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Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Titel: Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Skidelsky , Edward Skidelsky
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dem gesunden Menschenverstand als Wahrheit erscheinen, tatsächlich die Negation der Wahrheit sind, kann die Wahrheit nur durch die »Negation der Negation« entdeckt werden. Die »Kritische Theorie« war sein Werkzeug zur Emanzipation vom herkömmlichen Wissen. Ein Student, der an der University of San Diego Seminare bei ihm besuchte, schrieb: »Marcuse hat das einmalige Talent, einer Studentenschaft, die wie die Besetzung eines Hollywood-Surferfilms aussieht, Kant, Hegel und Marx nahezubringen.«[ 50 ]
    Triebstruktur und Gesellschaft
bot eine freudianische Interpretation der westlichen Gesellschaft, die aber auf Freuds Pessimismus verzichtete. Das, was Freud den »Todestrieb« genannt hatte, sei weniger in der Natur des Menschen angelegt als vielmehr durch seine Unterdrückung und insbesondere die »zusätzliche Unterdrückung« durch den westlichen Kapitalismus bedingt. Diese Unterdrückung war nun durch die Automatisierung der Arbeit zwar überflüssig geworden, wurde aber von den Mächtigen, deren Interessen sie dienlich war, weiter aufrechterhalten. Somit lag der Schlüssel zur Revolution in der Resexualisierung. Die Menschen mussten in den ursprünglichen Zustand der »polymorphen Perversion« zurückkehren, in dem der gesamte Körper Quelle erotischer Lust ist, um so die Psychologie der Unterdrückung zu zerstören, auf der der Kapitalismus gründet.
    Zu der Zeit, als Marcuse
Der eindimensionale Mensch
schrieb, war seine Hoffnung auf die Revolution schon dabei zu verblassen. »Die Unterbindungsozialen Wandels ist vielleicht die am meisten hervorstechende Leistung der fortgeschrittenen Industriegesellschaft«, konstatierte er in seiner Vorrede zu dem Buch.[ 51 ] »Konsumismus, Werbung, Massenkultur und Ideologie« hatten, wie Douglas Kellner im Vorwort zur zweiten Ausgabe des Originals schrieb, das Individuum in die kapitalistische Ordnung integriert und alle Aussichten auf eine »kritische Philosophie« zerstört.[ 52 ] Die moderne Gesellschaft brauchte keinen Terror mehr, sie hatte die Technologie.
    In
Der eindimensionale Mensch
entwirft Marcuse das Porträt einer albtraumhaften Welt des »glücklichen Bewusstseins«, die es mit Anti-Utopien wie
Schöne neue Welt
aufnehmen kann, mit dem kleinen Unterschied, dass sie in den zeitgenössischen Vereinigten Staaten angesiedelt ist. Die Technologie verleiht jedem Trieb einen beschränkten, zugewiesenen Ausdruck. Oppositionelles Denken muss nicht mehr unterdrückt werden: Es findet nicht mehr statt. Kultur wird assimiliert zur Konsumtion, um Abweichungen kümmern sich die Psychiater. Der entscheidende Punkt ist, dass diese glückliche Welt eine Welt der »repressiven Entsublimierung« ist, deren Wohlstand »genau in dem Maße repressiv [ist], wie er die Befriedigung von Bedürfnissen fördert, die es nötig machen, die Hetzjagd fortzusetzen, um mit seinesgleichen und dem eingeplanten vorzeitigen Verschleiß Schritt zu halten«.[ 53 ] Niemand sucht mehr nach Befreiung, weil sie, hübsch in Geschenkpapier einhüllt, ja schon längst geliefert worden ist. Kriege finden statt, aber nur »außerhalb« – in unterentwickelten Ländern.
    In der Welt des glücklichen Bewusstseins ist die soziale Grundlage für Wandel verschwunden. Die Arbeiterklasse ist zu einer Stütze der etablierten Ordnung geworden; absolute Verweigerung ist »politisch impotent«. Die Automatisierung mag die Menschen vielleicht von der Notwendigkeit zur Arbeit befreit haben, aber ihre Köpfe werden immer noch von der Technologie kontrolliert. In
Triebstruktur und Gesellschaft
hatte Marcuse noch die »oppositionelle« Funktion (sexueller) Perversionen wie der Homosexualität gepriesen. »Die Perversionen«, schrieb er, »drücken somit eine Auflehnung gegen […] die Tyrannei derFortpflanzung und […] die Institutionen aus, die diese Tyrannei garantieren.«[ 54 ] Aber in seinem späteren Buch ging er auf dieses Thema nicht mehr ein: »Perversionen« waren zum Teil der neuen Normalität geworden. Es gab keinen Ausweg.
    Oder doch? »Unter der konservativen Volksbasis befindet sich jedoch«, schreibt Marcuse in
Der eindimensionale Mensch, »
das Substrat der Geächteten und Außenseiter: die Ausgebeuteten und Verfolgten anderer Rassen und anderer Farben, die Arbeitslosen und die Arbeitsunfähigen.«[ 55 ] Das ist das neue Gespenst der Revolution. Aber es ist viel schwächlicher als jenes, das Marx einst heraufbeschwor und das seine bourgeoisen Leser in Angst und Schrecken versetzte. Marcuse schließt

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