Wie weiter?
macht, es gebe nur wenige Betriebsprüfungen und man schaue nicht genau hin. Die Begünstigung von Steuerstraftaten darf nicht länger Lockmittel einiger Bundesländer in Deutschland sein.
Drittens. Wir müssen die Steuerpflicht für Einkommen und – sobald wieder eine Vermögensteuer erhoben wird – für Vermögen an die Staatsbürgerschaft binden. Das ist in den USA so geregelt.
Unsere Reichen können ins Fürstentum Liechtenstein, auf die Seychellen oder sonstwohin ziehen. Aber sie müssen verpflichtet sein, bei dem in Deutschland für sie zuständigen Finanzamt ihr Einkommen und ihr Vermögen anzugeben und ferner mitzuteilen, wie viele Steuern sie dafür in ihrem Gastland zu zahlen haben. Der Differenzbetrag ist in Deutschland zu entrichten. An dieser Stelle kommt der Einwand, dann würden die Betroffenen gewiss ihren deutschen Pass abgeben. Das glaube ich nicht, zumal das nicht so einfach ist. In den USA – und da betrifft es gewiss wesentlich mehr Vermögende als in unserem Lande – hat nachweislich weniger als eine Handvoll Multimillionäre und Multimilliardäre ihre Staatsbürgerschaft abgegeben, nachdem dieses Gesetz eingeführt worden war.
Viertens. Wir müssen, wie es ebenfalls in den USA der Fall ist, eine Informationspflicht der Banken im Hinblick auf steuerrelevante Tatsachen einführen. Wer nicht kooperiert, wer zudem bei Steuerflucht behilflich ist, verliert die Lizenz.
Fünftens. Wir brauchen auch einen Informationsaustausch zwischen Staaten und Banken. Wenn eine ausländische Bank die erbetenen Informationen verweigert, entziehen wir ihr die Lizenz. Wenn das auch Frankreich und – das ist allerdings sehr unwahrscheinlich – Großbritannien machen würden, wenn wir immer mehr Länder dafür gewinnen könnten, würden sich diese Banken sehr rasch disziplinieren. In Luxemburg denkt man um, in Liechtenstein denkt man um, selbst in der Schweiz beginnt man vorsichtig umzudenken.
Seit über hundert Jahren gibt es in Deutschland die Möglichkeit der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung. Wer sich beim Finanzamt offenbart, bekommt Straffreiheit. Ich halte diese Praxis für grundsätzlich falsch.
Eine vergleichbare Regelung für kleinere Delikte anderer Art gibt es nicht. Es existiert kein Gesetz, das sonst bei Selbstanzeige Straffreiheit garantiert. Das gibt es nicht für den Schwarzfahrer, nicht für den Verkehrssünder, nicht für den kleinen Betrüger und nicht für den kleinen Dieb. Nur im Hinblick auf Steuerhinterziehung selbst in Millionenhöhe gibt es eine solche gesetzliche Regelung. Dieses Privileg gehört gekündigt, es ist ungerecht. Und für Bagatellen müssen generell Verfahrenseinstellungen geregelt werden.
Am 25. April 2013 forderte sogar die Bild , die »Strafbefreiungs-Möglichkeit für asoziale Reiche« endlich abzuschaffen.
Es gibt eine Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die hat, wie ich hörte, inzwischen eruiert, dass deutsche Banken in 22 internationalen Steueroasen Dependancen besitzen, allein die Deutsche Bank, hieß es, unterhalte in ihrer Filiale in Singapur ein Netzwerk von über 300 Trusts und Firmen. Das Gesamtvolumen soll 152 Milliarden Euro betragen – wovon der deutsche Fiskus nichts sehe.
In Wilmington im US-Staat Delaware steht in der North Orange Street ein eingeschossiges Haus, genannt Corporation Trust Center. Das ist der Sitz von über 6.500 Unternehmen, und weitere 200.000 führen dort Briefkastenfirmen. Delaware gilt als Steueroase. Zu den »Untermietern« in diesem kleinen, unauffälligen Gebäude gehören – neben anderen deutschen Firmen – Lufthansa, Mercedes Benz und Volkswagen. Allein VW ist dort mit mehr als zehn Tochterfirmen registriert. Auch die Deutsche Bank ist mit dabei, sie unterhält dort etwa 430 ihrer mehr als 2.000 Zweckgesellschaften.
Am 6. März 2013 strahlte das ZDF eine bemerkenswerte Reportage aus, die sich mit dem Thema Steuergerechtigkeit und Steueroasen beschäftigte. In diesen Steueroasen, so schätzen Experten, werden über 20 Billionen Euro geparkt. Dieser Film »Flucht in die Karibik. Die Steuertricks der Konzerne« ( abrufbar über die ZDF-Mediathek ) begann mit folgendem Kommentar: »Deutschland in der Zukunft. Ein Leben wie im Paradies: bezahlbare Mieten, kleinere Schulklassen, mehr Lehrer, Kita-Plätze für alle. Deutschland ohne Schuldenberg, Europa ohne Finanzkrise, eine Welt, in der kein Land mehr pleitegehen muss … Warum eigentlich nicht? Ja, warum eigentlich nicht?«
Die Recherchen von Peter
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