Wie wollen wir leben
wurde der Begriff »Umwelt«, wenn überhaupt, jedenfalls ohne besondere Betonung benutzt. Ich erinnere mich, dass das Thema bei unserer Entscheidung für den Ausbau eines Schienenschnellverkehrssystems in München in der Abwägung mit dem Individualverkehr wegen der Schadstoffbelastung durchaus eine Rolle spielte, der Begriff selbst aber noch kaum verwendet wurde. Erst im Laufe der Zeit habe ich mich dann konkret mit der Umweltpolitik befassen müssen. Und da die AuÃenpolitik in der Bundesrepublik von Anfang an ein ganz wichtiges Gebiet war, musste man sich auch hier auf dem Laufenden halten und durch Auslandsreisen seine Kenntnisse vertiefen. Im Ãbrigen sind juristische Grundkenntnisse in der Politik durchaus hilfreich. So zum Beispiel die Unterscheidung zwischen Ermittlung des Sachverhalts und Beurteilung des Sachverhalts. Das wird in der Politik zu oft
vermischt. Juristische Kenntnisse können auch dazu beitragen, die Bedeutung einer intakten Rechtsordnung und eines angemessenen Umgangs mit ihr ernster zu nehmen.
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Aber ohne ein Wertefundament ist das alles nichts â¦
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Richtig. Denn letzten Endes kann man nur etwas beurteilen, wenn man sich darüber im Klaren ist, worin das eigentlich MaÃgebende besteht. Ist es der materielle Erfolg, die Macht, die Selbstdarstellung, das Wahrgenommenwerden? Oder das Gemeinwohl? Was ist entscheidend, wenn man am Ende des eigenen Lebens Bilanz ziehen will?
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Sicher haben Sie sich damit in den letzten Jahren intensiv beschäftigt, und wahrscheinlich ist es nicht einfach, Ihre Wertordnung in wenigen Sätzen zu fassen. Versuchen Sie es trotzdem: Was sind für Sie die allgemeingültigen Werte, auf die man nie verzichten darf?
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Die finden Sie im Grundgesetz. Das Grundgesetz regelt nämlich nicht nur die Gewaltenteilung und die föderale Gliederung unseres Staats. Und es ist auch nicht nur eine Sammlung von Verfahrensnormen und Zuständigkeitsbestimmungen. Vielmehr liegt ihm eine Wertordnung zugrunde, die sich in ihm auch ausdrückt. Sie war die Antwort des Parlamentarischen Rats auf die Ideologie des NS-Gewaltregimes. Ein zentrales Element dieser Wertordnung findet sich gleich im ersten Absatz des ersten Artikels, der lautet: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Diese Formulierung trifft den Wertcharakter der Eingangsnorm des Grundgesetzes wesentlich deutlicher als der im Parlamentarischen Rat zunächst an dieser Stelle auch als Antwort auf das Vorausgegangene vorgesehene Satz, dass der Staat für die Menschen und nicht die Menschen für den Staat da seien. Jedenfalls ist die unantastbare Menschenwürde für mich der Hauptgrundwert, aus dem sich weitere Werte ergeben. Etwa die Handlungsfreiheit, die durch die Handlungsfreiheit des anderen eingegrenzt wird, und die Meinungs- und Religionsfreiheit. Aber auch die Gerechtigkeit und die soziale Solidarität.
Eine andere fundamentale Antwort auf das Regime, das für den eine lange Zeit bejubelten Führer Allmacht und Allwissenheit beanspruchte, gibt schon die Präambel des Grundgesetzes. Dort heiÃt es unter anderem, das deutsche Volk gäbe sich dieses Grundgesetz in »Verantwortung vor Gott und den Menschen«. Damit wird klargestellt, dass der Mensch nicht die letzte Instanz ist, sondern dass er sein Tun und Lassen vor einer höheren Instanz zu verantworten hat. Dem haben übrigens im Parlamentarischen Rat auch Atheisten zugestimmt.
Es bleibt aber die Frage, woraus der Einzelne diese Werte ableitet. Das Grundgesetz überlässt dies dem Einzelnen und schreibt keine bestimmte Begründung vor. Das hat übrigens die Sozialdemokratie 1959 in ihrem Godesberger Programm ausdrücklich bekräftigt. Ich bekenne, dass ich die Wertordnung aus meiner christlichen Ãberzeugung herleite. Was die Menschenwürde angeht, leite ich sie beispielsweise von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen her. Gott schuf die Menschen nach seinem Bilde â heiÃt es in der Bibel. Also mit der Willensfreiheit, mit der Fähigkeit, Gutes und Böses voneinander zu unterscheiden, und auch der Fähigkeit zur Nächstenliebe. Aber ich respektiere es, wenn Menschen ihre Begründung aus anderen religiösen Ãberzeugungen, aus der Philosophie Immanuel Kants oder aus dem Humanismus ableiten. Auf jeden Fall halte ich es aber für wichtig, dass junge Leute
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