Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)
kann«, bitte ich.
Während wir zu einer eingezäunten Wiese laufen, sehe ich, wie in den Fenstern der Häuser links und rechts einige Gardinen in Bewegung kommen. »Hier passiert nicht viel«, sagt die Frau, als sie meine Blicke bemerkt.
Auf der Wiese befinden sich ungefähr zwanzig Menschen und ebenso viele Hunde, die zum Teil noch an der Leine sind. »Toll, dass Sie alle mitmachen. Guten Tag«, grüße ich die Runde. »Sind alle Hunde mit Artgenossen verträglich?« Allgemeines zustimmendes Nicken. »Na, denn mal ›Leinen los‹!«, rufe ich.
Mehrere Labradore, zwei Border Collies, ein Spitz, ein Zwergdackel, vier Schäferhunde, einige große und kleine Mischlinge und der Cocker Spaniel stürzen sich ins Getümmel. Selbst die Neufundländer setzen zu ein paar Sprüngen an; nach wenigen Metern jedoch zahlen sie der Hitze Tribut und geben keuchend auf. Sie gedulden sich nun, bis einer der anderen Hunde ihren Weg kreuzt.
Diesen Gefallen tun ihnen ein blonder und ein schwarzer Labrador, die mit einem Affenzahn heranrasen und die Neufundländergruppe sprengen wie vier Kegel bei einem guten Wurf. Die großen Hunde springen schwerfällig zur Seite, und Manne gibt ein empörtes »Wu« von sich. Im selben Moment schießt Benny unter ihm hervor wie ein Wrestling-Sportler. Er schnappt kurz in das Hinterteil des schwarzen Labradors und lässt sich dann sofort wieder unter die Deckung durch den Neufundländer zurückfallen. Der getroffene Labrador wendet sich jedoch nicht einmal um, weil das Toben mit dem kernigen Spielkameraden ihn völlig gefangen hält.
Jetzt kommt ein großer Mischling im leichten Bogen auf unsere Gruppe zu. Er schnüffelt hier ein bisschen und dort ein wenig und verfolgt dabei aus den Augenwinkeln, ob seine Annäherung von den Neufundländern erwünscht ist. Diese wedeln als Antwort ruhig mit den Schwänzen, was den Mischling dazu ermutigt, näher zu kommen. Er steht jetzt mit abgewandtem Blick neben dem Neufundländerrüden und wedelt mit gesenktem Schwanz einen respektvollen Gruß. Manne erwidert ihn und senkt den Kopf, um am Hinterteil des Mischlings zu schnüffeln.
Eine formvollendete Hundebegegnung.
»Wäääaaah!«, springt der Mischling plötzlich erschrocken zur Seite, als ihn der unvermittelte Rempler des Phantomkämpfers unter dem Neufundländer trifft. Er dreht sich erschrocken um und bringt sich schnell und immer wieder hinter sich blickend in Sicherheit.
»Warum macht er das denn? Das ist doch Aggression und Dominanzverhalten, nicht wahr?«, fragt ein Mann aus der Gruppe und weist in die Richtung des Terriers.
»Also ich würde sagen, da hat einer einen Riesen-Freizeitspaß gefunden und sich statt Fuchsbauten Neufundländer als Unterstände gesucht. In Ermangelung von Füchsen werden Hunde gestellt. Es ist nur tatsächlich so, dass er sich damit den anderen Hunden gegenüber absolut asozial verhält und es eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, bis er die Quittung dafür bekommt. Die Frage ist auch, wie er sich verhält, wenn die ›Dächer‹ plötzlich wegfallen und er der Situation allein ausgeliefert ist. Wie benimmt er sich denn in einem solchen Fall?«, frage ich die Frau.
Sie überlegt einen Moment und erwidert: »Ich habe das noch nicht gehabt, er macht das vom ersten Tag an so, und ich wollte die Großen nicht immer von den anderen Hunden wegrufen und sie damit nerven«, sagt die Frau entschuldigend.
Ich nicke zustimmend. »Völlig richtig. So würde ich es auch nicht machen. Wir sollten den Großen etwas bieten, was ihnen Spaß macht und sie in Bewegung setzt, dann haben alle etwas davon.«
»Ah, und was wäre das?«, fragt die Frau interessiert.
Ich zeige auf Manne: »Ich würde mit dem Leithund eine kleine Futterjagd initiieren und hoffe, dass die anderen drei dann einfach mitmachen.«
»Na ja, wenn es klappt«, sagt die Frau, noch immer skeptisch.
»Wenn Sie mir Manne kurz anvertrauen, zeige ich Ihnen in zehn Minuten, was ich meine, okay?«
Mit dem angeleinten Manne und ein paar interessierten Hundebesitzern gehe ich über die Wiese in den schattigen Wald. Manne zuckelt gemütlich neben mir her. Mitunter stupst er mit seiner Nase in meine Handinnenfläche und erinnert mich damit an Arko, einen wundervollen Berner Sennenhund aus meinen ersten Jahren als Hundetrainerin. Arko besuchte bei mir den Seniorenkurs für Hunde und viele andere Aktivitäten. Er war nicht nur ein enger und verlässlicher Gefährte seines Frauchens, Monika, die sich stets »Arko-Moni«
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