Wie weiter?
weshalb die Nachfrage das Angebot übersteigt. Und offenkundig sind Mieter nicht nur willens, sondern auch in der Lage, die geforderten überzogenen Mieten zu bezahlen. In der Immobilienbranche heißt das: Eine gute Entwicklung der Konjunktur schlägt immer auf die Mieten durch.
Tatsache ist: In den Ballungszentren findet sich kaum mehr bezahlbarer Wohnraum. Die angestammte Bevölkerung zieht weg, weil sie sich die Miete nach erfolgter Sanierung nicht mehr leisten kann, und Menschen mit niedrigen Einkommen kommen erst gar nicht dorthin.
Und warum wurde weniger in den Innenstädten gebaut? Warum werden die Menschen ins Umland gelockt, um »ihren Traum« vom Eigenheim zu verwirklichen? (Wodurch Landschaft zersiedelt und mehr Autos bewegt werden, denn gearbeitet wird meist in der Stadt. Das interessiert aber in diesem Kontext nicht.) Weil die Förderung des Städtebaus durch den Bund massiv zurückgefahren wurde: von 600 Millionen Euro auf nur noch 455 Millionen Euro im Jahr 2011. Und über weitere Kürzungen wird bereits nachgedacht. Der Mieterbund spricht von einer »Wohnungskrise«.
Es muss erstens der soziale Wohnungsbau gefördert werden. Wenn ein Investor öffentliches Geld bekommt, muss er einen bestimmten Anteil Sozialwohnungen liefern, und zwar unbefristet.
Zweitens dürfen öffentliche Wohnungsbestände nicht wie bisher verkauft werden.
Drittens ist durchzusetzen, dass sich die Miete bei Neuvermietungen nicht erhöhen darf. Sie darf jährlich nur um die Inflationsrate steigen. Bei Neuvermietung gilt die Vergleichsmiete. In diese müssen sämtliche Mieten der Stadt oder Gegend einbezogen werden, nicht wie bisher nur die teuren Neuvermietungen.
Ja, es trifft zu: Wenn heute Neuverträge mehr als 20 Prozent über der Vergleichsmiete liegen, wird das laut Wirtschaftsstrafgesetzbuch als Mietwucher gewertet. Gebracht hat das allerdings wenig. Das Gesetz greift nur bei einer angespannten Marktsituation. Um sein Recht einzuklagen, muss der Mieter also nachweisen, dass er keine günstigere Wohnung finden konnte. In einer Stadt wie Berlin ist das quasi unmöglich – so existiert der Paragraf nur auf dem Papier. In der Praxis können drastisch höhere Neumieten auf diese Weise nicht verhindert werden.
Auf der anderen Seite existieren Paragrafen nicht nur auf dem Papier, sondern werden gnadenlos durchgesetzt, etwa die Zwangsräumung inzwischen auch per Einstweiliger Verfügung. Diese Regelung ist rechtsstaatlich abenteuerlich. Der Betroffene wird exmittiert und in die Obdachlosigkeit geschickt. Kommt dann sechs Monate später in der Hauptsache, so er geklagt hatte, eine gegenteilige Entscheidung, dann nützt ihm das gar nichts mehr. Irgendwann wird das Bundesverfassungsgericht darüber wohl entscheiden müssen.
Qualitätssteigerungen der Wohnungen sind mit den Mietern zu vereinbaren. Bei Investitionen sollte die Miete nur um 5 Prozent gesteigert werden dürfen. Die Erhöhung muss zurückgenommen werden, wenn die Investition mit dem ortsüblichen Zinssatz bezahlt ist. Es ist unerhört, dass Mieterinnen und Mieter solche Investitionen heute mehrfach bezahlen müssen.
7. Soziale Gerechtigkeit für alle
E s ist ein Skandal sondergleichen, wenn einer in Deutschland einen Vollzeitjob hat, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr ordentlich arbeitet, und dabei so wenig verdient, dass er zum Jobcenter gehen und Hartz IV beantragen muss. Es ist unwürdig und für mich ein klarer Verstoß gegen Artikel 1 des Grundgesetzes: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.«
Wie aber wird dieser Verpflichtung entsprochen?
Ich denke, schon ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn wäre hilfreich. Wer Arbeit hat, muss davon in Würde leben können.
Außerdem sollte man sich bewusst machen, wer die Werte in der Gesellschaft schafft. Soweit ich weiß, sind es die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht die Erben von Unternehmen oder Börsenspekulanten. Und wenn in den letzten Jahren die Reallöhne, Realrenten, Realsozialleistungen nachweislich sanken, aber die Gewinne vieler Unternehmen auffällig stiegen, so kann nicht davon die Rede sein, dass es sozial gerecht zugegangen wäre: Es hätte auch der an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgezahlte Anteil wachsen müssen.
Die Binnenwirtschaft lebt im Übrigen davon, dass die Kaufkraft wächst. Die sinkt aber. So dreht sich denn die Spirale abwärts.
Ich bin weder ein
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