Wie weiter?
austritt, dann wird Griechenland nicht nur verelenden, sondern das wird auch teuer für Deutschland. Das kostet uns mindestens 62 Milliarden, wenn nicht gar 80 Milliarden Euro. Außerdem würde das einen Dominoeffekt auslösen.
Die Ratingagenturen und Hedgefonds griffen sich dann Portugal, später Spanien und Italien, und dann ist der Euro tot. Wenn der Euro tot ist, führt das zu einer Katastrophe auch in Deutschland. Würden alle Länder in Europa ihre nationalen Währungen wiederbekommen, wäre das nicht nur ein Rückschritt, sondern hätte auch zur Folge, dass die südlichen Länder verelenden und sie ihre Währungen so lange abwerten müssten, bis wir dorthin so gut wie nichts mehr verkaufen könnten. Dann bricht hier die Außenwirtschaft zusammen, mit allen damit verbundenen Folgen.
Die Bundesregierung tut so, als triebe sie blanker Altruismus, wenn sie Geld in die krisengeschwächten Länder pumpt, damit diese ihre Kredite und Zinsen tilgen. Deutschland braucht dringender als alle anderen den Euro.
Und hierzulande müssen wir ebenfalls von der gescheiterten Politik der Kürzungen wegkommen, die mit der Agenda 2010 begann. Mit der Senkung des Rentenniveaus, mit der Teilprivatisierung der Rente, mit der Schaffung eines Niedriglohnsektors, mit einer umfassenden prekären Beschäftigung wie erzwungener Teilzeit, Leiharbeit und all diesen üblen Sachen.
In den letzten zehn Jahren sind die Reallöhne um 4,5 Prozent, die Renten um acht Prozent und die Sozialleistungen um fünf Prozent gesunken. Knapp acht Millionen Menschen arbeiten im Niedriglohnsektor, sie verdienen Stundenlöhne von unter sieben, unter sechs, sogar unter fünf Euro brutto. Fast jede zweite Neueinstellung ist befristet, es gibt knapp drei Millionen zeitweise Beschäftigte. Viele können nicht von ihrer Arbeit leben und müssen mit Hartz IV aufstocken. Konservative, Liberale, SPD und Grüne begründen diesen Sozialabbau, denn um etwas anderes handelt es sich ja nicht, stets mit der gleichen Floskel: Das sei im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, also im Hinblick auf hohe Exportzahlen. Mit diesem Argument kann man Löhne auch ganz verbieten.
Deutschland lebt über seine Verhältnisse, weil wir sehr viel mehr herstellen, als wir verbrauchen. Andere Länder leben unter ihren Verhältnissen, weil sie weniger herstellen. Deutschland ist ja nicht zufällig Vizeexportweltmeister. Aber wenn wir Länder arm machen, die bei uns kaufen, dann kaufen sie hier weniger ein, und auch wir spüren das dann. Die deutschen Exporte nach Italien, Spanien, Griechenland und Portugal sind erheblich zurückgegangen. Wir senken in anderen Ländern die Kaufkraft, und das hat Folgen auch für uns; so einfach ist das. Alles steht doch in einem Zusammenhang. Wenn der Export zusammenbricht, führt das zu einer steigenden Arbeitslosigkeit mit verheerenden sozialen Folgen in Deutschland.
Ich höre, wie Union, SPD, FDP und Grüne dann rufen werden: Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wiederherstellen! Und das heißt: wieder runter mit Löhnen und Renten, noch mehr Geringverdienende und noch mehr prekär Beschäftigte. Das ist der falsche Weg.
Wir brauchen endlich, und zwar im Süden Europas wie in Deutschland, Steuergerechtigkeit einschließlich einer Millionärssteuer und einen Weg, um die Binnenwirtschaft zu stärken. Wir brauchen höhere Löhne, höhere Renten und Sozialleistungen, mehr soziale Gerechtigkeit sowie eine Stärkung der Kaufkraft der Bevölkerung.
Für die Südländer, also Griechenland, Italien, Spanien, Portugal, brauchen wir einen Marshallplan, wir brauchen Aufbau- und nicht Abbaukredite; das wissen wir aus unserer eigenen Geschichte. Außerdem müssen wir nicht immer den Umweg über private Banken gehen, die wir reich machen, sondern Direktkredite gewähren. Nur wenn die Länder über Steuereinnahmen verfügen, können sie auch Darlehen zurückzahlen. Anders kann das nicht funktionieren.
Ich will immer, dass es meiner Nachbarin gut geht. Aber wenn ich ihr Geld gebe, will ich erst recht, dass es ihr gut geht, denn nur dann bekomme ich mein Geld auch zurück. Das ist ganz einfach.
Die Europäische Zentralbank leiht den Privatbanken Geld für weniger als ein Prozent Zinsen für drei Jahre, und diese Banken unterstützen damit Länder wie Griechenland, Zypern, Italien, Spanien und Portugal, verlangen aber ein Mehrfaches an Zinsen. Das heißt, sie nehmen Staatsgeld, also Steuergeld, verleihen es an einen anderen Staat
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