Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Titel: Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
Vom Netzwerk:
einem Menschen, der – ausgestattet mit einer Augenbinde und Ohrstöpseln – in einer Einkaufspassage unter einer Bank hockt und aus Spaß allen Leuten auf den Hintern haut, die dicht genug an ihm vorbeikommen. Einen sozialen Umgang lernt er dabei nicht. Die Art wiederum, in der Benny den Schäferhund aggressiv abwehrte, obwohl jener höflich anfragte, bevor er schnüffelte, lässt sich damit vergleichen, dass ein Mensch einem Passanten eine Ohrfeige gibt, weil er von diesem erst angelächelt und dann aus der Nähe interessiert betrachtet wurde. Ein sozial kompetenter Mensch würde in einer solchen Situation einfach den Blick senken, wenn die Kontaktaufnahme unerwünscht ist. Ein Hund wiederum könnte sich hinsetzen oder seine Duftdrüse mit der Rute bedecken oder einfach weitergehen.
    Benny hat jetzt die Augen geschlossen und schmatzt. Ein Zeichen von völliger Entspannung und Wohlbefinden.
    Als ich aufstehe, sehe ich, dass die anwesenden Menschen einen Kreis um uns gebildet haben und zuschauen. Die anderen Hunde gehen ihren eigenen Interessen nach. Sie spielen, schnüffeln oder entspannen sich.
    Benny rappelt sich nun hoch, schüttelt sich und senkt die Nase auf die Wiese. Der Schäferhund behält ihn noch ein paar Sekunden im Auge, dreht dann leichtfüßig ab und rennt über das Gelände zu einem der Border Collies. Sein Abgang zeigt den anderen, dass der Terrier »gesellschaftsfähig« ist, sonst wäre er weiter geblieben.
    Auch die Menschenmenge beginnt sich zu zerstreuen. Plötzlich legen sich die Labradore weiter hinten auf dem Gelände in eine Kurve und rasen in gerader Linie auf den Terrier zu. Ich sehe, wie Bennys Augen die Neufundländer suchen, und rufe noch einmal »Abschirmen!«, weil sich der Menschenkreis um die Neufundländer herum aufgelöst hat. Durch die Umstehenden geht ein Ruck, doch niemand rührt sich vom Fleck. Es ist den meisten anzusehen, dass sie von der passiven Rolle des Zuschauens nicht so schnell in die aktive Rolle des Abschirmens wechseln können. Benny erreicht die Neufundländer und verschwindet unter ihnen.
    »Jetzt könnten Sie die Großen einmal selbst abziehen«, wende ich mich an deren Besitzerin und reiche ihr etwas Wurst. Die Frau entfernt sich von den Neufundländern, wirft aus zwanzig Meter Entfernung die Wurst und ruft fröhlich: »Happe, happe! Happe, happe!«
    Die Neufundländer drehen sich unisono herum, der Westie schießt unter ihnen hervor. Er erreicht als Erster die geworfenen Wurststücke und hinterlässt den Neufundländern eine leere Wiese.
    »Super. So können wir es auch machen«, rufe ich lachend.
    Auch den Labradoren ist das »Happe, happe« nicht entgangen, und sie drängen sich neugierig um die Frau. Benny wirft ihnen einen genervten Blick zu, aber ehe er handeln kann, verwarne ich ihn. »Hey, lass es!« Ich habe mich genau neben ihn gestellt, um eingreifen zu können, doch er beschwichtigt sofort und fährt sich mit der Zunge über das Maul. Auch sein Schwanz ist gesenkt.
    »Versuchen Sie einmal selbst herauszufinden, wann er Hilfe braucht. Korrigieren Sie ihn, wenn er Anspannung zeigt. Anzeichen dafür sind zum Beispiel, wenn er starrt, seine Ohren nach vorn gehen, sein Schwanz steil aufgerichtet ist und er erregt zittert, oder wenn er extrem langsame Bewegungen macht und auffällig still ist. Jetzt zum Beispiel. »Hey«, sage ich, an den Terrier gewandt, der gerade stocksteif wird, als ihn ein kleiner hinzukommender Mischling beschnüffeln will.
    Benny wirft mir einen Seitenblick zu, und ich stelle mich etwas dichter zu ihm, damit er durch meinen Beistand mehr Sicherheit gewinnt. Der Mischling dreht jetzt ab, und Benny blickt ihm verdutzt hinterher. Es ist ganz offensichtlich, dass er nicht damit rechnete, dass das Ganze so schnell und friedlich abgeht. Seine durchgedrückten Gelenke knicken ein, und durch den ganzen Hund scheint ein Ruck der Erleichterung zu gehen.
    »Super, das hast du großartig gemacht«, bestärke ich ihn. Benny reißt die Augen auf und rennt in einem plötzlichen Übersprung im Kreis herum. Dabei macht er einige erleichterte Wuffer. Im Folgenden blinzelt er zwar noch misstrauisch, wenn ein Hund zu dicht an ihm vorbeisaust, zeigt sich jedoch zunehmend an den Düften der Wiese interessiert.
    »Mensch, das hat er noch nie gemacht«, sagt die Neufundländer-Frau freudig. »Er benimmt sich tatsächlich wie ein normaler Hund.«
    Die überraschendste Wende jedoch tritt ein, als sich ihm eine Zwergdackeldame, die ebenfalls mit der Wiese

Weitere Kostenlose Bücher