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Wie weiter?

Wie weiter?

Titel: Wie weiter? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Gysi
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früher Ausnahme war und heute Regel ist, verdanken wir der Agenda 2010 von SPD und Grünen. Summa summarum sind heute 23 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse prekär.
    Das schwächt die Stammbelegschaften, weil sie auf diese Weise unter Druck gesetzt werden. Das schwächt auch die Gewerkschaften. Es führt, um Lohnkosten zu sparen, zum Auslagern von Produktionen, zum sogenannten Outsourcing.
    All diese Vorgänge dienen ausschließlich der Profitsteigerung, nicht der Unternehmenssicherung. Wenn die Firma vor der Insolvenz steht, verzichten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freiwillig auf Lohn, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, arbeiten kurz und hoffen, den Arbeitsplatz durch Bescheidenheit zu retten. Mit Outsourcing, Leiharbeit etc. werden völlig andere Intentionen verfolgt.
    Die genannten prekären Arbeitsverhältnisse müssen überwunden werden, wobei ich dabei nur den Linken über den Weg traue. Rot-Grün hat sie erfunden, Schwarz-Gelb weiterentwickelt. Von dort ist keine Attacke auf diese menschenunwürdigen Regelungen zu erwarten. Sie werden allenfalls kleine Korrekturen vornehmen, doch den Kern erhalten. Und das geht nicht.
    Wie könnte hier eine Wende erreicht werden?
    Erstens müssen wir den Zeitgeist verändern, indem das Augenmerk auf dieses Problem gelenkt wird. »Prekariat« und »Unterschicht« waren 2006 fast zum Unwort des Jahres gewählt worden, knapp geschlagen nur von der »Freiwilligen Ausreise«, womit die Abschiebung von Asylbewerbern beschönigend umschrieben wurde. Benutzt heute überhaupt noch jemand den Begriff »Prekariat«? Und in der Informationsgesellschaft gilt: aus den Augen, aus dem Sinn …
    Zweitens brauchen wir, das heißt die Linkspartei, bessere Wahlergebnisse. Je stärker die Linke, desto stärker der Druck auf SPD und Grüne, sich in dieser Sache zu bewegen. Je schwächer wir sind, desto geringer der Druck und damit die Chance, etwas zu verändern.
    Drittens müssen wir die Gewerkschaften stärken, und
    viertens wäre es hilfreich, wenn sich auch die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände in dieser Angelegenheit stark machten.
    Und fünftens schließlich: Wichtig wäre, wenn sich Unternehmerinnen und Unternehmer, die in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Unternehmen stehen, welche sich mit prekären Arbeitsverhältnissen Wettbewerbsvorteile verschaffen, klar dagegen aussprächen.
    Wenn all das gebündelt würde, ließe sich schon etwas erreichen.
    Leiharbeit gehört verboten, oder wir führen dafür französische Regelsätze ein: Dort muss ein Leiharbeiter 110 Prozent von dem Gehalt des Stammarbeiters bekommen, dessen Job er nun macht.
    Nach meiner Wahrnehmung wurden bei uns aus einem Job drei prekäre Arbeitsverhältnisse gemacht. Damit lässt sich zwar die Arbeitslosenstatistik frisieren, nicht aber die reale soziale Lage.
    Ich verstehe, dass sich Leute über einen 400-Euro-Job freuen, wenn sie bis dahin keinen hatten. Aber das sind keine Arbeitsverhältnisse, die wir stabilisieren dürfen. Im Gegenteil.
    Jedoch: Moralische Appelle bringen nichts. Wir müssen mit Hilfe des Zeitgeistes das Kräfteverhältnis ändern. Und ein Kräfteverhältnis ist auch ein Machtverhältnis.
    Der Kapitalismus ist durch den Wegfall des Staatssozialismus wieder ursprünglicher geworden. Mit der Konkurrenz zerfällt die Gesellschaft, ihre Glieder vereinzeln. So wird nicht nur der Einzelne schwächer, sondern alle, sie empfinden Ohnmacht gegenüber den bestehenden Verhältnissen. Deshalb müssen sie sich organisieren. Viele Bürgerinitiativen zeigen doch, dass kollektiver Widerstand Erfolg haben kann. Allein – als Robin Hood oder als Michael Kohlhaas – hat man weniger Chancen.

11. Ich bin für Auflösung der NATO
    D er Nordatlantik-Pakt wurde Ende der 40er Jahre gegründet, und das Militärbündnis richtete sich natürlich gegen die UdSSR und ihre Verbündeten, was allein schon dadurch bewiesen ist, dass der Antrag der Sowjetunion auf Aufnahme in die NATO abgelehnt wurde.
    Mit dem Ende des Warschauer Vertrages hätte darum auch die NATO aufgelöst werden müssen. Das kann man immer noch tun. Ich jedenfalls bin für die Auflösung. An die Stelle der NATO sollte ein Bündnis für Sicherheit und Zusammenarbeit treten. Dessen Aufgabe wäre nicht, militärisch in fremden Staaten zu intervenieren, wie das bei der NATO inzwischen Praxis ist, sondern konfliktvorbeugend und -vermeidend aktiv zu werden. Das ist ein völlig anderes Herangehen.
    Mich stört am meisten an der NATO, dass sie Kriege wie

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