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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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Wahlbeteiligung in uns vergleichbaren Ländern. Außerdem hat sie bei den Landtagswahlen 2011 wieder deutlich zugenommen.
    Eine Erscheinung ist mir allerdings rätselhaft. Warum sinkt die Wahlbeteiligung gerade bei Kommunalwahlen – also dort, wo die Menschen die Probleme und die Kandidaten kennen – in nicht wenigen Fällen besonders stark? Warum kommt es da zu Stichwahlen, bei denen einer der beiden Kandidaten mit nur noch 18 Prozent der Wahlberechtigten gewählt wird? Darf ich diese Frage an die Fragestellerin zurückgeben?
    Â 
    Stopp! Halt! So leicht können Sie mir die nicht zurückgeben. Sie sind doch, im Gegensatz zur Fragestellerin, Oberbürgermeister und von Kommunalstimmen abhängig gewesen – da müsste Ihnen doch eine Antwort einfallen.

    Â 
    Perfekte Erklärungen habe auch ich nicht. Doch auch hier ist zu überlegen, ob bei dieser Entwicklung nicht ebenso das Verhalten der einzelnen Bürgerin, des einzelnen Bürgers eine Rolle spielt, dass man alles Mögliche für wichtiger hält als das politische Engagement. Fragt man sie, warum sie nicht politisch tätig werden wollen, geben sie sich mit der Behauptung zufrieden, dass man bei den Parteien eine sogenannte »Ochsentour« zurücklegen muss. Ich vermisse besonders aus der sogenannten kritischen Intelligenz Männer und Frauen, die zu politischen Veranstaltungen gehen, die mitmachen. Bei aller Kritik an den Parteien darf man nicht außer Acht lassen, dass die Frage der Wahlbeteiligung auch eine Frage an die Bürgerinnen und Bürger ist.
    Â 
    Aber will die Politik uns Bürger überhaupt haben? Dazu möchte ich das Beispiel Karl-Theodor zu Guttenberg anführen. Er hat durchaus eine Parteikarriere hinter sich, war Vorsitzender des CSU-Verbands seines Heimatorts Guttenberg und gehörte dem Vorstand des CSU-Kreisverbands Kulmbach an. Doch aus der Sicht derjenigen, die ihn sympathisch fanden, kam er wie Kai aus der Kiste, wie ein Heilsversprecher in einer grauen Welt. Jedenfalls wirkte er nicht verbraucht, und man hatte das Gefühl, da ist einer, der aus einem persönlichen Impuls heraus in die Politik kommt. Doch dann beging er Fehler – und war in kürzester Zeit wieder weg. Da muss man sich doch auch fragen, welche Personen von den Parteien zur Wahl aufgestellt werden.
    Â 
    Jetzt mal langsam. Wenn ich mich an der Aufstellung von Kandidaten beteiligen will, dann liegt es nahe, dass ich dieser Partei beitrete und mich bemühe und darauf Einfluss nehmen will, dass die richtigen Leute sich zur Wahl stellen. Nur zu schimpfen – das ist kein demokratisches Verhalten.
    Und zu Ihrer Eingangsfrage: Wollte Herr zu Guttenberg die Bürger wirklich mehr »haben« – so fragen Sie – als andere Politiker? Hat er sie öfter gefragt? Oder zur Teilnahme eingeladen? Stand bei ihm nicht oft die sogenannte Public Relation im Vordergrund?
    Â 
    Sarrazin sagte, dass die SPD ihn, als er noch im Berliner Senat war, 2010 in den Vorstand der Deutschen Bundesbank weggelobt hätte, weil seine Ansichten der Partei nicht mehr gepasst hätten. Da haben Sie
dasselbe Problem in Grün. Zum antiparlamentarischen Impuls gehört die Meinung, dass die Menschen, die gegen den Strich agieren, von den Parteien aussortiert werden.
    Â 
    Das ist eine gängige Ansicht, aber die kann ich mir nicht zu eigen machen, dies ist eine gängige journalistische Beurteilung, die nicht mit Fakten belegt ist. Sarrazin war jahrelang Finanzsenator, er hat in Berlin die härtesten Sparmaßnahmen in der ganzen Bundesrepublik durchgesetzt und sah dort offenbar keine weiteren Aufstiegsmöglichkeiten. Da war für ihn der Übergang in den Vorstand der Bundesbank doch eine recht diskutable Alternative. Übrigens auch rein materiell betrachtet.
    Aber jetzt zu Guttenberg. Zuerst einmal war seine politische Karriere völlig normal. Aufsehen begann er erst in der Funktion des Generalsekretärs der CSU zu erregen. Im Übrigen ist diese Funktion oftmals eine Durchgangsstation auf einem längeren Aufstiegsweg gewesen. Ich erinnere nur an Franz Josef Strauß oder an Herrn Stoiber. Und genau diesen Weg wollte wohl auch Herr zu Guttenberg einschlagen. Aber Generalsekretär wurde er eben nicht aus heiterem Himmel, sondern nachdem er vorher andere Funktionen durchlaufen hatte. Ist das etwas anderes als das, was eine Ochsentour genannt wird?
    Â 
    Dann war das eine sehr, sehr kurze

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