzeugen und Ausrüstungsgütern arbeiten«, schreibt Linder, »ziehen Verbraucher umso mehr Nutzen aus ihrer Freizeit, umso mehr Gerätschaften sie proZeiteinheit verwenden.«[ 30 ] Ein Urlaub am Meer oder in einer Ferienanlage ist unvollständig ohne Barbecue, Allwetterkleidung, Tauchanzüge, Surfbretter, Tennisschläger, Fußbälle, Strandbälle und Golfschläger.
    Linder geht es zwar vor allem darum, die Auswirkungen des geräteintensiven Konsums auf die Freizeitgestaltung auszuloten, doch sein Argument erklärt ebenso gut, warum die Arbeitszeiten nicht wie von Keynes vorhergesagt zurückgegangen sind. Je mehr langlebige Gebrauchsgüter – Autos, Boote, Wohnwagen, Fernseher, DVD-Spieler und so weiter – zur Intensivierung der Freizeit benutzt werden, desto mehr Einkommen muss dafür aufgewendet werden. Die wachsende Menge an Gütern, die ein produktiver Konsum erfordert, hält uns gefangen in der Notwendigkeit des Arbeitens.
    In keinem dieser individualistischen Erklärungsansätze der Unersättlichkeit des Menschen – angeborene Ruhelosigkeit, positionale Güter, Nutzenmaximierung – spielt die Frage nach dem, was man selbst hat und was die anderen haben, eine Rolle. Insofern betrachtet, sind sie alle unrealistisch, da der Ausdruck von Bedürfnissen stets auch eine soziale Dimension besitzt. Die primäre soziologische Erklärung für Unersättlichkeit ist demnach auf die relative Natur unserer Bedürfnisse ausgerichtet. Unabhängig vom absoluten Niveau meines materiellen Wohlstands werde ich keine Befriedigung empfinden, weil unweigerlich jemand anders mehr haben wird als ich. Hat sich der Wettstreit um Reichtum – beziehungsweise den Konsum, durch den er für gewöhnlich dargestellt wird – erst einmal in einen Statuswettbewerb verwandelt, haben wir es mit einem Nullsummenspiel zu tun, da
per definitionem
nicht alle den höchsten Status erringen können. Je mehr ich für Statusgüter ausgebe, umso mehr Status erwerbe ich – und verlieren andere. Investieren die anderen mehr, um ihrerseits Status zurückzugewinnen, so vermindern sie dadurch meinen. Es gibt keinen Grund, warum die Eskalation des Einkommens zum Erwerb und zur Aufrechterhaltung von Status je enden sollte.
    Seltsamerweise war Keynes sich der Konsequenzen des Statuskonsums durchaus bewusst. Die Bedürfnisse des Menschen, schrieb er in einerwichtigen Nebenbemerkung zu seinem Aufsatz, unterteilen sich in zwei Klassen, nämlich in –
    solche Bedürfnisse, die in dem Sinne unbedingter Art sind, dass wir sie fühlen, gleichviel, wie die Lage unserer Mitmenschen sein mag, und solche, die in dem Sinne verhältnismäßiger Art sind, dass wir sie nur fühlen, wenn ihre Befriedigung uns über unsere Mitmenschen erhebt, uns ein Gefühl der Überlegenheit gibt. Die Bedürfnisse der zweiten Klasse, solche, die das Verlangen nach Überlegenheit befriedigen, mögen in der Tat unersättlich sein, denn je höher der allgemeine Stand, um so höher sind sie. Das ist aber nicht so zutreffend für die unbedingten Bedürfnisse: Es mag

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