Wie war das noch - Schulwissen neu aufpoliert
Zensur, Kinderarbeit und Hungerlöhne sind noch immer verbreitet –, beginnt auch für die Autoren eine neue Zeit. Sie experimentieren, suchen neue literarische Formen und legen Wert darauf, ihre Leserinnen und Leser emotional zu fesseln. Das Besinnliche und Schöne hat ausgedient, die Schriftsteller wollen lieber schockieren und aufrütteln: Die Moderne beginnt. Ihren Anfang nimmt sie in Frankreich.
Eselsbrücke: eine Jahreszahl für 13 Autoren
Genaue Lebensdaten kann man sich oft schlecht merken (und man muss es ja auch nicht). Wenn man grob orientiert sein will, in welcher Zeit die folgenden 13 Schriftsteller tätig waren, kommt man mit einer einzigen Zahl aus: Sie lebten alle um das Jahr 1860 herum.
Da der französische Dichter Charles Baudelaire (gesprochen: Bodlähr, 1821 — 1867) in seinen Versen schonungslos das Böse, Hässliche und Kranke beschreibt, ist er der ideale Übersetzer für die makabren Werke von Edgar Allen Poe ins Französische.
Was seine eigenen Veröffentlichungen betrifft, so wirft ihm ein Gericht die »Verhöhnung der öffentlichen Moral und der guten Sitten« vor. Denn mit seinem Gedichtband »Die Blumen des Bösen« schildert der Poet gleich im ersten Satz »Dummheit, Irrtum, Sünde, Geiz« als typische Eigenschaften.
Nachdem der Exzentriker das Erbe seines Vaters verprasst hat, lässt seine Familie ihn entmündigen. Mit 46 Jahren stirbt er in einer Irrenanstalt.
Der Engländer Charles Dickens (1812 — 1870) wagt es als Erster, das Leben von Gaunern, Lumpensammlern und Armen literarisch darzustellen – weshalb die von ihm gegründete Stilrichtung sozialer Roman genannt wird. Auch das Innenleben von Krankenhäusern und Anstalten für Geisteskranke schildert er, ebenfalls mit Humor und Sympathie für jene, die im Schatten stehen. Bekannte Werke wie »David Copperfield« und »Oliver Twist« machen Dickens zum erfolgreichsten britischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts.
Die von Dickens beschriebenen Kinderschicksale rühren im 19. Jahrhundert Millionen Leser zu Tränen. Zum Beispiel die Geschichte der kleinen Heldin Little Nell im Roman »Der Raritätenladen«, der zunächst als Serie in einer Zeitschrift erscheint. Einmal, als wieder ein Schiff in New York eintrifft, das die Hefte mit der neuesten Folge mitbringt (von den Reisenden an Bord schon verschlungen), stehen Hunderte von Wartenden am Ufer. Kaum legt das Schiff an, rufen sie voller
Ungeduld: »Ist sie tot??« Um dann von den Ankommenden die traurige Nachricht zu erfahren, denn Dickens hat das kleine Mädchen sterben lassen.
Den gleichen Jahrhunderterfolg hat in Frankreich Victor Hugo (gesprochen: »Ügo«, 1802 — 1885): Der Roman »Die Elenden« (Les Misérables) ist der am meisten gelesene seiner Zeit. Die Menschen in dieser Geschichte (die heute auch als Musical aufgeführt wird) bewegen sich zwischen Armut, Gefängnis, Verfolgung, Barmherzigkeit und Liebe. Ein anderer Roman Hugos wird mehrfach verfilmt: »Der Glöckner von Notre-Dame«. Victor Hugo gründet schon als 17-Jähriger eine Literaturzeitschrift und ist bereits zu Lebzeiten eine Legende. Sein Gesamtwerk, das auch Gedichte enthält, umfasst mehr als 40 Bände.
Gustave Flaubert (1821 — 1880) sorgt in Paris für Aufsehen, weil er die heile Welt der vornehmen Kreise erschüttert. In seinem Roman »Madame Bovary« schildert er, wie eine junge Frau einen Landarzt heiratet und anschließend an Langeweile zu ersticken droht. Als sie sich einen Liebhaber nimmt, zerbricht sie an ihren Gefühlen und den Reaktionen ihrer Umgebung. Neben diesem 1857 erschienenen Buch schreibt der bedeutende Realist in strenger Selbstdisziplin und mit täglich penibel festgelegten Arbeitsstunden weitere Romane sowie Briefe und Tagebücher.
In Russland: zwei große Werke der Weltliteratur
Als revolutionär gestimmter Sozialist im Zarenreich muss Fjodor Dostojewski (1821 — 1881) in die Verbannung nach Sibirien, zurück kommt er als Christ. Geblieben ist sein Interesse an dem inneren Kampf zwischen Gut und Böse, der im Menschen tobt. Schon Dostojewskis Erstlingswerk, der gesellschaftskritische Briefroman »Arme Leute«, findet Beachtung (1846). Weltruhm erlangt der aus einer verarmten Adelsfamilie stammende Autor zwanzig Jahre später mit dem Roman »Schuld und Sühne«, in dem ein armer Student nach einem Mord von seinem schlechten Gewissen geplagt wird. Abhängigkeit vom Glücksspiel treibt Dostojewski immer wieder in Geldnot – Stoff für seinen Roman
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