Wie war das noch - Schulwissen neu aufpoliert
»Ilias« und »Odyssee« wirklich beide von ihm sind, ist auch nicht sicher. Aber das ändert nichts an der Bedeutung des Dichters: Schon vor 2500 Jahren stritten sich mehrere Städte um die Ehre, sein Geburtsort zu sein.
Mit den 16 000 Versen der »Ilias« legt die europäische Literatur gleich einen gewaltigen Start hin. Homer schildert darin einen fünfzigtägigen Abschnitt aus der Belagerung der Stadt Troja. Es geht um Kämpfe, Frauenraub, Liebe, Beleidigung, Eifersucht, Wut und Rache – vieles, was in späteren Jahrhunderten in Büchern und auf Bühnen wiederkehrt, ist hier bereits mit psychologischem Feingefühl vorweggenommen.
Die anschließend entstandene »Odyssee« beschreibt die jahrelangen Irrfahrten und Abenteuer des Helden Odysseus. Als er am Ende aus dem Trojanischen Krieg nach Hause zurückkommt, wird seine attraktive Frau Penelope von zahlreichen Männern umlagert – jeder von ihnen will sie heiraten, was sie zu verhindern versucht. Der schon tot geglaubte Odysseus tötet die Nebenbuhler.
Dass die Welt der griechischen Dichter keine reine Männerwelt ist, beweisen die Verse von Sappho (gesprochen: Sapfo,
um 600 v. Chr.), die auf der Insel Lesbos lebt. Schon zu Lebzeiten ist sie berühmt, von ihren Liebesgedichten sind leider nur Bruchstücke erhalten.
Äsop (auch Aesop oder Aisopos, um 550 v. Chr.) wird durch seine Fabeln bekannt, in denen er typische menschliche Eigenschaften auf Tiere überträgt. Etwa zur selben Zeit leben die drei großen griechischen Dichter, die tragisches Handeln und schuldhafte Verstrickungen zum Kern ihrer Stücke machen. »Erfinder« solcher Tragödien ist Aischylos (525 — 456 v. Chr.). Von seinen 90 Werken sind nur sieben vollständig erhalten, darunter die »Orestie«. Auch Sophokles (496 — 406 v. Chr.) schrieb Dutzende Dramen, von denen ebenfalls nur sieben überliefert sind, darunter bekannte Klassiker wie »Ödipus«, »Antigone« und »Elektra«.
Bei Euripides (um 480 — 407 v. Chr.) geht es weniger um die Rolle der Götter, als um menschliche Gefühle – weshalb der Dichter angefeindet wird und sich wegen »Gottlosigkeit« vor Gericht rechtfertigen muss. Sein bekanntestes Stück: »Medea«, die Geschichte der Königstochter, die ihrem Mann Jason das Leben rettet, trotzdem von ihm verstoßen wird und sich grausam rächt, indem sie die gemeinsamen Kinder umbringt.
Die drei großen griechischen Dramatiker sind für Stückeschreiber späterer Jahrhunderte eine unerschöpfliche Quelle: Allein Euripides’ »Medea« wird mehr als ein Dutzend Mal umgedichtet.
Eine griechische Tragödie ist nach starren Kriterien aufgebaut, ihre Aufführung dauert mehrere Stunden. Aischylos führt einen zweiten Schauspieler ein, Sophokles holt einen dritten auf die Bühne, und Euripides nimmt weitere dazu. Bis dahin standen sich stets ein Einzelner und ein Chor gegenüber.
Von der Tragödie zur Komödie: Aristophanes (um 445 — um 385 v. Chr.) bringt seine Zuschauer zum Lachen, indem er menschliche Schwächen aufs Korn nimmt – gerne auch die von Politikern und Kollegen (was in Bayern bis heute als »Derblecken« erhalten geblieben ist).
Sein Trick dabei: Er lässt seine scharfen Spitzen vom Chor oder einem einzelnen Schauspieler austeilen, der sich direkt an das Publikum wendet. Elf Stücke des Griechen sind komplett erhalten, »Lysistrata« und andere werden noch heute aufgeführt.
Im alten Rom: Götter, Helden und Erotik
Keiner kann das Nationalgefühl der Römer besser ausdrücken als Vergil (70 — 19 v. Chr.). Sein Hauptwerk, die zwölfbändige »Aeneis« (gesprochen: »Änehis«), rechtfertigt die römische Weltherrschaft. Das gefällt den Römern, und sie bewundern ihren bescheiden lebenden Landsmann, dessen Kunst zum Maßstab für künftige Dichter wird.
Zu Beginn seiner Karriere denkt sich der römische Dichter Ovid (43 v. Chr. — um 18 n. Chr.) Liebesbriefe von Frauen aus. Doch berühmt wird er vor allem mit seinen aus mehreren tausend Versen bestehenden »Metamorphosen«. Hier geht es um Großes, vom Umfang und vom Inhalt her: Weltentstehung, Göttertreffen, Krieg – wobei Menschen in Götter, Tiere oder Pflanzen verwandelt werden. Und umgekehrt.
Ist er der Kaiserenkelin Julia zu nahe gekommen? Oder missfallen Kaiser Augustus erotische Passagen in seinen Gedichten? Auf jeden Fall schickt der römische Herrscher den beliebten Dichter Ovid im Jahr 8 n. Chr. in die Verbannung. Trotz inständiger Bitten seiner
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