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Wie weiter?

Wie weiter?

Titel: Wie weiter? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Gysi
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stand keineswegs vor der Insolvenz, das Unternehmen machte Gewinne. Aber die Profiterwartung in Rumänien war höher, also machte man hier dicht.
    Kurzum, die Monopolstrukturen müssen überwunden werden, die Unternehmen dürfen nie zu mächtig werden. Wir müssen uns Lösungen für die Belegschaften überlegen, das Genossenschaftswesen entwickeln. Aber eben auch nachdenken, wie das Privateigentum im Handwerk, in der Industrie, im Dienstleistungsgewerbe gestärkt werden kann.
    Hat es, wird man jetzt vielleicht fragen, jemals das Primat der Politik gegeben? Ja, nach dem letzten Krieg. Die Erfahrung der Niederlage ließ selbst die CDU über eine Alternative zum Kapitalismus nachdenken, jener Gesellschaft, die auch Faschismus und Krieg hervorgebracht hatte. Hinzu kam die Herausforderung durch die Entwicklung im Osten, bei der zu jenem Zeitpunkt nicht absehbar war, was daraus einmal werden würde.
    Nach dem Krieg bestimmte in Westdeutschland, in der Bundesrepublik die Politik über die Wirtschaft. Und eigentlich dauerte das an, solange die DDR existierte. Nach meiner Kenntnis wirkte allein ihr Vorhandensein auf die Innenpolitik der Bundesrepublik, sie war immer der dritte Tarifpartner, der unsichtbar mit am Verhandlungstisch saß. Als diese Zwänge wegfielen, verloren auch die Unternehmen ihre Fesseln. Und sie begannen, die Entwicklung zunehmend zu diktieren und zu beherrschen. Die Politik verlor das Primat. Diesen Prozess müssen wir umkehren.

6. Wohnen muss bezahlbar sein
    D ie Mieten werden langsam unbezahlbar. Wohnen muss aber bezahlbar bleiben. Auch das hat etwas mit der Würde des Menschen zu tun. Und Obdachlosigkeit ist schon gar keine Lösung. Darum müssen wir über eine Deckelung der Mieten nachdenken. Von der Bundesregierung kommt diesbezüglich nichts.
    Wenn ich es richtig verstanden habe, fordert die Kanzlerin vor den nächsten Wahlen eine Mietpreisbremse, die Anerkennung der Kindererziehungszeiten bei der Rente auch für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, höhere steuerliche Kinderfreibeträge, die vor allem den Besserverdienenden deutlich mehr zugute kämen als den anderen. Als Ausgleich für Haushalte mit geringerem Einkommen fordert sie die Erhöhung des Kindergeldes von 184 auf 219 Euro pro Kind, und sie will mehr Geld für den Straßenbau.
    Ich habe da eine Frage: Wer hat eigentlich in den letzten acht Jahren regiert? War das nicht die Bundeskanzlerin? Warum hat sie bisher nichts davon umgesetzt?
    Und es stellt sich die nächste Frage: Führt diese Selbstkritik zu einer Besserung, oder fällt die Realisierung auch diesmal wieder aus?
    Der SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück hielt der Kanzlerin vor, dass sie davon vieles bei der SPD abgeschrieben habe. Ein wenig Zurückhaltung wäre hier durchaus angezeigt gewesen, denn auch die SPD hatte eine Anleihe genommen. Sie hatte zuvor nämlich bei der Linkspartei abgeschrieben.
    Ich habe nichts dagegen, wenn man bei uns spiekt. Im Gegenteil: Ich freue mich, dass wir offensichtlich derart vernünftige und richtige Vorschläge machen, dass sie gern übernommen werden. Da poche ich nicht aufs Urheberrecht.
    Mit der Mietpreisbremse muss man es jedoch ernst nehmen. Mehr als einmal habe ich erklärt, dass für mich Neuvermietung kein Grund für eine Mietsteigerung sei. Der Wert der Wohnung erhöht sich doch nicht dadurch, dass einer aus- und eine andere einzieht. Ein Mieterwechsel rechtfertigt keine Mietsteigerung von 10, 20 oder gar 30 Prozent. Das ist jedoch in vielen Städten inzwischen üblich. Ich finde das unerträglich, und wir müssen das endlich beenden, und zwar mit einem Gesetz.
    München gilt inzwischen als teuerste Stadt der Republik, dort ist es mittlerweile einfacher, einen Job zu finden als eine bezahlbare Wohnung. Während der Gesetzgeber Mietsteigerungen bei Bestandsmieten genau regelt, haben die Eigentümerinnen und Eigentümer bei einem Mieterwechsel freie Hand. Bei den Neuverträgen sind die Mieten in den Großstädten innerhalb von fünf Jahren regelrecht explodiert: In Köln lag der Anstieg bei durchschnittlich 6,3 Prozent, in Frankfurt am Main bei 12,6 Prozent, Berlin musste 16,4 Prozent verkraften. Am heftigsten ist der Mietanstieg in Hamburg ausgefallen, dort haben sich die Mieten für Neuverträge um 21,6 Prozent verteuert.
    Dafür gibt es – neben dem Drang von Vermietern, möglichst hohe Einnahmen zu generieren – mindestens zwei Gründe: Es wurden in der Vergangenheit zu wenige Wohnungen gebaut, vor allem zu wenig Sozialwohnungen,

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