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Wie weiter?

Wie weiter?

Titel: Wie weiter? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Gysi
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Konfliktkommissionen kann man nicht wieder ins Leben rufen, dafür gibt es die gesellschaftlichen Strukturen nicht mehr. Aber man hätte sich anschauen können, wie man mit Bagatelldelikten umgehen kann, ohne damit die Gerichte zu beschäftigen.
    Ich vertrat einen Mann wegen angeblichen Betruges von 15 Euro. Er wurde freigesprochen. Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kosteten die Ermittlungen, das Verfahren mit Hauptverhandlung und die Vereidigung mehrere Tausend Euro. Das ginge auch anders und billiger.
    Und bei der Wirtschaftskriminalität hat man zu wenig Zeit und zu wenig Leute, um tatsächlich aufzuklären. Darum wird dort gern gedealt und verglichen.
    Da ich für Berufsfreiheit bin, kann ich nicht fordern, die Zulassung von Rechtsanwälten einzuschränken, weil es von ihnen zu viele gibt. Aber natürlich ist es eine Tatsache, dass Anwälte zur Existenzsicherung jeden Klienten dankbar begrüßen, der ihnen die Lösung seines Problems, und sei es noch so läppisch, anträgt. Wir haben bitterarme Anwälte – was ich nicht ironisch meine –, es gibt durchschnittlich und gut verdienende. Und dann gibt es richtig reiche in ganz großen Kanzleien. Diese sozialen Unterschiede erklären auch, weshalb man bislang kein Standesrecht zustande bekam.

13. Steuergerechtigkeit herstellen
    O hne Steuergerechtigkeit lässt sich auch keine soziale Gerechtigkeit herstellen. Keine Bundesregierung seit 2002 – weder Rot-Grün noch Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb – hat irgendetwas Wirksames gegen Steuerflucht und Steuerhinterziehung getan. Und wenn man Äußerungen von Regierungsmitgliedern durchforstet, stößt man immer wieder auf eine doppelbödige Moral, die dabei im Schwange ist. Bundesinnenminister Friedrich hat mit Blick auf die Armen aus Bulgarien und Rumänien gesagt: Wir müssen denen die Einreise verweigern. Er begründete dies damit, dass die Armen nicht das Land wechseln dürften, um ihre Armut etwas erträglicher zu gestalten. Ich teile seine Argumentation nicht. Wer Einreisen verweigert, verweigert auch Ausreisen, und das erinnert mich an die DDR. Ich frage mich aber: Warum sagte er, dieser Logik folgend, dann nicht gleichzeitig unseren Steuerflüchtlingen: »Ihr könnt euch nicht das Land aussuchen, in dem ihr am wenigsten Steuern bezahlt.«
    Wieso gilt Friedrichs Logik nur für Arme im Ausland, nicht aber für Reiche aus Deutschland?
    SPD und Grüne haben damals das Kasino für Spekulationen geöffnet. Dadurch kamen so dicke Gewinne zustande, dass der Anreiz zur Steuerhinterziehung automatisch wuchs.
    Sie haben den Spitzensteuersatz gesenkt, die Körperschaftssteuer, und dann auch noch das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung bei Steuerverkürzungen nachgeschoben. Das wurde mit der Behauptung begründet, dass dadurch viel Geld in die Kassen käme. Die Rede war von fünf Milliarden Euro, am Ende waren es tatsächlich nur 1,4 Milliarden. Wenn jemand Steuern hinterzieht, was ja strafrechtlich relevant ist, sich dann gleichsam von dieser Schuld freikauft, indem er dies zugibt und seine Steuern im Nachgang entrichtet, hat dies keine strafrechtlichen Konsequenzen mehr. Das hat nichts mit Steuergerechtigkeit, mehr mit Chuzpe zu tun. Für Bagatellen kann man auch hier andere Lösungen finden. Die Große Koalition hat die Abgeltungsteuer eingeführt. Wenn einer sein ganzes Geld anlegt und dafür hohe und höchste Zinsen einstreicht, beginnt die Steuerpflicht erst ab einem bestimmten Betrag. Für dieses leistungslos erworbene Geld zahlt er 25 Prozent Steuern. Hätte er für dasselbe Geld gearbeitet, müsste er dafür 42, gegebenenfalls 45 Prozent Steuern zahlen. Ist das vertretbar, wenn einer, der arbeitet, mehr Steuern zahlen muss als einer, der lediglich sein Geld anlegt und dafür Zinsen einstreicht?
    Das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz der SPD erwies sich ebenfalls als ein zahnloser Tiger.
    Die Linke fordert stattdessen den Aufbau einer Bundesfinanzpolizei. Diese brauchen wir dringend zur wirksamen Bekämpfung großer Finanzstraftaten. Der Staatssekretär des Bundesfinanzministers hat dies auch gefordert. Also sehe ich bei Union und FDP keinen Grund mehr, sich weiterhin dagegen zu sträuben.
    Zweitens fordern wir mehr Fachpersonal. Dieses braucht man, wenn man wirksam Steuern einziehen will. Um die Steuerdelikte zu bekämpfen, braucht man Steuerfahnderinnen und Steuerfahnder. Allein in Bayern braucht man weitere 1.500 Kräfte. Es geht nicht, dass sich Bayern bei den Investoren mit dem Hinweis beliebt

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